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Erste Studie zur Pille für den Mann zeigt gute Verträglichkeit

Die Pille für den Mann könnte bald Wirklichkeit werden.
Die Pille für den Mann könnte bald Wirklichkeit werden.Bild: Shutterstock

Erste Studie zur Pille für den Mann zeigt gute Verträglichkeit

YCT-529 klingt wie die Seriennummer eines Satelliten, könnte aber das Fundament für eine neue Ära der Verhütung legen: eine hormonfreie Pille für den Mann. Die erste Studie zeigt: sicher, verträglich, vielversprechend.
28.07.2025, 15:1928.07.2025, 15:19
Sven Fröhlich / watson.de
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Seit 1960 gibt es die Pille – für Frauen. Seitdem sind über sechzig Jahre vergangen, in denen der männliche Beitrag zur Verhütung zuverlässig ausblieb. Ein Mann kann Kinder zeugen oder sich sterilisieren lassen. Dazwischen liegt ein Abgrund der Möglichkeitenlosigkeit, der weniger mit medizinischen Hürden als mit der Bequemlichkeit des Patriarchats zu tun hat. Die Nebenwirkungen, die Frauen seit Jahrzehnten still in Kauf nehmen, galten Männern meist als unzumutbar. Auch, weil es kaum Interesse gab, das zu ändern.

Jetzt aber hat sich etwas bewegt: Eine neue Substanz namens YCT-529, entwickelt ohne Hormone, getestet ohne Zwischenfälle. Eine Verhütungspille, die weder die Hormone ruiniert noch die Libido, ist erstmals in einer klinischen Studie an Männern getestet worden. Mit erfreulich unspektakulären Ergebnissen.

Pille für den Mann: Meilenstein durch Studie erreicht

Die zugrunde liegende Studie, veröffentlicht im Fachjournal «Communications Medicine», gilt als Meilenstein: Erstmals wurde ein nicht-hormoneller oraler Verhütungswirkstoff bei Männern im Rahmen einer klinischen Phase-1a-Studie untersucht.

YCT-529 blockiert in den Hoden gezielt einen Vitamin-A-Metaboliten und verhindert damit die genetische Aktivierung der Spermienproduktion. Anders als hormonbasierte Ansätze beeinflusst dieser Mechanismus weder Testosteron noch den Sexualtrieb oder die Stimmung.

«Wir brauchen dringend mehr reversible Verhütungsmethoden für Männer», sagt Stephanie Page, Endokrinologin an der University of Washington, gegenüber dem Wissenschaftsmagazin «Scientific American». Page war nicht an der Studie beteiligt, forscht aber seit mehr als zwanzig Jahren auf dem Gebiet der männlichen Empfängnisverhütung.

An der Studie nahmen 16 gesunde Männer zwischen 32 und 59 Jahren teil – alle zuvor sterilisiert, um jede Gefahr einer dauerhaften Fertilitätsbeeinträchtigung auszuschliessen. Getestet wurden Einzeldosen zwischen 10 und 180 Milligramm; nüchtern und später auch in Kombination mit einer fettreichen Mahlzeit.

Männerpille: Nachfolgestudie bereits in Planung

Nadja Mannowetz, Co-Gründerin und wissenschaftliche Leiterin von YourChoice Therapeutics, dem Entwickler von YCT-529, sagt: «Wir sahen eine gute und schnelle Bioverfügbarkeit.»

Im Schnitt dauerte es zwei bis drei Tage, bis sich der Wirkstoffspiegel im Blut halbierte. Das spricht für eine tägliche Einnahme, sobald sich auch die Wirksamkeit in weiteren Studien bestätigt. Bis dahin bleibt YCT-529 ein Versprechen.

Immerhin: «Wir haben keine Nebenwirkungen festgestellt, die dem Medikament direkt zugeordnet werden konnten», sagt Mannowetz. Auch keine Veränderungen bei Sexualhormonen, Libido oder psychischem Befinden – Punkte, an denen hormonelle Ansätze oft scheitern. «Es wäre übertrieben, bereits umfassende Aussagen zu Nebenwirkungen zu treffen», sagt Stephanie Page, «aber der Start ist vielversprechend.»

Eine Nachfolgestudie, in der Männer die Pille über 28 beziehungsweise 90 Tage hinweg einnehmen, ist bereits in Vorbereitung. Ziel ist es, die tatsächliche Wirkung auf die Spermienzahl zu überprüfen. Sollte das gelingen, könnte sich die Lücke im Verhütungsschrank bald schliessen. Zumindest ein kleines Stück.

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50 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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CrispMüesli
28.07.2025 16:48registriert Dezember 2016
Das ist eine fantastische Entwicklung finde ich. Hormonbasierte Verhütung ist eben nicht für alle verträglich. Meine Frau bspw. hat es nicht gut vertragen und wir waren uns einig, dass wir lieber anders verhüten.

Ich kann nicht ihrem Körper allein die Verhütung anmuten, vor allem wenn es nicht gut verträglich ist. Das wäre m.E. einfach unfair.

Sie würde es mir genauso nicht anmuten wollen.

Sollte es aber möglich sein, eine langzeit-geprüfte und reversible, hormonfreie Pille für den Mann zu entwickeln, könnte das doch eine wunderbare Lösung sein.
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Das mittlere Raider
28.07.2025 17:07registriert September 2021
Verstehe ich das richtig, dass das eigentliche Ziel, also die Reduzierung der aktivierten Spermien auf Null, noch gar nicht erfolgreich getestet wurde?
Es ging dem Artikel nach nur um die Verträglichkeit und die Verfügbarkeit des Wirkstoffs im Körper.
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