Du willst am Herd zum Fleisch-Profi werden? Dann befolge diese 7 Tipps
Fleischqualität
Ein wichtiger Grundsatz beim Fleischkonsum: Kaufe die beste Qualität, die du dir zu leisten vermagst. Aus zweierlei Gründen. Einerseits wirkt sich die Haltung und Nahrung auf die Qualität des Fleisches aus. Und andererseits, geht es darum (auch wenn es zynisch klingen mag), dass das Tierwohl gewahrt wird, bis es geschlachtet wird.
Ein guter Start ist es, auf Schweizer Fleisch zu setzen. Doch auch bei einheimischen Produkten gibt es grosse Unterschiede in der Qualität der Tierhaltung. Achte auf die richtigen Labels. Am besten schneiden grundsätzlich Schweizer Bio- oder Demeter-Produkte ab. Demeter erfüllt dabei Bio-Standards, geht aber bei den Regulationen sogar noch einen Schritt weiter. Andere Labels wie Suisse Garantie bieten zwar ebenfalls Schweizer Fleisch an, haben aber Abzüge beim Tierwohl (Auslauf des Tieres, Tierwohl bei Transport oder Schlachtmethoden). Infos über Label und ihre Qualitäten, respektive Schwächen findest du auf Webseiten wie essenmitherz.ch oder labelinfo.ch.
Wichtige Storys zum Thema Tierwohl und Fleischindustrie findest du hier:
Und dann geht es noch um die Qualitätsmerkmale des jeweiligen Stücks an der Fleischtheke. Diese unterscheiden sich natürlich von Sorte zu Sorte und Stück zu Stück. Aber einige Grundsätze gibt es: Der Geruch sollte frisch und nicht süsslich-faul sein. Das Fleisch sollte eher trocken und insbesondere nicht schleimig sein und Druckstellen sollten sich zurückbilden. Allfällige Fetteinschlüsse sollten regelmässig, hell und nicht gelblich verfärbt sein. Manchmal kommt es vor, dass Fleischstücke durch Oxidation bräunlich verfärbt sind. Das sieht auf den ersten Blick unappetitlich aus, hat auf den Geschmack aber keinen Einfluss und ist nach dem Garen nicht mehr spürbar (Stichwort Dry-Age).
Kein Verschwenden
Richtiges Stück
Überlege dir vor dem Einkauf, welches Fleischstück für dein Gericht Sinn ergibt (siehe auch: Richtige Garmethode wählen). Denn es gibt Unterschiede in Preis, Qualität und Aufwand in der Küche. Ein ganzes Poulet ist grundsätzlich günstiger als zerlegte Einzelteile, Rindsschulter am Stück kostet weniger als bereits geschnittenes Voressen. Der Nachteil ist dagegen, dass der Aufwand grösser ist, wenn man selbst noch schneiden oder zerlegen muss.
Ein anderer wichtiger Punkt: Fleisch ist kostbar, darum ist es wichtig, nichts zu verschwenden. Gerade, wenn du nicht schon fertig zugeschnittene Produkte kaufst, entstehen Abschnitte. Diese, oder auch ausgelöste Knochen kannst du weiterverwenden, indem du sie in Saucen und Fonds für zusätzlichen Geschmack auskochst. Einfach wegwerfen wäre schade.
Apropos wegwerfen: Gerade in der reichen Schweiz haben wir eine Tendenz, vorwiegend Filet und Nierstück zu essen. Das ist schade. Wenn schon ein Tier getötet wird, soll es wenigstens in seiner Gesamtheit verbraucht werden. Viele Fleischstücke wie Brust, Federstück oder auch Innereien sind etwas in Vergessenheit geraten. Dabei sind auch damit schmackhafte Gerichte möglich. Interessant sind dabei sogenannte «Crowdbutchering»-Service, wo Tiere erst geschlachtet werden, wenn jedes einzelne Stück verkauft ist.
Richtige Lagerung
Fleisch und Fleischprodukte sind ein idealer Nährboden für Bakterien und andere Mikroorganismen. Damit du nichts verschwendest, ist die korrekte Lagerung umso wichtiger. Fleisch sollte stets im Kühlschrank, am besten bei 0 bis 2 Grad Celsius aufbewahrt werden (idealerweise zuunterst im Kühlschrank über dem Gemüsefach). Auch die Grösse der Oberfläche spielte eine Rolle. Zerkleinertes Fleisch (Hackfleisch, Geschnetzeltes) verdirbt schneller als ganze Fleischstücke.
