Die Radikalisierung von Extremisten in der Schweiz ist im Vergleich mit anderen OSZE-Mitgliedern zwar marginal. Doch mehrere Fälle, die von den Medien aufgegriffen wurden, haben die Diskussion über das Thema im Vorfeld der OSZE-Terror-Konferenz von Interlaken angeheizt.
Prominentestes Medienbeispiel eines solchen «ausländischen Kämpfers» ist der junge Waadtländer, der aus Syrien zurückkehrte . Auch wenn die einzelnen Personen nicht als Terroristen eingestuft werden, stellt sich die Frage nach ihrer Wiedereingliederung in die Gesellschaft.
«Wir müssen aufmerksam sein, es handelt sich hier um ein relativ junges Phänomen für die Schweiz», sagte Bundespräsident Didier Burkhalter im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA. Es gelte abzuwägen, wie man solche Personen am besten integrieren könne.
Bis zu 11'000 «ausländische Kämpfer» sind seit dem Ausbruch des Konflikts 2011 nach Syrien gereist. Das sind indes gerade mal 10 Prozent der Rebellen, wie aus Zahlen hervorgeht, die das Londoner Forschungszentrum zur Radikalisierung (ICSR) im Dezember veröffentlichte.
Die Zahl stagniert, zumal 90 Prozent der Kämpfe zwischen Rebellengruppen und Dschihadisten ausgefochten werden. «Die Westler» indes gingen nach Syrien, um sich Präsident Baschar al-Assad entgegenzustellen, nicht um gegen andere Oppositionelle zu kämpfen, sagte ICSR-Direktor Peter Neumann. Kommt dazu, dass die Syrer den Ausländern oft zu verstehen geben, sie gar nicht im Land haben zu wollen.
Gemäss dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) haben sich 15 bis 20 Schweizer nach Syrien begeben. Darunter waren zwei oder drei Christen, die ihre Gemeinde im Land verteidigen wollten. In einem Bericht hat die ETH Zürich jüngst ausgemacht, dass das radikale Milieu in der Schweiz mehrere tausend Sympathisanten zählt.
Einige Dutzend davon werden als islamistische Extremisten eingestuft. Die Personen, die in der Schweiz radikalisiert werden seien zum grössten Teil in der Schweiz aufgewachsen oder hier geboren, sagte der Studienverantwortliche Lorenzo Vidino.
Kehren die Kämpfer zurück, müssen die Behörden abklären, ob sie diese überwachen, gerichtlich verfolgen oder sie wiedereingliedern sollen. Eine ständige Überwachung bindet «zehn bis zwölf Personen» für einen Heimkehrer, sagte Vidino. Das kommt nur für die gefährlichsten in Frage.
Tatsächlich würden al-Qaida-nahe Gruppen in Syrien Amerikaner und andere westliche Bürger rekrutieren und ausbilden um Anschläge in ihren Ländern zu begehen, sagte Christina Schori-Liang. Sie ist Terror-Expertin des Genfer Forschungszentrums für Sicherheitspolitik (GCSP).
Für jene Personen, die wiedereingegliedert werden können, sind verschiedene Massnahmen vorgesehen. Diese reichen von psychologischer Behandlung, besonders bei Jugendlichen zwischen 16 und 17 Jahren, über die Wiedereinschulung bis hin zur Platzierung in einer anderen Stadt. Dabei werden auch Familie, Gemeinschaft und insbesondere die Imame, herbeigezogen. Eine Wohnung oder ein Arbeitsplatz können die Reintegration zudem fördern.
Hier liegt die Organisation bei den Kantonen und verlangt eine starke Kooperation, sagte Vidino. Vor einigen Jahren habe es zwar eine Diskussion über ein Engagement des Bundes gegeben. Doch die Kantone waren nicht interessiert an einem Eingriff in ihren Kompetenzbereich.
Hier liegt die Organisation bei den Kantonen und verlangt eine starke Kooperation, sagte Vidino. Vor einigen Jahren habe es zwar eine Diskussion über ein Engagement des Bundes gegeben. Doch die Kantone waren nicht interessiert an einem Eingriff in ihren Kompetenzbereich.
Ein Handbuch zur Prävention durch eine Integration der Gemeinschaften ist jüngst bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erschienen. Die Schweiz hat das Werk mitfinanziert. Es geht davon aus, dass eine solche Massnahme den Respekt der Menschenrechte verstärken könnte.
«Dank dieser Politik kann gleichzeitig die wachsende Islamophobie in Europa überwacht werden», sagte Christina Schori-Liang. Das Handbuch warnt jedoch davor, mit einem solchen Zugang gewisse Gemeinschaften zu stigmatisieren oder zu überwachen.
Auf internationaler Ebene beschränkt sich die Kooperation auf den Austausch von Informationen oder auf Prävention. Die Staaten beraten insbesondere mit der Türkei. Diese soll «ausländische Kämpfer» überwachen und ihnen den Zugang zu Syrien verweigern. (rey/sda)
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