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It Ends With Us: Colleen Hoovers Bücher stehen in der Kritik

Ich habe «It Ends With Us» gelesen, damit du nicht musst – ist die Kritik gerechtfertigt?

Colleen Hoover ist momentan eine der erfolgreichsten Autorinnen. Eins ihrer Bücher läuft jetzt sogar als Spielfilm im Kino. Doch um diesen ranken sich Kontroversen. Damit du nicht musst, habe ich das Buch gelesen.
09.08.2024, 20:13
Corina Mühle
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Triggerwarnung
Dieser Artikel behandelt häusliche Gewalt. Wenn du dieses Thema momentan nicht verträgst, darfst du jederzeit wegklicken.

Bücherläden in der Schweiz – und im Rest der westlichen Welt – werden seit einigen Jahren mit Colleen-Hoover-Büchern geflutet. Alleine 2023 verkaufte die Amerikanerin 3,4 Millionen Bücher und wurde von der «Time» als eine der 100 einflussreichsten Personen gewählt.

Während manche Leserinnen nur so von Hoovers Büchern schwärmen, hagelt es Kritik von der anderen Seite. Der Vorwurf: Hoover romantisiere in ihren Büchern Missbrauch und toxische Beziehungen.

Denn das Buch wird online, aber auch in Buchläden als Romanze beworben und richtet sich hauptsächlich an beeinflussbare junge Frauen und Jugendliche.

Blake Lively and Justin Baldoni in Nur noch ein einziges Mal - It Ends with Us (2024)
Blake Lively und Justin Baldoni in «It Ends With Us».Bild: sony pictures

Kürzlich lag «It Ends With Us» auf der Redaktion herum. Das Buch, dessen Verfilmung mit Blake Lively und Justin Baldoni in den Hauptrollen seit dieser Woche in den Schweizer Kinos läuft.

Auch wenn ich um die Colleen-Hoover-Regale in den Bücherläden normalerweise einen grossen Bogen mache, habe ich mich überwunden, nun doch ein Buch von ihr zu lesen – damit du nicht musst. Denn Spoiler: Es ist übel.

Zur Handlung

Achtung, es folgen massive Spoiler.

In «It Ends With Us» findet sich die Protagonistin Lily Blossom Bloom (ja, du hast richtig gelesen. Sie ist ausserdem Floristin) in einer Dreiecksbeziehung mit ihrer ersten grossen Liebe Atlas und einem neuen Typen namens Ryle wieder. Und Ryle hat ein Problem mit Eifersucht.

it ends with us colleen hoover
«It Ends With Us» ist 2016 erschienen und hat sich über vier Millionen Mal verkauft.Bild: atria books

Eine Konstante in Lilys Leben ist Gewalt – physisch und emotional. Als Jugendliche musste sie mit einem Vater klarkommen, der ihre Mutter regelmässig geschlagen hat. Nur um später einen Mann zu heiraten, der sie ebenfalls auf alle möglichen Arten misshandelt.

Aber lesen wir ein paar Stellen gemeinsam:

«Er hat mich so brutal von sich gestossen, dass ich gegen den Schrank geknallt bin. Ich stehe unter Schock und bin mir sicher, dass er mir ansieht, wie mir in diesem Augenblick das Herz bricht. ‹Du hast mich gestossen, Ryle. Du hast mich ... mich geschlagen.› Als ich begreife, was tatsächlich passiert ist, tut das mehr weh als die Verletzung in meinem Gesicht. ‹Es tut mir so leid, Lily.› Er vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren und drückt mich an sich. ‹Bitte hass mich deswegen nicht.›»
«It Ends With Us», Seiten 207-208

Lily verzeiht ihm. Er ist nicht wie ihr Vater. «Er ist ganz anders.»

«‹Du bist die Treppe heruntergefallen›, sagt er. ‹Du hast dich verletzt.› [...] Aber ich bin nicht gefallen. Er hat mich gestossen. Wieder. Zum zweiten Mal.»
Seite 253

Und weiter:

«‹Du bist gestürzt›, sagt er ruhig. ‹Vor etwa fünf Minuten. Kurz nachdem ich herausgefunden habe, was für eine Nutte ich geheiratet habe.›»
Seite 254

Aber Ryle hat natürlich eine Erklärung, warum er sich so verhalten hat. Und Lily versteht. «Unsere Liebe ist stark genug, um das zu überstehen.»

Erst nachdem Ryle versucht, Lily zu vergewaltigen, trennt sie sich von ihm. Doch dann erfährt sie, dass sie schwanger ist. Und entscheidet, dass sie weiterhin mit ihm wohnen möchte. Lily möchte ausserdem das Kind gemeinsam aufziehen:

«Schuldgefühle steigen in mir auf. Trotz allem, was vorgefallen ist, ist Ryle der Vater des Kindes und wird es auch immer bleiben. Er hat Rechte, ganz egal, wie ich darüber denke. Und tatsächlich möchte ich ja auch, dass er unserem Kind ein Vater ist. Ein guter Vater.»
Seite 378

Und das machen sie dann auch, Co-Parenting. Lily nennt ihre Tochter sogar nach etwas, das sie für immer an ihren Missbraucher erinnern wird.

