Zur Wiedereröffnung der Clubs und Diskotheken nach einer coronabedingten Zwangspause startet Frankreich eine landesweite Kampagne zum Schutz der Partygäste vor K.-o.-Tropfen. In allen Nachtclubs und Bars werde ab Mittwoch mit orangefarbenen Postern vor der Missbrauchsmasche gewarnt und Opfern Hilfe angeboten, sagte die beigeordnete Ministerin Marlène Schiappa der Zeitung «Le Parisien». Ob man selber, eine Freundin oder ein Freund unter Drogen gesetzt worden seien, lautet die Frage auf dem Poster, das über einen QR-Code rund um die Uhr einen sofortigen und anonymen Chat mit der Polizei ermöglicht. Dafür stehen 66 speziell geschulte Beamte bereit.
Ausserdem wies die Ministerin an, dass bei allen bewusstlos in Kliniken eingelieferten Menschen eine toxikologische Untersuchung vorgenommen wird, da mögliche Spuren von K.-o.-Tropfen sich später nicht mehr nachweisen lassen. Ausserdem solle die Kleidung von Opfern systematisch gesichert und auf DNA-Spuren möglicher Täter hin untersucht werden. In welchem Umfang Fälle mit den auch als Vergewaltigungsdroge bezeichneten K.-o.-Tropfen tatsächlich zunehmen, sei schwer zu sagen, meinte Schiappa. Die Zahl der Anzeigen bilde aber möglicherweise nicht die Realität ab. «Die meisten erinnern sich nicht daran, was passiert ist und schämen sich.»
Unter dem Hashtag #BalanceTonBar (übersetzt etwa: stelle deine Bar an den Pranger) gibt es in ganz Frankreich seit dem Herbst Schilderungen Betroffener über bestimmte Clubs, in denen ihnen K.-o.-Tropfen verabreicht wurden. Vorwürfe richten sich teils auch gegen die Betreiber. Die öffentliche Aufmerksamkeit für das seit Jahren bekannte Phänomen hat dadurch enorm zugenommen.
In Paris startet parallel zur landesweiten Aktion am Mittwoch eine weitere Kampagne gegen sexuelle Belästigung und K.-o.-Tropfen, wie der Sender BFMTV berichtete. Während eines Monats werden auf den Videoschirmen von rund 50 Clubs die Slogans «Touche pas à mon drink» (Finger weg von meinem Drink) und «Corps à Corps, pas sans mon accord» (Körperkontakt nicht ohne meine Zustimmung) gezeigt. Zudem wird das Personal von Diskotheken und Clubs durch einen Verein im Umgang mit der Problematik und potenziellen Opfern geschult. (saw/sda/dpa)