Kurz vor der Wahl in Israel hat Regierungschef Benjamin Netanjahu der bisher auch von ihm vertretenen Idee eines Palästinenserstaates faktisch eine Absage erteilt. Es werde keine Zugeständnisse an die Palästinenser geben, hält die Likus-Partei fest.
Im Nahen Osten sei die Lage so, dass jedes von Israel aufgegebene Gebiet von «Kräften des radikalen Islams und terroristischen, vom Iran unterstützten Organisationen» übernommen würde, zitierten israelische Medien am Sonntag aus einer Mitteilung der Likud-Partei von Netanjahu. Deshalb werde es keinen israelischen Rückzug aus dem Westjordanland und keine Zugeständnisse an die Palästinenser geben. «Dieses Thema ist schlicht irrelevant», schrieb der Likud.
2009 hatte sich Netanjahu noch zur Zwei-Staaten-Lösung bekannt und dies bisher nicht widerrufen. Die Absage an einen Palästinenserstaat neben Israel wurde von Medien als Versuch gewertet, bei der Parlamentswahl am 17. März bei konservativen Hardlinern und Siedlern zu punkten.
Zudem reagierte er auf einen Artikel in der grössten Verkaufszeitung des Landes, «Jediot Achronot». Sie hatte am Freitag Dokumente von August 2013 veröffentlicht, aus denen hervorgehe, dass Netanjahu damals zu Beginn von Friedensverhandlungen bereit gewesen sei zu einem Gebietstausch mit den Palästinensern und einem Rückzug aus weiten Teilen des Westjordanlandes.
Dies hätte die Aufgabe vieler jüdischer Siedlungen bedeutet. Die Verhandlungen endeten im April 2014 jedoch im Streit. Westliche Verbündete Israels wie die USA und Deutschland halten die Zwei-Staaten-Lösung für den einzigen gangbaren Weg zu einem Ende des Konflikts. Die UNO-Vollversammlung hat Palästina schon 2012 gegen den Widerstand Israels als Beobachterstaat anerkannt.
Das Mitte-links-Bündnis Zionistische Union hat vor der Wahl jetzt sein Programm vorgelegt. Israel soll aus der aussenpolitischen «Isolation» geführt werden. Auch will das Bündnis die anhaltend steigenden Lebenshaltungskosten aufhalten. Dies seien ihre beiden Prioritäten, teilte die Zionistische Union am Sonntag an einer Medienkonferenz in Jerusalem mit.
Das Bündnis besteht aus der Arbeitspartei von Jizchak Herzog und der Partei Hatnua von Ex-Aussenministerin Zipi Livni. Sie kündigten an, welche Schritte sie ergreifen wollen, wenn ihnen bei der Knesset-Wahl am 17. März die Ablösung von Netanjahus rechtsgerichteter Regierung gelingt. Umfragen zufolge liefern sich beide Lager ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
In puncto Nahost-Konflikt sieht das Programm der Zionistischen Union einen entmilitarisierten Palästinenserstaat und den Erhalt der grossen jüdischen Siedlungsgebiete unter israelischer Kontrolle vor. Jerusalem solle «ewige Hauptstadt des jüdischen Volkes» sein und die Beziehungen zu einem Palästinenserstaat durch Wirtschaftspartnerschaften vertieft werden.
Das Wahlprogramm hebt zudem die Notwendigkeit hervor, zu dem zentralen Bündnispartner USA wieder ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Das Verhältnis zwischen Netanjahu und US-Präsident Barack Obama ist hingegen insbesondere wegen Unstimmigkeiten über den Umgang mit dem Iran gespannt. In der Innenpolitik will die Zionistische Union laut Programm den Etat für Soziales, Bildung und Gesundheit erhöhen und einen Wohnungsrat zur Eindämmung der explodierenden Mieten schaffen. Herzog und Livni kritisierten bei der Pressekonferenz, dass Netanjahus Likud keinerlei Wahlprogramm vorgelegt habe. Israel brauche aber einen Regierungschef, «der sich nicht darauf beschränkt, Angst zu machen», sondern «der eine Vision hat», sagte Livni. Sie will Herzog dazu verhelfen, neuer israelischer Regierungschef zu werden. (feb/sda/dpa)