Wenn man in ein Brocki geht und nach Tier-Büchern suche, finde man viel aus den 50ern bis 80ern und noch einiges bis ungefähr zum Jahr 2000, aber dann höre es auf, sagt Daniela Janser. Wo die Tiere hingewandert sind? Ins Internet! Und in die Kunst.
Diesen Weg beleuchtet die Ausstellung «Beastly/Tierisch» im Fotomuseum Winterthur, die vom 30. Mai bis zum 4. Oktober läuft. Janser ist zusammen mit Duncan Forbes und Matthias Gabi Kuratorin der Schau – und hofft, dass der Besucher nicht nur über Tiere nachdenkt, sondern sich auch fragt: Was ist aus dem Mensch geworden?
Daniela Janser, welches Foto der Ausstellung ist Ihnen am meisten geblieben?
Da man natürlich sehr viele Bilder sichtet, bleibt es naturgemäss nicht bei einem. Das
unmittelbar herzigste Foto ist sicher das Titelbild des Katalogs – ein Katzenbild.
Stammt dieses Bild aus dem Internet?
Es ist kein Bild aus dem Netz, sondern von einem Künstler, Elad Lassry, der genau reflektiert,
was unsere Katzen-Obsession künstlerisch übersetzt bedeuten könnte. Er entlarvt mit
seinem Bild die Katze als unser Fetisch-Objekt. Das Tier ist wahnsinnig genau fotografiert,
man sieht jedes Härchen. Wenn das herzige Büsi mit dem Titel «Beastly» gekoppelt wird,
entsteht natürlich ein Bruch.
Und welches ist für Sie das beste Bild?
Ein interessantes Doppel-Bild ist dieses:
Man sieht hier einen Fotograf, Peter Hujar, der unter anderem für seine Portraits berühmt ist. Wenn man, wie wir das in der Ausstellung und im Buch machen, seinem Selbstporträt das Hundebild, das er ebenfalls fotografiert hat, gegenüberstellt, ergibt sich eine unheimliche Ähnlichkeit. Der Hund wird menschlicher, der Mensch wird «tierischer». Man sieht, dass der Fotograf dem Hund auf Augenhöhe begegnen will – ein sehr wichtiger Moment.
Um das Katzen-Momentum kommt man wohl nicht herum ...
Wir wollten das ernst nehmen und nicht einfach als «dieser doofe Internet-Hype» abtun. Es
ist nicht der Ausgangspunkt unserer Ausstellung, schwingt aber mit und ergab auch ein
gutes Katalog-Cover. Für den haben wir eigens eine Autorin über Tiere im Internet schreiben
lassen. Sie hat interessante Thesen aufgestellt.
Zum Beispiel?
Spannend fand ich ihre Schlussthese, dass es quasi eine «neue Allianz» zwischen Tieren und
Maschinen gibt. Es geht nicht nur ums Internet: Die Autorin berichtet von Strassenhunden in
Moskau, die die Metro benutzen und von den Aussenbezirken in die Innenstadt fahren, wo
es mehr zu fressen gibt. Was sehr anschaulich eine neue Verbindung, oder sogar
Interessensgemeinschaft zwischen Maschinen und Tieren aufzeigt, denen man solche
Fähigkeiten erstmal gar nicht zutraut.
Womit wir wieder beim Thema Augenhöhe wären ...
Wir haben versucht, vor allem auf Künstler zu setzen, die die Perspektive verändern und
nicht so sehr aus der Sicht des Menschen arbeiten. Die sich Gedanken darüber machen, wie
wir jahrzehntelang Tiere fotografisch in unsere eigene Sichtweise «eingesperrt» haben. Ein
Künstler, Sam Easterson, schnallt beispielsweise Tieren Kameras um: Wir zeigen sein Video
aus der Sicht eines Gürteltiers.
Ist die Ausbeutung von Tieren ein Thema?
Es ist keine dokumentarische Ausstellung. Die Ausbeutung ist indirekt ein Thema, indem wir
traditionelle Darstellungsformen und Sichtweisen auf Tiere hinterfragen. Ausserdem haben
wir bewusst einen Raum mit nicht-künstlerischen Alltagsfotografien zu Tieren
zusammengestellt, mit Büchern, Plakaten und Postkarten. Dazu kommen mehrere YouTube-
Clips und über 3000 Bilder aus dem Internet, die die ganze thematische Bandbreite
abdecken, auch das Thema Ausbeutung.