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Arrivederci Seidenstrasse: Italien verlässt chinesisches Projekt

Arrivederci Seidenstrasse: Italien verlässt chinesisches Projekt

06.12.2023, 17:47
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Ist der Ausstieg Italiens der Anfang vom Ende der glorreichen Seidenstrasse?
Ist der Ausstieg Italiens der Anfang vom Ende der glorreichen Seidenstrasse?

Der Beginn war grosser Pomp: roter Teppich, Ehrenwache, Hubschrauber in der Luft.

In der Villa Madama zu Rom setzten der damalige italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping im März 2019 ihre Unterschriften unter eine Vereinbarung, wonach Italien als erstes grosses westliches Land beim chinesischen Megaprojekt einer «Neuen Seidenstrasse» dabei ist.

Das Ende viereinhalb Jahre später ging nun sehr kleinlaut: Mit einer förmlichen diplomatischen Note unterrichtete Rom nach italienischen Medienberichten über den Ausstieg. Offiziell hüllte man sich dazu am Mittwoch in Schweigen.

Aus dem Amtssitz der jetzigen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die seit etwas mehr als einem Jahr an der Spitze einer Regierung von drei Rechtsparteien steht, hiess es zum Verlassen der Via Della Seta (Seidenstrasse) nur: «Kein Kommentar.» Immerhin gab es von ihrem Aussenminister Antonio Tajani so etwas wie eine Bestätigung. «Wir haben gesehen, dass die Seidenstrasse nicht die erhofften Effekte gebracht hat», sagte er bei einer Veranstaltung der Nachrichtenagentur Adnkronos.

Die vor zehn Jahren ins Leben gerufene «Neue Seidenstrasse» ist ein weltweites Investitions- und Infrastrukturprojekt Chinas. Die Initiative umfasst Projekte auf dem Landweg und auf dem Seeweg, die zur «Maritimen Seidenstrasse» gehören.

Wegen des Projekts hatte sich das chronisch verschuldete Italien von seinen westlichen Partnern viel Kritik gefallen lassen müssen. Italien war der einzige Staat aus der Siebenergruppe grosser demokratischer Wirtschaftsmächte (G7), der sich zum Mitmachen entschloss, und auch das einzige grosse Land aus der EU. Begründet wurde dies mit besseren Exportmöglichkeiten, mit der Hoffnung auf Investitionen - beispielsweise für die Häfen in Triest und Genua - und auch auf noch mehr chinesische Touristen.

China wiederum will sich als jetzt schon zweitgrösste Wirtschaftsmacht neue Handelswege in aller Welt erschliessen, auf dem Land und zur See. «Neue Seidenstrasse» leitet sich von der weltberühmten antiken Handelsroute ab, die sich bis nach Europa erstreckte. Inzwischen steckte Peking fast eine Billion Euro in das Vorhaben. In vielen Entwicklungsländern entstanden Strassen, Eisenbahnlinien, Flug- und Seehäfen, wo es vorher keine gab. Kritiker sagen jedoch, viele Staaten rutschten durch neue Schulden in immer grössere Abhängigkeit von China. Aktuell sind etwa 150 Länder dabei, auch Russland und Serbien. Aus der EU gehört jetzt noch Ungarn dazu.

Meloni hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihr das Vorhaben nicht passt. Der Vorsitzenden der Rechtsaussen-Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) ist die Souveränität der Nation erklärtermassen heilig. In den letzten Monaten gab es zunehmend Spekulationen, dass der Ausstieg bevorstehe. Auch die USA machen Druck. Hintergrund ist, dass sich die Zusammenarbeit im März automatisch verfestigt hätte, wäre das Projekt nicht bis zum Jahresende gekündigt worden.

Italienisches Ziel ist jedoch natürlich auch, Peking nicht allzu sehr zu verärgern. Von Unternehmensseite gibt es Sorgen, dass sich Produkte made in Italy in der Volksrepublik nicht mehr so gut verkaufen. Zudem fürchten die Italiener um lukrative Aufträge, bei denen man auch in Konkurrenz zu EU-Partnern wie Deutschland und Frankreich steht. Deshalb liess Meloni den Chinesen zugleich mit der Abschiedsnotiz versichern, dass man an der «strategischen Partnerschaft» unbedingt festhalten wolle.

Für China, das zunehmend in Wettbewerb mit den USA steht, bedeutet der Abschied mit Sicherheit einen Prestigeverlust. Auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur gab es aus dem Aussenministerium zunächst keinen Kommentar. Als vor einiger Zeit die ersten Spekulationen hochkochten, verwies man dort darauf, dass seit Unterzeichnung der Vereinbarung die Zusammenarbeit stark ausgebaut worden sei. Der Handel sei binnen fünf Jahren um 42 Prozent gestiegen.

In Brüssel sorgten die Neuigkeiten aus Rom hingegen für gute Stimmung. In EU und Nato wurde Italiens Beteiligung zuletzt immer mehr als strategischer Fehler und auch als Sicherheitsrisiko angesehen. Allgemein gilt dort gerade als Ziel, wirtschaftliche Abhängigkeiten zu verringern. Bei der Nato sieht man insbesondere die Gefahr, dass Peking versuche, «Schlüsselbereiche der Technologie- und Industriesektoren, kritische Infrastruktur sowie strategisches Material und Lieferketten unter ihre Kontrolle zu bringen».

Auch beim EU-China-Gipfel an diesem Donnerstag in Peking dürfte es für China nicht viele positive Nachrichten geben. So wollen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel deutlich machen, dass die EU Handelsbeschränkungen wie Sonderzölle erlassen könnte, wenn China weiterhin unfaire Subventionspraktiken verfolgt und und den eigenen Markt für europäische Unternehmen verschliesst. (sda/dpa)

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