Und Ryle? Der erkennt erst, wie sehr er Lily wehgetan hat, als diese ihn fragt, wie er reagieren würde, wenn diese Dinge ihrer Tochter widerfahren würden. Dieser Mann gehört dringend in Therapie.

Warum dieses Buch problematisch ist

Obwohl Ryle von Anfang an eingebildet und manipulativ ist, wird er als ein Mann dargestellt, der verzweifelt gut sein will, aber von inneren Dämonen gequält wird. Ein Klischee, das in der Popkultur allzu oft auf toxische Männer angewandt und romantisiert wird. Und genau das ist auf Social Media und in Reviews zu sehen: Viele junge Frauen verteidigen schwärmerisch das Verhalten von Ryle. Er sei kein schlechter Mensch, er wolle gut sein und er liebe Lily.

Anlaufstellen für Opfer von häuslicher Gewalt
Unter häuslicher Gewalt versteht man körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt innerhalb einer Familie oder in einer aktuellen oder aufgelösten Paarbeziehung.
Betroffene können sich bei den kantonalen Opferhilfestellen melden, die auf der Website der Opferhilfe Schweiz zu finden sind. Die Beratung ist kostenlos, vertraulich und anonym. Sollten sich Frauen zu Hause nicht mehr sicher fühlen, finden sie in Frauenhäusern eine sichere Unterkunft. Weitere Unterstützung bietet das Frauen-Nottelefon. Betroffene Männer können sich an die Anlaufstelle Zwüschehalt oder an das Männerbüro Zürich wenden.
Bei Straftaten im Ausland können Schweizer Staatsangehörige die Helpline des EDA kontaktieren: +41 800 24 7 365.

In einem Review heisst es etwa: «Ich ertappte mich dabei, wie ich den Missbraucher in Schutz nahm. Ich wollte nicht glauben, dass [Ryle] sich nicht ändern kann. Zum ersten Mal konnte ich verstehen, warum Frauen Ausreden für Missbrauchstäter finden. Ich kann mir nur vorstellen, wie stark diese Anziehungskraft in der Realität sein muss, wenn ich so stark für eine fiktive Figur empfinde.»

Reviews wie diese tummeln sich nur so auf Bewertungsplattformen wie Goodreads und Storygraph.

Blake Lively and Justin Baldoni in Nur noch ein einziges Mal - It Ends with Us (2024)
Auch für die Promo des Films werden nur romantische Bilder veröffentlicht.Bild: sony pictures

«It Ends With Us» hat die Möglichkeit gehabt, Frauen, die sich in solchen Situationen befinden, zu inspirieren und ihnen Mut zu machen. Doch stattdessen schlägt das Buch eine andere Richtung ein und belohnt am Ende einen Mann, der seine Frau missbrauchte.

Es ist nicht das einzige Buch von Colleen Hoover, das von Missbrauch handelt. In «November 9» fantasiert der männliche Hauptcharakter davon, körperliche Gewalt gegen die Protagonistin anzuwenden, und weigert sich, ihr ihre Autoschlüssel zu geben, damit sie sich von dieser Situation entfernen kann.

Dass Frauen das problematische Verhalten ihrer Partner ertragen müssen, zieht sich wie ein roter Faden durch Hoovers Bücher.

Natürlich ist es wichtig, über missbräuchliches Verhalten zu schreiben. Die Art und Weise, wie es geschrieben und vermarktet wird, ist allerdings ausschlaggebend. Und in «It Ends With Us» werden Missbrauch und toxisches Verhalten als Teil einer normalen romantischen Beziehung dargestellt. Ob es der Film besser hinbekommt? Wir werden sehen.

Hier kannst du den Trailer zur Verfilmung schauen:

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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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cheesy_
09.08.2024 20:47registriert Januar 2018
Sorry aber hat die Autorin das Buch nicht zu Ende gelesen?
Spoiler Warnung!!!
Das Buch heisst „it ends with us“ weil sie die Beziehung am Schluss endlich beendet und hofft so den Zyklus in ihrer Familie zu brechen.
Die Realität ist ja auch so, dass gewaltätige Partner nicht zu 100% böse sind. Meist haben sie einfach Probleme ihre Wut zu kontrollieren. Deshalb ist es ja so wichtig zu verstehen, dass eine Person noch so charmant und insgesamt gut sein kann, dass es aber trotzdem eine Linie gibt. Sobald diese überschritten wird muss man gehen. Egal ob die Person 99% der Zeit gut ist.
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Krasse Siech
09.08.2024 20:34registriert Dezember 2023
So wie "Fifty Shades of Grey" eine drittklassige Version von de Sade war, hier wahrscheinlich eine drittklassige Version von Houellebecq.
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Jody Solène
09.08.2024 20:49registriert Juni 2024
Hab bisher nur ein Buch von Colleen gelesen und das ist eines der wenigen Bücher, die mich zum Weinen gebracht haben. Diese Geschichte basiert auf ihren eigenen Erlebnissen bzw. denen ihrer Mutter.

Hab die Geschichte anders wahrgenommen, nicht als romantisiert, sondern als traurige Realität. So wie ich sie von den Opfern gehört habe, die sie erlitten haben als sie noch jung und naiv waren.
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