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Alle Schwäne gehören ihm. Aber darf King Charles III. Schwan essen?

Ähm ... nochmals kurz das wegen Schwan essen (mit Bonus-Rezepten!)

Das mit dem britischen Monarchen, der als einziger im Land Schwan essen darf ... ach, es ist ein wenig kompliziert. Und ziemlich spannend.
13.09.2022, 21:2014.09.2022, 13:20
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Da wurde ich kürzlich angewiesen, per Video ein paar ganz dringende Fragen zum Tod der Queen und zur Thronbesteigung von Charles zu beantworten. Was passiert mit den Geldscheinen etwa? Den roten Briefkästen? Den Corgis? (Ja, auch Letzteres musste ich erklären, ... aber Aya vergass, den Aufnahmeknopf zu drücken. Die Corgis kommen zu Prince Andrew. Die armen Viecher.)

Video: watson/aya baalbaki

Und mitunter wurde die Frage gestellt, ob nun King Charles III. Schwan essen dürfe.
Was ich mit «ja» quittierte.
Was theoretisch stimmt.
Essen, ja. Aber eine Lizenz zum Schwäne töten im Namen seiner Majestät gibt's trotzdem nicht ... ach, ich muss ein wenig ausholen:

Vieles im Vereinigten Königreich ist in Besitz der Krone. Liegenschaften und Ländereien, etwa: Die bewohnten Paläste Buckingham Palace, St. James's Palace, Kensington Palace und Windsor Castle (die Paläste bei Balmoral und Sandringham waren im Besitz der Queen als Privatperson – ob Charles diese behalten will, ist noch nicht bekannt). Zudem insgesamt 120'000 Hektar Agrarland.

FILE - Queen Elizabeth II and Prince Philip strolled near the George IV gateway of Britain's Windsor Castle on June 2, 1959. Queen Elizabeth II's corgis were a key part of her public persona ...
«Jap, das gehört mir»: Die Queen mit Gemahl Prince Philip bei Windsor Castle, 1959.Bild: keystone

Und, ach ja, der Meeresboden um die britischen Inseln bis zu einer Entfernung von 12 nautischen Meilen (22 Kilometer) gehört ebenfalls der Krone. Die Statuten enthalten mitunter einige ziemlich archaische Gesetze. So darf der König explizit Besitzanspruch auf sämtliche Wale, Delfine oder Störe erheben, die an der britischen Küste angeschwemmt werden.

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«Finger weg! Gehört mir!» Auch dieser 2016 in Norfolk gestrandete Pottwal gehört gemäss Gesetz der britischen Krone. Bild: imago

Womit wir beim Tierreich wären: Ebenfalls der britischen Krone gehören seit dem Mittelalter «alle nicht gekennzeichneten Höckerschwäne auf offenen Gewässern». Der König hat dabei den Titel «His Majesty The King, Seigneur of the Swans» inne.

Der Bestand der wild lebenden Schwäne wird seit dem 13. Jahrhundert während des alljährlichen Swan Upping auf der Themse überwacht. Dabei werden die erwachsenen Tiere gezählt, die Jungschwäne auch gewogen. Heute dient dieser Prozess dazu, den Gesundheitszustand der Schwan-Population zu untersuchen.

Britain's Queen Elizabeth II smiles as she is being shown a orphaned cygnet at Oakley Court on the river bank during a swan upping census, the ancient ritual of her swans being counted, on the Ri ...
Ein Mal, anno 2009, besuchte die Queen höchstpersönlich das Swan Upping bei Oakley Court an der Themse. Bild: AP

Früher sollte diese Zeremonie vor allem sicherstellen, dass die Schwanpopulation nicht durch hungrige Untertanen dezimiert wurde. Denn Schwan galt tatsächlich als Delikatesse, die dem Adel vorbehalten war. Dies, notabene, obwohl Schwanfleisch eher «ölig» schmecken soll (dazu unten mehr). Das Renommee als edle Speise war einzig durch die Exklusivität gesichert. So war Schwan im Spätmittelalter und in der Renaissance oft das Herzstück königlicher Festmahle. Es wird berichtet, dass der englische König Henry III. 1251 für sein Weihnachtsbankett 125 Schwäne benötigte.

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Ein nachgestelltes Festmahl von 1566 im Museum of London.Bild: blogspot.com

Meist wurde der Vogel so präpariert, dass ihm nach dem Braten das eigene Federkleid wieder übergestülpt und der Schwan mit Draht wieder in seine natürliche Form gebracht wurde.

Küchenszene mit Schwan-Pastete - David Teniers der Jüngere 1644 Mauritshaus, Den Haag.

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«Küchenszene mit Schwan-Pastete»; David Teniers der Jüngere, 1644, Den Haag.Bild: wikicommons

Darf nun der König als Einziger im Vereinigten Königreich Schwan essen? Die Queen durfte dies noch in den Anfangsjahren ihrer Regentschaft (obwohl nicht verbrieft ist, dass sie dieses Recht je in Anspruch nahm). Doch bald einmal wurde ein Gesetz verabschiedet, das wild lebende Höckerschwäne als bedrohte Tierart einstuft und somit unter Schutz stellt.

