Sie sind zwei der angesagtesten Hollywood-Stars und ein Traumpaar, das sich nicht nur im neusten Spider-Man-Film küsst, sondern sich auch neben der Leinwand schwer verliebt zeigt: Tom Holland und Zendaya Stoermer Coleman. Doch die beiden sind gerade etwas verstimmt. Sie habe es satt, dauernd auf den Grössenunterschied zu ihrem Freund angesprochen zu werden, schrieb die Schauspielerin und Sängerin kürzlich auf Social Media.
Nun ist es nicht so, dass Tom ein Zwerg und Zendaya eine Riesin wäre, er misst 1.73 und sie 1.78 Meter. Doch es sind fünf unübliche Zentimeter – die an jeder Gala ins Auge stechen.
Dass der Mann grösser sein sollte als seine Partnerin, ist eines der hartnäckigsten Geschlechterstereotype überhaupt – und kaum aus den Köpfen zu kriegen.
Sandra etwa ist 1.80 Meter gross, 36 Jahre alt und schreibt auf die Frage, wie gross ihr Wunschpartner sein müsste per Mail: «Ich finde kleinere Männer nicht attraktiv. Ich habe es mal mit einem versucht, aber der Grössenunterschied hat mich wirklich gestört. Da kam das Fels-in-der-Brandung-Gefühl nicht auf.»
Oder Melanie: Sie ist 1.85m gross, 20 Jahre alt, Single und erzählt am Telefon, dass sie gerne sagen würde, dass es ihr beim Daten auf die Grösse nicht ankommt. «Stimmt nur leider nicht.»
Melanie ist Mitglied im «One Eighty Up Club», einem losen Verbund von Frauen über 1.80 Meter Körpergrösse. Das Thema Partnerwahl sei bei den Treffen ein Dauerbrenner, schreibt deren Sprecherin Anna Tanner auf Anfrage. Grosse Frauen hätten es schwerer, einen Partner zu finden. «In vielen Bereichen haben wir uns von traditionellen Geschlechterrollen gelöst, aber beim Dating stecken heterosexuelle Menschen in den 1950er-Jahren fest», sagt auch Anne-Kathrin Gerstlauer, die zum «Gender Dating Gap» ein Hörbuch herausgegeben hat. «Der Mann soll grösser, erfolgreicher und dominanter sein. Von einer Beziehung auf Augenhöhe kann man nicht wirklich sprechen.»
Gemäss einer Untersuchung des Forschungsteams der Universität Groningen wünschen sich Frauen im Durchschnitt gar einen Partner, der 21 Zentimeter grösser ist als sie selbst. Und bei einer Umfrage der Online-Partnerbörse Gleichklang, wofür je 500 männliche und weibliche Mitglieder befragt wurden, gaben volle 70 Prozent der Frauen an, dass der Partner grösser sein sollte. Exakt null Prozent suchten einen kleineren Freund.
Ganz anders aber die Herren: Nur rund ein Drittel gab an, die Partnerin solle kleiner sein – und wurden diese weiter befragt, warum die Zukünftige kleiner sein sollte, gestanden sie, dass sie Angst davor hätten, von grösseren Frauen abgelehnt zu werden.
Moritz empfinde sich selbst mit seinem 1.70 nicht als besonders klein. Von grösseren Frauen lässt er aber lieber die Finger, seit er einige böse Abfuhren kassiert hat, die er auf den Grössenunterschied zurückführt. Auch auf der Dating-App Tinder werde er von Frauen häufig nach seiner Körpergrösse gefragt. Die Grösse werde als knallhartes Ausschlusskriterium benutzt. Fair findet er das nicht.
Er selbst hätte keine Mühe, zu einer Frau aufzuschauen. «Meine Männlichkeit und mein Selbstbewusstsein speist sich aus mehr als nur Zentimetern.»
Laut Umfragen sind es also eher die Frauen, die kleineren Männern keine Chancen lassen. Die von wissenschaftlicher Seite gemutmassten Gründe dafür lesen sich, als ob der Säbelzahntiger noch um die Ecke wohnen würde: Frauen fühlen sich von grossen Männchen besser beschützt.
Ausserdem steht körperliche Grösse für Gesundheit, guten Genpool und Status. Und obwohl evolutionsbiologische Theorien immer mit Vorsicht zu geniessen sind, gibt es ein spannendes Detail in einer polnischen Psychologiestudie aus dem Jahr 2015, die diesen Fragen nachgegangen ist. Die Forschenden stellten fest, dass je dominanter sich die Frauen selber einschätzten, desto kleiner war der von ihnen präferierte Grössenunterschied – und umgekehrt.
