Das abgefahrenste Date hatten Suff-SMS-Sandro und ich letzten Samstag. Und zwar um 14 Uhr. Draussen in einem Park. Wir waren zu viert verabredet. Er hatte die Kartoffel seiner Schwester dabei, ich die einer sehr guten Freundin.
Der Zufall wollte es so, dass wir zeitgleich als Kartoffelsitter gebucht wurden. Oder Sandros Schwester und meine Freundin kennen sich heimlich und haben hinter unseren Rücken alles als Verkupplungsaktion geplant. Könntet ihr jetzt meinen. Weil ihr manchmal so herzige Romantiker seid, ihr watson-User.
Von Sandros Nichte habe ich schon sehr viel gehört. Sie ist 6 Jahre alt, altklug, lustig, klug, schlagfertig und besserwisserisch. Ganz der Onkel.
Die Kartoffel meiner Freundin ist viel jünger. Der Bub ist knapp 2. Redet wie ein Buch, mag nur rennen und will sich ausschliesslich von Glacé und Chicken Nuggets ernähren. Ich bin da sehr mit der Kartoffel.
Wir stehen jetzt also da auf der Wiese. Er eine Kartoffel an der Hand, ich eine im Buggy. Wir lächeln uns unbeholfen an. Eine kurze Umarmung und ein etwas verklemmtes «Hoi» später ist seine Kartoffel schon abgehauen. Sandro rennt ihr nach, wirbelt sie durch die Luft, streichelt über ihr Haar und pustet ihr in den Bauch.
Und meine Gebärmutter so: JÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖ!!!!!!!
Nun will meine Kartoffel essen. Sie isst mit dem ganzen Gesicht. Und irgendwie auch mit meinem T-Shirt. Sandro lacht. Und assistiert. Dass er seine Rolle als Onkel von Anfang an sehr ernst genommen und gelebt hat, ist fühlbar.
Sandro weiss, wie wir «meine» Kartoffel sauber bekommen. Er weiss auch, wie man sie wickelt und vor allem weiss er, wie man sie zum freudigen Lachen bringt
Und dann die Gebärmutter wieder: SCHAU MAL, SO SO SO SO SO HERZIG!
Wir schlendern zu viert von Spielplatz zu Spielplatz. Wir lachen, wirbeln Kartoffeln durch die Luft, kaufen uns Fast Food, Glacé, Seifenblasen und Kreide. Wir bemalen nicht nur die Strassen, wir bemalen uns alle gegenseitig, bis wir von Kopf bis Fuss bunt sind.
Dann muss ich aufs WC und lasse meine Kartoffel in Sandros Obhut. Auf dem Rückweg beobachte ich ihn und die zwei Kinder aus der Ferne. Seine Nichte kitzelt seine Ohren. Der kleine Junge sitzt auf seinem Bauch. Sie spielen «Hoppe hoppe Reiter».
Einen kleinen Moment lang wünsche ich mir, die Kartoffeln wäre unsere. Danke, Gebärmutter. Danke, Hormone. Danke, wem-oder-was-auch-immer.
Dann wird meine Kartoffel abgeholt. Sandros Nichte derweil schläft bei ihm. Die beiden laden mich zum Znacht und zum grossen Filmschauen zu Sandro nach Hause ein.
Etwas später sitzen wir zu dritt auf der Couch. Die Kartoffel hat ihren Kopf auf Sandros Schoss, er wuschelt ihr durchs Haar. Die Füsse hat sie bei mir. Sie will massiert werden. Ich massiere.
Sandro und ich lächeln uns an.
Jetzt finde es sogar ICH kitschig.
Nun könnte ein wunderbares Happy End folgen.
Was es nicht macht.
Weil Suff-SMS-Sandro gerade nicht into me ist.
Sandro war neulich in Südfrankreich. Da hat er eine blöde Chantal getroffen. Die hat nicht nur seinen Penis, sondern auch sein Herz berührt, wie er mir so nebenbei erzählt, während die Kartoffel Zähne putzt.
Das Beste, findet SSMSS, ist, dass ihn Chantal nun ein verlängertes Wochenende besuchen wird.
«Hey, cool», sage ich und meine «fuck her». Also nicht wirklich. Ihr checkt schon.
Chantal fährt morgen hier ein. Da ich Sandro kenne, weiss ich, dass alles passieren kann. Es kann sein, dass er sie schon übermorgen Abend hasst. Es kann aber auch sein, dass er sie am Sonntag schon heiraten wird.
Es bleibt spannend. Oder scheisse. Wir werden sehen.
Adieu, und vor allem Adieu, Chantal,
Aber ich glaube, dass Ihr beide falsche Vorstellungen von Liebe habt. Zumindest Du, liebe Emma, scheinst zu glauben, die Liebe müsse "laut" sein, Hollywood-mässig "the One" und so...
Aber die echte, wahre, überdauernde Liebe ist viel leiser. Sie lässt Dich wohl fühlen und glücklich sein, zur Ruhe kommen. Das ist nicht spektakurlär und keine Kolumne wert, aber für den Rest des Lebens viel besser geeignet