Ich frage mich, worüber ihr gerne mehr wissen würdet. Über die Dreamdates vom Bachelor oder die Tatsache, dass jemand, den ich sehr gut kenne, freiwillig in den Aargau gezogen ist.
Einerseits hat Patric zu Sandra gesagt: «I love you, Babe.» Das hat noch nie jemand zum Kanton Aargau gesagt. Andererseits hingen die beiden im rechten Winkel an der Fassade eines Bangkoker Hochhauses. Also fiel dieser gewichtige Satz in einer Extremsituation. Im Aargau zu wohnen, ist allerdings nicht unbedingt weniger extrem.
Beides ist mit nicht zu bändigenden Gefühlswallungen verbunden. Das Herz «pocheret» wie verrückt. Der Körper sträubt sich mit jeder Zelle dagegen. Man weint. Man fragt sich, was man hier eigentlich macht. Man will einfach nur weg.
Sandra sagt in den Seilen hängend in unerbittlichem Imperativ zu sich: «Geniess das!»
Schliesslich hat sie sich selbst in diese Situation gebracht. House-Running genauso wie der Aargau, das ist eine Entscheidung.
Aber war es die richtige?
Für Patric natürlich schon, er ist ganz und gar hingerissen von Sandras Mut, weshalb sie mit nichts Geringerem als seinem Lieblings-Bewunderungswort bedacht wird.
Der Bachelor sagt sogar:
Dann ist Rivana dran. Die ruhige Rivana, die endlich aus sich herauskommen muss. Die in sich gekehrte Rivana, die dem Patric endlich alle ihre anderen Seiten darbringen muss.
Was in diesem merkwürdigen Format eins von Seiten geredet wird! Wie viele Seiten kann ein Mensch überhaupt haben? Und wie viele Seiten verlangt Patric von einem Menschen?
Wir wissen es nicht. Aber es müssen unzählige sein. Und er will sie alle auf der Stelle sehen.
Damit das geschieht, zeigt er ihr einfach mal die verschiedenen Seiten der City. In einer Karre, mit der er durchaus auch im Aargau für Furore sorgen würde. Das Outfit müsste dafür allerdings mehr in Richtung Trainerhosen spielen.
Doch wie sie die thailändische Hauptstadt findet, ist Patric ziemlich wurscht. Er will wissen, ob ihr Herz bereits ihm gehört. Und dafür baut er Druck auf. Sagt ihr, dass jetzt nur noch vier Kandidatinnen im Rennen seien. Und dass sie am 24-stündigen Dreamdate langsam aber sicher ihre Chance nützen müsse.
Kein Wunder, knutschen ihn gleich alle Ladys ab – aus lauter Angst, sonst den nächsten Rosentod zu sterben! Nur sollte im Auto natürlich nicht geküsst werden. Sicherheit im Strassenverkehr geht vor.
Darum kramt Rivana erstmal in ihrem Herzen und klaubt diese unglaublichen Worte hervor:
Rivana: «I bi lang ällei gsi, i weiss, i bi selbstständig, i cha ällei läbe. Aber i will da gar nüm. I bi jetzt ächt amäne Punkt, woni öppert suech, woni ä Familiä gründe will.»
Patric (kritisch): «Und ich sött däjenigi si?»
Rivana: «Für mi scho, jo. Und i weiss au, dass i di richtig für di bin. Nur du muesch's no wüsse.»
Bäm.
Und dann, anstatt zu lächeln, ein bisschen rot zu werden oder einfach innerlich zu jublieren, bohrt jener Stasi-Bachelor alle Restromantik hinfort («Wenn hät sich jetzt da bi dir genau usekristallisiert?»), die sich so unverhofft vor der roten Ampel zusammengefunden hat und für einen Augenblick den weissen BMW erfüllte, der mit seinen Flügeltüren an die besonders bewegungsresistenten Frauenbinden für die Nacht erinnert.
Im Kreuzverhör der Liebe gefangen, in jener unerbittlichen Gefühlspresse, läuft Rivanas Innerstes aus. Und doch ist es nicht genug. Denn bis zum Abend scheint Patric bereits wieder alles vergessen zu haben.
Sein Herz bleibt hyänenhaft hungrig, seine Ohren wollen unaufhörlich beschmalzt werden. Abermals nimmt er dieses «Bilderbuch einer Frau» in den Schwitzkasten und quetscht ihren Hals, bis sie vor Erschöpfung röchelnd ihre Gefühle herauswürgt.
Patric: «Wenn du die letscht Rose würsch becho, wärsch denn überhaupt bereit für e Beziehig voll Emotione?»
Rivana: «I därä Bezüchig hani kei Erfahrig.»
Patrice: «Was?»
Rivana: «I därä Bezüchig hani kei Erfahrig.»
Patrice: «Es goht nöd um Erfahrig, es goht um Emotionalität.»
Rivana: «Oh echt, immer no mit dene Emotionä!»
Dann sagst die kleine St. Gallerin «Oh Gott», holt Luft, legt ihre Hand auf Patrics Knie und gesteht ihm, dass sie sich in ihn verliebt habe.
Ja, du ungehobelter Cheib! Natürlich fällt es schwer, sich ins Ungewisse hineinzuverlieben! Verlangst hier die grossen Gefühle, während deine Zunge noch feucht ist vom Speichel der Vorgängerin!
Und sei dies nicht alles schon genug, wird diese schonungslose Inquisition noch vor einer Kulisse abgezogen, dass Gott erbarm'.
Pastellfarbene Zottelkissen neben ihren blutfarbenen Schwestern auf einem grasgrünen Bett, dazu Kerzen in Rattan-Vogelnestern und Nachttischlampen, die wie zwei transparente Jenga-Türme der Hölle den Rest jener staunenswerten Ansammlung an Grauenhaftigkeiten mit grellem Licht ausleuchten. Nicht dass man am Ende noch den Teppich übersieht, der noch einmal gänzlich unerschrocken den ca. siebenundreissigsten Grünton reinbringt.
Und mitten in diesem Gruselkabinett steht der Bachelor, der wiederum an einen «ungeschickt geschmückten Weihnachtsbaum» (Zitat Patrick Toggweiler) erinnert.
Ich habe ja schon viel gesehen, ganz besonders im Aargau, dem baurechtlichen Wilden Westen der Schweiz, wo Steine in Gitter gesperrt werden, um den eigenen Vorgarten einzuzäunen.
Doch während diese armen Steine noch immer darauf warten, endlich befreit zu werden, bedarf Rivana offenbar keinerlei Rettung.
Ihr Liebesgeständnis goutiert der Bachelor mit einem Kuss.
Den holten sich allerdings auch Julia und Grace. Wobei Grace sich vielleicht sogar noch ein bisschen mehr geholt hat.
Was aber bekommt Julia?
Keine Rose, dafür den Aargau.
Ein Ort, wo sich die Menschen grüssen, obwohl man sich nicht kennt. Ein Plätzchen, wo so viele Leute Trainerhosen tragen, dass man sich immer ein bisschen so fühlt, als wohne man mit ihnen allen im selben Haus.