Bücherläden in der Schweiz – und im Rest der westlichen Welt – werden seit einigen Jahren mit Colleen-Hoover-Büchern geflutet. Alleine 2023 verkaufte die Amerikanerin 3,4 Millionen Bücher und wurde von der «Time» als eine der 100 einflussreichsten Personen gewählt.
Während manche Leserinnen nur so von Hoovers Büchern schwärmen, hagelt es Kritik von der anderen Seite. Der Vorwurf: Hoover romantisiere in ihren Büchern Missbrauch und toxische Beziehungen.
Denn das Buch wird online, aber auch in Buchläden als Romanze beworben und richtet sich hauptsächlich an beeinflussbare junge Frauen und Jugendliche.
Kürzlich lag «It Ends With Us» auf der Redaktion herum. Das Buch, dessen Verfilmung mit Blake Lively und Justin Baldoni in den Hauptrollen seit dieser Woche in den Schweizer Kinos läuft.
Auch wenn ich um die Colleen-Hoover-Regale in den Bücherläden normalerweise einen grossen Bogen mache, habe ich mich überwunden, nun doch ein Buch von ihr zu lesen – damit du nicht musst. Denn Spoiler: Es ist übel.
Achtung, es folgen massive Spoiler.
In «It Ends With Us» findet sich die Protagonistin Lily Blossom Bloom (ja, du hast richtig gelesen. Sie ist ausserdem Floristin) in einer Dreiecksbeziehung mit ihrer ersten grossen Liebe Atlas und einem neuen Typen namens Ryle wieder. Und Ryle hat ein Problem mit Eifersucht.
Eine Konstante in Lilys Leben ist Gewalt – physisch und emotional. Als Jugendliche musste sie mit einem Vater klarkommen, der ihre Mutter regelmässig geschlagen hat. Nur um später einen Mann zu heiraten, der sie ebenfalls auf alle möglichen Arten misshandelt.
Aber lesen wir ein paar Stellen gemeinsam:
Lily verzeiht ihm. Er ist nicht wie ihr Vater. «Er ist ganz anders.»
Und weiter:
Aber Ryle hat natürlich eine Erklärung, warum er sich so verhalten hat. Und Lily versteht. «Unsere Liebe ist stark genug, um das zu überstehen.»
Erst nachdem Ryle versucht, Lily zu vergewaltigen, trennt sie sich von ihm. Doch dann erfährt sie, dass sie schwanger ist. Und entscheidet, dass sie weiterhin mit ihm wohnen möchte. Lily möchte ausserdem das Kind gemeinsam aufziehen:
Und das machen sie dann auch, Co-Parenting. Lily nennt ihre Tochter sogar nach etwas, das sie für immer an ihren Missbraucher erinnern wird.
Und Ryle? Der erkennt erst, wie sehr er Lily wehgetan hat, als diese ihn fragt, wie er reagieren würde, wenn diese Dinge ihrer Tochter widerfahren würden. Dieser Mann gehört dringend in Therapie.
Obwohl Ryle von Anfang an eingebildet und manipulativ ist, wird er als ein Mann dargestellt, der verzweifelt gut sein will, aber von inneren Dämonen gequält wird. Ein Klischee, das in der Popkultur allzu oft auf toxische Männer angewandt und romantisiert wird. Und genau das ist auf Social Media und in Reviews zu sehen: Viele junge Frauen verteidigen schwärmerisch das Verhalten von Ryle. Er sei kein schlechter Mensch, er wolle gut sein und er liebe Lily.
In einem Review heisst es etwa: «Ich ertappte mich dabei, wie ich den Missbraucher in Schutz nahm. Ich wollte nicht glauben, dass [Ryle] sich nicht ändern kann. Zum ersten Mal konnte ich verstehen, warum Frauen Ausreden für Missbrauchstäter finden. Ich kann mir nur vorstellen, wie stark diese Anziehungskraft in der Realität sein muss, wenn ich so stark für eine fiktive Figur empfinde.»
Reviews wie diese tummeln sich nur so auf Bewertungsplattformen wie Goodreads und Storygraph.
«It Ends With Us» hat die Möglichkeit gehabt, Frauen, die sich in solchen Situationen befinden, zu inspirieren und ihnen Mut zu machen. Doch stattdessen schlägt das Buch eine andere Richtung ein und belohnt am Ende einen Mann, der seine Frau missbrauchte.
Es ist nicht das einzige Buch von Colleen Hoover, das von Missbrauch handelt. In «November 9» fantasiert der männliche Hauptcharakter davon, körperliche Gewalt gegen die Protagonistin anzuwenden, und weigert sich, ihr ihre Autoschlüssel zu geben, damit sie sich von dieser Situation entfernen kann.
Dass Frauen das problematische Verhalten ihrer Partner ertragen müssen, zieht sich wie ein roter Faden durch Hoovers Bücher.
Natürlich ist es wichtig, über missbräuchliches Verhalten zu schreiben. Die Art und Weise, wie es geschrieben und vermarktet wird, ist allerdings ausschlaggebend. Und in «It Ends With Us» werden Missbrauch und toxisches Verhalten als Teil einer normalen romantischen Beziehung dargestellt. Ob es der Film besser hinbekommt? Wir werden sehen.
Spoiler Warnung!!!
Das Buch heisst „it ends with us“ weil sie die Beziehung am Schluss endlich beendet und hofft so den Zyklus in ihrer Familie zu brechen.
Die Realität ist ja auch so, dass gewaltätige Partner nicht zu 100% böse sind. Meist haben sie einfach Probleme ihre Wut zu kontrollieren. Deshalb ist es ja so wichtig zu verstehen, dass eine Person noch so charmant und insgesamt gut sein kann, dass es aber trotzdem eine Linie gibt. Sobald diese überschritten wird muss man gehen. Egal ob die Person 99% der Zeit gut ist.
Hab die Geschichte anders wahrgenommen, nicht als romantisiert, sondern als traurige Realität. So wie ich sie von den Opfern gehört habe, die sie erlitten haben als sie noch jung und naiv waren.