Eines kann man Elon Musk nicht vorwerfen: Dass er nicht krisenerprobt sei. Wegen einer nicht erkannten Malaria-Erkrankung war er vor ein paar Jahren nur Stunden von seinem Tod entfernt. Ein Nah-Tod-Erlebnis haben auch seine beiden wichtigsten Unternehmen, Tesla und SpaceX, gleich mehrfach erlebt.
Wie Donald Trump ist auch Musk ein krankhafter Narzisst. Er vergleicht sich gerne mit dem legendären Erfinder Thomas Edison oder Tony Stark, dem fiktiven Helden aus den Sci-Fi-Filmen «Iron Man». Die Tatsache, dass es ihm mehrmals gelungen ist, sich wie Houdini aus scheinbar hoffnungslosen Situationen zu befreien, hat Musk offenbar übermütig gemacht. Deshalb hat er Trump nicht nur rund 300 Millionen Dollar für dessen Wahlkampf gespendet, er hat ihm auch versprochen, zwei bis drei Billionen Dollar an Staatsausgaben einzusparen. Warum sollte bei der Verwaltung nicht klappen, was bei X funktioniert hat, so die simple Rechnung dahinter.
Die Rechnung geht nicht auf. «Die Kürzungen von Elon Musk haben nicht verhindert, dass die US-Staatsausgaben einen neuen Rekord erreicht haben», meldet jetzt die «Financial Times». Trotz all des Geschwätzes über mehr Effizienz und weniger Verschwendung sind die Ausgaben des amerikanischen Staates gegenüber dem Vormonat um rund 40 Milliarden Dollar angestiegen.
Zwar haben die Massenentlassungen des DOGE-Teams ihre Spuren hinterlassen, etwa beim Bildungsministerium, wo die halbe Belegschaft gefeuert wurde, oder bei der Entwicklungshilfe USAID, die mehr oder weniger aufgelöst wurde. Doch letztlich ist dies ein Tropfen auf den heissen Stein. Allein die steigenden Kosten für die Zinsen der Staatsschulden haben die Einsparungen aufgefressen. Zu Buche schlagen auch steigende Gesundheits- und Sozialkosten.
Musk muss auch erfahren, dass ein Staatshaushalt nach anderen Kriterien funktioniert als ein privates Unternehmen wie X. Will er seine vollmundigen Spar-Versprechen in die Tat umsetzen, reichen Entlassungen nicht aus, auch wenn sie Zehntausende von Beamten betreffen und möglicherweise gravierende Folgen haben, beispielsweise wenn man die Techniker feuert, welche die Sicherheit der Atomwaffen überwachen, oder die Meteorlogen, die vor Unwetter warnen.
Nein, Musk muss die Sozialausgaben massiv kürzen, wenn er seine Ziele auch nur annähernd erreichen will. Und da wird es politisch heikel. Der reichste Mann ist auf bestem Weg, zum meist gehassten Mann der USA zu werden. So zeigt eine soeben veröffentlichte Umfrage des TV-Senders CNN, dass inzwischen bloss 35 Prozent der Amerikaner seine Kettensäge-Methode billigen. Tendenz weiter fallend.
Massiv fallend ist auch der Kurs der Tesla-Aktie, der Kern des riesigen Vermögens von Musk. Rund um die Hälfte ist der Kurs seit der Inauguration von Trump eingebrochen, und der Kurssturz geht weiter. Das heisst konkret, dass Elon Musk bereits rund 150 Milliarden Dollar ärmer geworden ist.
Es könnten auch noch viele Milliarden mehr werden. Zum Zeitpunkt, als diese Zeilen geschrieben werden, sind die sogenannten Futures für die Tesla-Aktien im tiefroten Bereich. Grund dafür sind die massiv eingebrochenen Verkäufe, denn Musk hat gerade seine Stammkundschaft mehr als vergrault. Die von ihm verunglimpfte «liberale Elite» kann sich nicht mehr in einem solchen Auto blicken lassen.
Auch beim Raumfahrt-Unternehmen SpaceX läuft es nicht rund. Vor ein paar Tagen ist erneut eine Starship-Rakete bei einem Testflug explodiert. Aus Verärgerung über Trumps Strafzölle hat derweil die kanadische Provinz Ontario ihre Verträge mit Starlink aufgelöst.
All dies setzt Musk offensichtlich zu. Zwar hat sich der Präsident nicht entblödet, das Weisse Haus kurzfristig in eine Plattform für Tesla-Marketing zu verwandeln. Der Erfolg dürfte sich in Grenzen halten. Obwohl Elektroautos technisch weit überlegen sind, lässt sich die MAGA-Meute nicht von ihren Verbrennern entwöhnen, ganz abgesehen davon, dass sich die meisten von ihnen einen Tesla gar nicht leisten können.
All dies setzt Musk offensichtlich zu. «Bei seinen öffentlichen Auftritten kann der reichste Mann der Welt peinlich, steif und manisch wirken», stellt Charlie Warzel im «Atlantic» fest. «Noch nie habe ich ihn jedoch so niedergeschlagen gesehen wie in den letzten Tagen.»
Das «Superman-Image» von Musk verblasst, und das hinterlässt Spuren. «Der Marketing-Anlass vor dem Weissen Haus war nicht nur ein Zeichen von Trumps Korruptheit, er war weit mehr – er war auch ein Zeichen von Verzweiflung», erklärt Warzel weiter. «Er war auch das unausgesprochene Eingeständnis, dass die Proteste Wirkung zeigen.»
Diese Wirkung bezieht sich nicht nur auf Musk. Auch die Umfragewerte von Trump rasseln in den Keller. Inzwischen sind 54 Prozent der Amerikaner nicht mehr mit seiner Politik einverstanden. Gar 61 Prozent sind nicht mit seiner Zoll-Politik einverstanden.
Ausser eskalierenden Handelskriegen haben die willkürlichen Strafzölle von Trump bisher keinerlei Wirkung gezeigt. Im Gegenteil, die Befürchtung steigt, dass ein Soft Landing der US-Wirtschaft verhindert wird, ja möglicherweise gar eine Rezession droht. Deshalb ist der Mini-Crash an den amerikanischen Börsen noch keineswegs gestoppt.
Gleichzeitig schwindet die Hoffnung, dass negative Börsenkurse Trump zur Vernunft bringen werden. Dessen ökonomisch widersinniger Glaube an die Wirkung von Zöllen ist offenbar nicht zu erschüttern, und da er in seiner zweiten Amtszeit keine Wiederwahl zu bestreiten hat, kann er es sich leisten, Umfrage-Werte und Börsenkurse zu ignorieren.
In seinem Wahn, als grosser Präsident in die Geschichte einzugehen, scheint Trump daher im Begriff zu sein, die Wirtschaft zu ruinieren und die USA in einen internationalen Paria-Staat zu verwandeln. Nicht nur bei Musk, auch bei Trumps konservativen Unterstützern macht sich deshalb Verzweiflung breit. «Wirft Trump alles weg?», rätselt etwa der konservative Kolumnist Holman Jenkins im «Wall Street Journal».
Auch Twitter hat er finanziell in den Boden gefahren. Es funktioniert eben weder beim einen, noch beim anderen. Seine Firmen haben Erfolg, wenn er selbst möglichst nicht involviert ist.