Deshalb: Obwohl die Schwäne immer noch ihm gehören, ist es auch für den König heute illegal, diese zu töten.

Aaaaaber ... ein sonstwie verendetes Tier *dürfte* er verspeisen. Theoretisch.

schwan braten essen food mittelalter history geschichte http://foodhistorjottings.blogspot.com/2013/08/a-swan-supper-on-thames.html
1) Wildschweinkopf 2) Glühwein 3) Bowle 4) Gebratener Schwan 5) Weinbowle-Gelee 6) Lambswool (Bier/Apfel) 7. Trüffel Bild: foodhistorjottings.blogspot

Doch wie erwähnt: Das Fleisch soll sehr zäh und tranig schmecken aufgrund der natürlichen Nahrung des Tiers (für einen schmackhaften Schwan müsste dieser ein spezielles Futter erhalten). Im Übrigen stellt die natürliche Ernährung des Schwans ein Gesundheitsrisiko für den Menschen dar, da Schwäne oft in abgestandenen Gewässern mit hoher Keimbelastung leben. Charles, lass' es lieber bleiben!

BONUS: 2 Rezepte

Subtilité d'un cygne recloué dans sa peau y compris son plumage

(Schwan, in seiner Haut samt Gefieder gehüllt)
Aus: «Le Viandier de Taillevent», gemeinhin dem französischen Hofkoch Guillaume Tirel (1312–1395) zugeschrieben.

«Nehmen Sie den Schwan, blasen Sie ihn zwischen den Schultern auf, schlitzen Sie ihn entlang des Bauches auf und entfernen Sie die Haut (einschliesslich des Halses, der zwischen den Schultern eingeschnitten werden muss).
Lassen Sie die Füsse am Körper befestigt.
Auf den Spiess stecken, grillen und glasieren.
Wenn es gar ist, wird es wieder in die Haut gehüllt, wobei der Hals aufrecht über dem Servierbrett stehen soll.
Mit Sauce von gelbem Pfeffer servieren.»

To Roast a Swan

Ross Murray, Verfasser von Haushaltshandbüchern für viktorianische Hausfrauen, schrieb 1870 sein Rezept als humoristisches Gedicht:

«Man nehme drei Pfund Rindfleisch und zerstosse es in einem Mörser.
Gib' es in den Schwan hinein – das heisst, wenn du ihn gefangen hast.
Etwas Pfeffer, Salz, Muskatblüte, etwas Muskatnuss und eine Zwiebel werden den Geschmack nach Meinung eines Feinschmeckers verstärken.
Dann binde es mit einem kleinen Stück Klebeband fest zu, damit der Bratensaft und andere Dinge nicht entweichen können.
Eine Mehlpaste (ziemlich steif) sollte auf die Brust gelegt werden, und der Rest wird mit weissem Backpapier abgedeckt.
Fünfzehn Minuten mindestens den Schwan heiss braten. Ziehen Sie den Teig vom Vogel ab, damit die Brust bräunen kann.

Die Sauce:

Zu einem Rindsfond (gut und kräftig) wäre es richtig, einen halben Liter Portwein hinzuzufügen.
Giessen Sie diesen durch den Schwan – ja, ganz durch den Bauch.
Dann servieren Sie das Ganze mit etwas heissem Johannisbeergelee.»
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34 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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olmabrotwurschtmitbürli #wurstkäseszenario
13.09.2022 21:36registriert Juni 2017
Ich sags gleich...

Ich habs schon gemacht. In anderen Breitengraden

Entscheidend ist, den eine knappe Woche hängen zu lassen. Wie beim Murmeli.

Schmeckt nach Wild und wird idealerweise lange eingekocht.
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MartinZH
13.09.2022 21:47registriert Mai 2019
Viele chinesische Touristen wundern sich bei ihrem Besuch in der Schweiz jeweils, warum hier Schwäne und Enten "einfach so" frei herumschwimmen und -laufen können.

Denn: Bei ihnen zu Hause würden diese garantiert alle gejagt und gefangen werden – und natürlich im Koch-Topf landen... 🦆🙈😂

Dies ist wirklich KEIN Witz, Touristen-Guides berichten dies immer wieder.

Ich habe jedoch einmal gelesen, dass die hier freilebenden Enten nicht gut (tranig?, muffig?, "algig"?) schmecken würden – also nicht so, wie im China-Restaurant, wo spezielle Zucht-Enten (meistens aus Frankreich) verwendet werden.
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Kramer
13.09.2022 21:40registriert September 2021
Die idee, dass Jemand allein aufgrund der Abstammung alle Schwäne besitzt ist schon etwas merkwürdig!
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