Im Tiefkühler ist Fleisch länger, aber auch nicht ewig haltbar. Grund dafür ist das Fett. Fettenzyme arbeiten auch bei -18 Grad weiter und sorgen dafür, dass das Fett irgendwann ranzig werden kann.
Kalbfleisch: 9 bis 12 Monate
Schweinefleisch: 4 bis 8 Monate (je nach Fettgehalt)
Poulet: 4 bis 8 Monate
Hackfleisch: Ca. 3 Monate
Wild: 10 bis 12 Monate
Salzen und Marinieren
Richtiges Salzen oder Marinieren kann den Geschmack deines Fleisches verbessern. Bei Gerichten wie z.B. einem Sauerbraten ist es gar Teil des Garprozesses. Marinieren kann aber auch ganz simpel sein. Dafür braucht man meist nur Öl (Olivenöl oder Ähnliches), Gewürze (beispielsweise Pfeffer) und Kräuter (Thymian, Rosmarin, Oregano, Dill etc.). Optional kann man auch Alkohol (Whisky passt beispielsweise perfekt in die Marinade eines Roastbeefs) oder Säure (Essig, Zitrusfrüchte, Wein) dazugeben. Fleisch sollte im Idealfall mehrere Stunden lang mariniert werden – am besten gar im Kühlschrank über Nacht.
Über den richtigen Zeitpunkt des Salzens scheiden sich die Geister. Meine Meinung: Fleisch gehört immer vor dem eigentlichen Garprozess gesalzen. Das kann unmittelbar vorher sein, oder mehrere Stunden vorher.
Warum mehrere Stunden vorher? Wegen eines chemischen Prozesses namens Osmose. Dabei entzieht das Salz dem Fleisch Wasser in der Form von Fleischsaft. Das Salz löst sich in diesem Saft auf. Und nach mindestens einer Stunde, beginnt ein weiterer Prozess, bei dem der nun salzige Saft wieder beginnt, ins Fleischinnere vorzudringen (Diffusion). So ist es möglich, das Fleisch nicht nur äusserlich, sondern auch im Inneren zu salzen, beziehungsweise zu würzen. Auch hier ein Grundsatz: Je grösser das Fleischstück, desto früher muss es für diesen Prozess gesalzen werden.
Rechtzeitig aus dem Kühlschrank nehmen
Wenn du Fleisch garst – egal ob in der Pfanne, im Ofen oder auf dem Grill – nimm es ein gutes Stück bevor du zu kochen beginnst aus dem Kühlschrank. Denn wenn du das Fleisch kalt in die Pfanne gibst, kühlt es diese stark ab, was den Garprozess verlangsamt. Auf dem Grill hat es eine ähnliche Wirkung, es kommt zu trockenerem und zäherem Fleisch.
Ist dein Fleisch vor dem Garen auf Raumtemperatur, gart es zudem auch gleichmässig. Damit du dir zeitlich etwas vorstellen kannst: Kleinere Stücke wie Plätzchen solltest du rund 30 Minuten vor dem Garen aus dem Kühlschrank nehmen, grössere Stücke wie beispielsweise ein Roastbeef sogar rund eine Stunde.
Richtige Garmethode wählen
Welches die richtige Garmethode ist, hängt davon ab, was für ein Stück Fleisch du zubereiten möchtest. Wir unterscheiden zwischen trockenen und feuchten Garmethoden.
Trockene Garmethoden
- Sautieren: in der Pfanne, nature, in Ei oder paniert.
- Grillieren: auf dem Grill oder in der Grillpfanne.
- Braten: im Ofen, am Spiess, niedergaren.
- Poelieren: im Ofen, eine Variante des Bratens.
- Frittieren: in Fett.
Feuchte Garmethoden
- Pochieren: im Sud, nur bindegewebearme Stücke, Innereien oder Pökelwaren.
- Schmoren: zugedeckt im Ofen/auf dem Herd in Fond garen.
- Dünsten: gleiches Prinzip wie Schmoren, aber ohne Anbraten.
- Sieden: in Bouillon/Fond knapp unter dem Siedepunkt kochen.
Jetzt ist die Frage: Wofür braucht man trockene und wofür feuchte Garmethoden? Die Antwort liegt in der Anatomie des Tieres. Man unterscheidet zwischen bindegewebearmen und bindegewebereichen Stücken.
Körperteile, deren Muskeln nicht hart arbeiten mussten, sind arm an Bindegewebe. Dazu gehören alle Stücke im Rücken (Nierstück, Filet), teilweise vom oberen Teil des Hinterbeins (Huft, Nuss) oder teilweise auch der Hals. Diese Stücke sind nach der Reife bereits zart. Bei den Garmethoden ist die oberste Priorität, diese Stücke zart und saftig zu halten. Das gelingt mit trockenen Garmethoden. Bei Geflügel gelten alle Stücke als bindegewebearm.
