Hanna findet, wir Männer seien alle schwanzfixiert. Sie sagt: «Würde ich so über meine Vagina reden, wie ihr über euren Penis sprecht, würdet ihr uns alle für verrückt halten!» Sie findet, Männer würden ein zu grosses Theater veranstalten, wir seien so besorgt, dass er nicht macht, was wir wollen, oder dass er nicht zur rechten Zeit macht, was wir wollen, oder dass er nicht genug Beachtung kriegt. Sie findet, Penisse werden nonstop ins Zentrum gerückt: «Wir müssen ihn ständig anschauen und bestaunen und loben. Wir müssen ständig über ihn reden. Stell dir nur vor, wir Frauen würden das von euch verlangen!»
Also erstens fände ich es völlig okay, wenn Frauen offensiver wären. Ich würde dem Wunsch nach mehr Bestaunen und Anschauen wirklich problemlos nachkommen. Ich weiss nicht, ob man dieses teils verklemmte Verhalten mit der Schwanzfixiertheit der Männer begründen kann oder ob da Gesellschaftsnormen, Charakterzüge, Erziehung, Biologie, keine Ahnung, ob dieser Unterschied eher wegen anderen Gründen besteht, aber eben, den kann man gerne beheben.
Zweitens glaube ich, dass Hanna in diesem Fall recht hat. Aber hey, was soll ich sagen, ist ja auch richtig, sich damit eingehend zu befassen, ist ja wirklich ein sehr gut durchdachtes Körperteil, kann man die Evolution doch auch mal würdigen.
Aber gut. Kommen wir zur Sache, den Zwei-Plus-er.
Ich war bei Franziska. Der Frau, die mit mir schlafen, und ihrem Ehemann, der nur zuschauen wollte. Ich wusste, wie der Typ ausschaute. Sie schickte mir ein Foto von ihm und sie hatte ich ja eh schon getroffen. Sie war hot. Er nicht. Das fand ich gut. Wäre er so richtig durchtrainiert und alles gewesen, hätte ich mich wohl anders entschieden. Ich bin völlig zufrieden mit meinem Aussehen, muss aber auch niemanden auf der Tribüne haben, der viel besser aussieht. Bin ja kein Masochist.
Der Mann, bisschen dick, bisschen älter, netter Typ, schenkte Whiskey ein, dann Rum, dann noch mehr Whiskey. Er war Spanier und sprach Englisch. Statt «check» sagte er immer «jeck», was ich etwas anstrengend fand, aber ich wollte auch nicht lehrerhaft sein, also liess ich ihn machen. Dummerweise sagte er sehr oft «jeck», er sagte nie «ja» oder «okay», sondern immer «jeck». Aber eben, es war Wochenende, ich hatte frei.
Er sagte, wir sollten doch schon mal vorgehen, Franziska und ich gehen also ins Schlafzimmer und legen los. Ich nun angetrunken. Aber auch angenehm aufgeregt.
Als wir beide nackt waren, ich frage mich schon, ob er uns vielleicht vergessen hatte, kann ja sein, keine Ahnung, Fussball oder so, gar nicht so interessiert, kam Jeck rein. Er trug einen Bademantel, einen weissen, dicken, wie im Hotel, und setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. Ich nickte ihm zu. Wir machten weiter.
Nun in vollem Gange, alles gut, ich vergesse fast, dass er da ist. Wir wechseln die Stellung, ich schaue zu ihm, Fehler, grosser Fehler. Der Typ hatte den Mantel nun offen und hantierte an sich rum.
Ich hatte alles erwartet, aber nicht das, vielleicht, weil ich instinktiv annahm, dass sie mich einlud, weil ihr Mann einen kleinen Penis hat und er so grosszügig ist und will, dass sie auf ihre Kosten kommt, keine Ahnung, irgendwie so. Ich habe wirklich mit vielem gerechnet, aber nicht mit SO VIEL. Sagen wir mal so: Der Typ hätte jedem Pornodarsteller Konkurrenz machen können.
Ich tat, was man in so einer Situation tun muss: Ich strengte mich an, als hinge mein Leben daran. Als wir fertig waren, sagte ich, ich müsse sofort gehen.
War es besser als das letzte Mal in Küsnacht? Sagen wir so: Ich hatte immerhin Sex.
War es der Sex wert? Nun, seht es als Freundschaftsdienst. Wäre ich nicht gegangen, hätte ich nichts zu erzählen gehabt. Und hätte ich nichts zu erzählen gehabt, hätte euch Hanna nochmals die Leviten gelesen.
So long
Ben
Wie so oft umschiffst du gekonnt alles, was ansatzweise interessant wäre.
Warum hat dich der Anblick dermassen aus dem Konzept gebracht? Was ging in deinem Kopf vor? DAS würde ich gerne wissen.
So bleibe ich ratlos zurück, und der Freitag ist noch ein bitzeli grauer.