Bei Zendaya Stoermer Coleman und Tom Holland dürfte auch die Prägung eine Rolle spielen. Zendaya erzählte in Interviews gerne, dass ihre Mutter auch grösser sei als ihr Vater. «Für mich fühlt sich das völlig natürlich an.»
Melanie bringt im Gespräch einen anderen Punkt ins Spiel: «Es macht etwas mit meiner Weiblichkeit, wenn ich grösser bin als er. Ich fühle mich weniger als Frau, wenn ich körperlich dominanter erscheine und damit auch weniger attraktiv.» Die 20-Jährige gibt aber zu, dass sie sich neben kleineren Männer, die mit sich im Reinen seien «und meine Grösse meist auch nicht ansprechen», wohlfühle.
Unschön auch, wenn das männliche Gegenüber behauptet, grösser zu sein, obwohl für jeden sichtbar ist, dass dem nicht so ist. Die (männlichen) Schummeleien bei der Körpergrösse gehen so weit, dass manch grossen Frauen die Lust aufs Online-Dating gehörig vergangen ist, so auch bei Sandra: «Ich hatte vor jedem ersten Treffen richtig Angst, dass der Mann viel kleiner ist, als er angegeben hat, und es dann für beide peinlich wird.»
Die 37-jährige Anna aus Bern hat beim Online-Dating eine gegenteilige Erfahrung gemacht. Obwohl sie «nur» 1.78 Meter gross sei, schrecke das die Männer scheinbar richtig ab. «Ich bekam viel weniger Anfragen als kleinere Freundinnen von mir und ich sehe jetzt nicht schlechter aus als die.» Als sie sich in ihrem Profil versuchsweise um einige Zentimeter kleiner gemacht habe, seien plötzlich deutlich mehr Männer interessiert gewesen. Anna ist darum überzeugt, dass es sehr wohl auch die Männer sind, die bei der Partnerwahl kleinere Frauen bevorzugen und grössere Frauen auslassen. Ihr selbst sei das so weit egal, allerdings hatte sie noch nie einen kleineren Freund.
Ganz anders Monika: Die 57-jährige Schaffhauserin ist zum zweiten Mal mit einem kleineren Mann verheiratet. Kurz sei ihr Ehemann mit seinen 1.80 Meter eigentlich nicht, lacht sie am Telefon. Aber sie überrage ihn trotzdem um gut vier Zentimeter. Ein Thema sei das zwischen ihnen beiden nie gewesen. Sie halte es da wie Sophia Loren, die einst gesagt habe: «Eine Frau, die wirklich verliebt ist, blickt auch dann zu Ihrem Mann auf, wenn er kleiner ist.»
Dumme Sprüche von ihrem Umfeld habe sie sich nie anhören müssen «oder vielleicht nur ganz am Anfang». «Mein Mann findet es schön, dass ich so eine grosse Frau bin, neben ihm muss ich mich nie klein machen.» Einzig beim Hochzeitsfoto hätten sie etwas getrickst, damit der Grössenunterschied nicht zu sehen war.
Dass die Bilder, wie ein perfektes heterosexuelles Paar auszusehen hat, in unserem Kopf so stark sind, daran ist Hollywood mitschuldig. Kleinere Schauspieler wie etwa Tom Cruise standen früher bei Kussszenen auf Hocker, damit sie gleich gross wirken wie ihre Filmpartnerinnen. Im neuen Spider-Man-Film hingegen sieht man, dass Peter, der Superheld, kleiner ist als seine Freundin M.J.
Dass das Leben sowieso kein Wunschkonzert ist, zeigt auch ein interessantes Detail einer polnischen Studie. Die präferierten Körpergrössen für ihre Partner hatten wenig zu tun mit den tatsächlichen Zentimetern ihrer Freunde und Ehemänner – die waren oft sehr viel kleiner. Will heissen, für einmal ist der Gendergap in den Köpfen grösser als in der Realität. Oder die Liebe dann doch grösser als die Angst vor dem Grössenunterschied. (bzbasel.ch)
Es ist nicht nur auffallend beim Dating das die Frauen grössere Männer bevorzugen, ich bemerke immer das je kleiner die Frau selbst ist umso grösser ist der Wunsch nach einen grossen Mann. Oft steht da „ich 1.62m, du mindestens 1.80“ habe mir teilweise auch scho gedacht ob ich wegen 2 cm Schummeln soll, aber es denn gelassen.
Auch heute erwartet das der Mann den ersten Schritt macht, dies hat sich auch in Zeiten von Onlinedating nicht geändert.