Bindegewebereiche Stücke kommen von Körperteilen, deren Muskeln stark beansprucht wurden: Brust, Schulter, Beine oder Nacken. Da diese Stücke im Leben des Tieres hart gearbeitet haben, enthalten sie mehr Muskelfasern und Sehnen. Diese werden mit der Fleischreifung nicht zart, das passiert erst beim Garen. Grundsätzlich braucht es dafür nicht zwingend Feuchtigkeit (siehe Briskets aus dem Smoker), aber die Zugabe von Feuchtigkeit bei Garmethoden wie Schmoren und Sieden beschleunigt den Prozess. Wird zusätzlich noch erhöhter Druck verwendet (Dampfkochtopf), gehen diese Garprozesse noch schneller.
Überlege also vor dem Einkaufen rasch, welche Garmethode und somit welche Art von Fleisch dein Gericht benötigt. Der Laden kann täuschen: Saftplätzchen sind trotz des Worts Plätzchen oft von bindewegebereichen Stücken und werden durch kurzes Sautieren kaum zart. Falls du unsicher bist, lass dich einfach vom Metzger deines Vertrauens beraten.
Garstufen kennen
Wie bereits oben erwähnt, ist das Ziel bei den trockenen Garmethoden und den feineren Stücken, das Fleischstück saftig und zart zu halten. Dabei spielen auch die Garstufen eine wichtige Rolle. Unterschiedliche Fleischsorten und -Stücke sind bei unterschiedlichen Temperaturen zarter oder weniger zart.
Gewisse Fleischstücke müssen gewisse Mindesttemperaturen erreichen (Poulet immer ganz durchgebraten essen, bitte!), bei anderen ist es persönliche Präferenz.
Diese Garstufen gibt es:
- Ab 45 °C Kerntemperatur – Bezeichnung: stark blutig, bleu, rare
Eignet sich für: Rind - Ab 50 °C – Bezeichnung: blutig, saignant, medium rare
Eignet sich für: Rind, Kalbsfilet/Nierstück, Rehrücken - Ab 55 °C – Bezeichnung: rosa, à point, medium
Eignet sich für: Rind, Wild, Lamm, Ente, Schweinsfilet - Ab 61 bis 68 °C – Bezeichnung: hellrosa, légèrement rosé, medium well
Eignet sich für: Rind, Kalb, Lamm, Schwein - Ab 72 °C – Bezeichnung: durch, bien cuit, well done
Eignet sich für: Schwein, Poulet und anderes Mastgeflügel, Wurstwaren
Am einfachsten kontrollierst du die Kerntemperatur mit einem Fleischthermometer. Diese gibt es in analoger oder digitaler Form. Du musst sie jeweils am dicksten Ort des Fleisches einstecken.
Geduld und Genuss
Am Ende ist oft auch noch etwas Geduld gefragt – gerade bei den trockenen Garmethoden. Hat dein Stück Fleisch auf dem Grill oder im Ofen die gewünschte Kerntemperatur erreicht, musst du es noch ruhen lassen (oft auch abstehen genannt). Dabei nimmst du das Stück von der Hitze und lässt es ruhen – manchmal eingepackt, manchmal einfach so.
Das hat einen guten Grund: Während diesen Ruheminuten gleicht sich die Temperatur im Inneren des Fleischs an, was eine gleichmässige Garstufe zufolge hat. Zudem hat der erhitzte Fleischsaft in den äusseren Schichten etwas Zeit, abzukühlen. Dann tritt er beim Schneiden nicht sofort aus. Übrigens sollte man auch durchgebratene Stücke wie Geflügel abstehen lassen – fünf bis zehn Minuten reichen, je nach Grösse des Stücks.
Bei den tieferen Garstufen ebenfalls wichtig: Beim Abstehen zieht gerade feines Fleisch wie Rindsfilet oder Wild noch einige Grad nach. Wenn du also eine Kerntemperatur von 55 Grad erreichen möchtest, lieber schon einige Grad früher aus dem Ofen nehmen.
Und dann ist es Zeit, zu geniessen. Gerade bei Fleischstücken mit tieferer Kerntemperatur empfehle ich dir, die Teller auf mindestens die gleiche Temperatur, wie sie das Fleisch haben soll, vorzuwärmen. Sonst ist das Fleisch schnell wieder kalt und der ganze Aufwand für die Katz.
