Das Erste, das mir auffällt: Die meisten Chats enden mit Nachrichten von mir. Also die, die ich mit Männern hatte. Auf Facebook. Vor vielen Jahren. Dabei war ich wirklich lustig. Und smart. Und sexuell. Kein Witz. Zu Zeiten von Facebook war Sexting ein grosses Thema in meinem Leben.
Hie und da hat's mich weitergebracht und hie und da (öfters!?) hat's im Ghosting geendet.
Ich merke, dass ich immer noch beleidigt bin. Oder wieder.
Ich lande in meinen alten Facebook-Chats, weil ich gerade krank bin. Nicht schlimm. Aber genug schlimm, dass ich nicht raus mag und niemanden sehen mag und mir temporär sicher bin, dass ich der ärmste Mensch auf Erden bin.
Deswegen der Deepdive in meine Facebook-Inbox. Dieser startet übrigens kurz nach 22 Uhr und endet weit nach Mitternacht.
Ich habe mit viel mehr Männern als Frauen gechattet. Okay, keine Überraschung.
Bei vielen habe ich keine Ahnung mehr, wer sie sind. Nicht mal das Lesen der Nachrichten hilft mir auf die Sprünge. Weiss ich nach zwei Nachrichten nicht, wer's war, bin ich weg.
Dann sind da aber auch alte Tinder-Bekanntschaften. Wisst ihr noch? Zuerst Tinder, dann Date, dann Facebook und WhatsApp.
War schon noch geil irgendwie.
Dazwischen viele Chats von Menschen, mit denen ich null Kontakt habe, die mir aber zum Geburtstag gratulieren. Sie machen das jedes Jahr. Ich schicke einmal ein «Danke viel mal, dir dann an deinem Geburtstag auch nur das Beste» zurück. Ein paar antworten sofort.
Dann sind da noch Chats mit Freundinnen. Sie erzählten von Dates, heissen und dummen Vorgesetzten, von Handwerkern und kaputten Zürich-Wohnungen, von Ferienplänen, von Ängsten und Typen und Plänen und so.
Dann lande ich bei Sandro und meinem Chat. Am 24.11.2017 schrieb er: «ein hochbauf meine disziplin, dir nicht zu schreiben des nachts. hoffe, dir gehts gut. mir im fall wieder besser, alles kommt gut, bei dir eh, chch.. good nights!»
Ich habe keine Ahnung, was da war. Eventuell dachte ich mal wieder, ich sei in einer Beziehung und unsere Affäre muss enden. Haha.
Im April 2017 kam das: «deine nachricht ist allerliebst, du halt einfach saucool, mag ich. mal sich zwischendurch an einem heissen nachmittag hoi sagen, immer noch keine option?» WTF!? Der wollte sich mal am Nachmittag treffen? Zu einer Zeit, in der wir uns zu 98 % mitten in der Nacht auf maximal 2 Stunden/Nummern trafen? WAR DAS ROMANTIK UND ICH HAB'S NICHT GESCHNALLT?
Im März 2017 schrieb ich: «ich stelle übrigens wirklich fest, dass ich so richtig wirklich fest das bedürfnis hab, mit dir zusammen nackt zu sein.»
Sandro: «geht mir gleich! und jetzt kannst einmal raten, was wir zwei spätestens an ostern machen. wobei: bist überhaupt hier dann?»
Ach, Sandro. War schon auch super, bevor wir official waren.
Paar Monate vorher ich: «ich frag mal, du kannst frage auch ignorieren, aber ich bin ja nicht nur an deinem penis, sondern tatsächlich auch an deiner person interessiert: was ist denn grad los/schief in deiner welt?»
Er: «ich schreib dir denks schon noch zurück, wir sind fürs leben, wie auch immer genau.»
Auch hier habe ich keine Ahnung mehr, was die Vorgeschichte war. Aber ich weiss, dass unsere Geschichte schon war. Dass er und ich waren. Dass wir schon immer wir waren. Und sein werden. So wie er es in dieser vermeintlich belanglosen Nachricht geschrieben hat.
Die mir die Welt bedeutet.
Kann sich jemand noch an die „anstupsen“-Funktion erinnern? Hat das bei irgendwem überhaupt je mal den gewünschten Effekt gehabt?
Anyway. Finde es schade, dass Facebook quasi nur noch als Partykalender verwendet wird.
Bei FB gab‘s wenigstens (theoretisch.. haha) die Möglichkeit mal einen spannenden Artikel zu teilen (wo ich effektiv auch mal was spannendes gelesen und gelernt habe) - und nicht nur „schöne“ Bilder wie heute auf Insta.
Das ist doch ein Geschenk auch wenn wir heute beide ganz anders unterwegs sind 🥰