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Instagram: 5 Beispiele, wie Menschen für Likes die Natur zerstören

5 traurige Beispiele, wie Menschen für Likes die Natur zerstören

17.06.2019, 20:0618.06.2019, 13:45
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Die Währung des Internets sind Likes. Sei es der Influencer, der tausende von Herzchen für ein Foto bekommt oder der Nachbar XY, welcher ein paar Likes seiner Freunde und Familie erhält – wir alle wollen Anerkennung.

Wie weit dies geht, zeigen Plattformen wie Instagram oder Facebook. Für das perfekte Selfie, das schönste Panoramafoto oder das krasseste Video machen Menschen einiges. Oft leidet darunter die Landschaft, auch wenn es nicht in jedem Fall in böser Absicht geschieht. Für die Natur ist das allerdings nur ein kleiner Trost, denn diese wird immer mehr auf unwiederbringliche Weise zerstört. Fünf Beispiele.

Die Mohnblumenfelder von Kalifornien

Wenn man etwas über Kalifornien weiss, dann dass der Bundesstaat eine der trockeneren Regionen der USA ist. Vor allem zwischen 2011 und 2017 hatte Kalifornien unter einer aussergewöhnlichen Dürrephase zu leiden. Umso erfreulicher war es für die Natur, als es im Frühling ausserordentlich viel regnete.

epa07424014 Poppy fields are blooming on the slops of Walker Canyon near Lake Elsinore, California, USA, 08 March 2019. The heavy rains in California have boosted the growth of wild desert flowers, an ...
Bild: EPA/EPA

Das Ergebnis war, dass vormals braune Landschaften sich in farbige Blumenwelten verwandelten. Ein besonderes Spektakel boten die Hügel in der Nähe der Stadt Lake Elsinor: Diese waren, so weit das Auge reichte, von orangen Mohnblumen bedeckt. Ein Ereignis, welches schon seit über einem Jahrzehnt nicht mehr vorgekommen war.

Schnell wurden Touristen und speziell Instagrammer auf die orange Pracht aufmerksam und stürmten die Hügel für das perfekte Selfie. Dabei blieben die Leute keineswegs auf den vorgegebenen Pfaden, sondern trampelten ohne Rücksicht mitten durch die Blumenfelder.

epa07424021 Girls take 'fashion' pictures of each other in the middle of a poppy fields on a slop of Walker Canyon near Lake Elsinore, California, USA, 08 March 2019. The heavy rains in Cali ...
Bild: EPA/EPA

Doch die Blumen wurden nicht nur niedergetrampelt, sondern auch durch Leute plattgedrückt, die sich für ein Foto mitten in die Blütenpracht legten. Andere wiederum rissen die Pflanzen teilweise samt den Stilen für ein Foto aus.

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Bild: reddit

Der Höhepunkt des Andrangs dürfte wohl ein Helikopter gewesen sein, der mitten in einem der flacheren Blumenfelder landete, damit seine Passagiere die Landschaft ungestört ablichten konnten. Als die Polizei kam, stiegen die Leute wieder in den Helikopter und flogen davon.

Der gleiche Ort kurz nach dem Aufblühen und etwa drei Wochen später.

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Bild: Imgur

Graffitis in Nationalparks

2014 sorgten Bilder von verschiedenen Wanderbloggern in den ganzen USA für Schlagzeilen. Sie alle hatten unabhängig voneinander in verschiedenen Nationalparks Graffitis auf Steinen und Felswänden entdeckt.

Herauszufinden, wer hinter den Motiven, die alle mit dem Namen Creepytings versehen waren, steckte, war nicht sehr schwer. Creepytings, eine junge Frau, outete sich mit ihren Werken gleich selbst auf Instagram und Facebook, wo sie ihre Arbeit stolz präsentierte. Als in einem Wandermagazin ein Artikel erschien, der ihre Arbeit kritisierte, reagierte Creepytings lapidar:

«Sorry, ich bin eben Künstlerin.»

Das Fatale an den Graffitis war, dass sie nicht mit wasserlöslichen Farben angebracht worden waren. Dies geht aus der Kommentarspalte eines inzwischen gelöschten Facebook-Posts von Creepytings hervor. Auf die Frage eines Users, ob es sich um Kreide handle, antwortete die junge Frau mit «Acryl».

Creepytings bereute ihre Tat anscheinend nicht.
Creepytings bereute ihre Tat anscheinend nicht.Bild: modernhiker

2016 wurde schliesslich die wahre Identität von Creepytings bekannt, nachdem aufgebrachte Blogger eine regelrechte Online-Jagd auf die junge Frau eröffnet hatten. Es handelte sich um die damals 23-jährige Casey Nocket aus San Diego.

Für ihren Vandalismus wurde sie anschliessend zur Rechenschaft gezogen. Nebst zwei Jahren auf Bewährung musste sie 200 Sozialstunden leisten und bekam in zehn Nationalparks ein einjähriges Zutrittsverbot.

Der Waldbrand der Felsenschlucht Columbia River Gorge

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Bild: Wikipedia

2017 hatten die US-Bundesstaaten Oregon und Washington mit einem Waldbrand zu kämpfen, der riesige Ausmasse annahm. In der Zeit vom 2. September bis 30. November wurden fast 200 Quadratkilometer Wald zerstört.

Zum Vergleich: Die Städte Zürich, Luzern, St.Gallen, Genf und Basel kommen in etwa auf die gleiche Fläche.

Obwohl der Brand Ende November als vollständig eingedämmt galt, wurden noch im Mai 2018 glühende Stellen gefunden.

Wegen des Feuers mussten mehrere Strassen, darunter ein Highway, mehrere Monate gesperrt werden. Nach dem Brand war es nötig, entlang der Strassen rund 9000 Bäume zu fällen, die drohten, auf die Fahrbahn zu kippen. Ausserdem mussten mehrere hundert Meter an Hängen durch Gitter gesichert werden, weil der natürliche Halt nicht mehr gewährleistet war.

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Bild: Imgur

Ausgelöst hatte den Waldbrand ein damals 15-jähriger Junge, der mit seinen Kollegen unterwegs war. Obwohl wegen der Trockenheit ein absolutes Feuerverbot galt, warf der Teenager brennende Feuerwerkskörper in eine Schlucht. Dabei liess er sich von seinen Freunden filmen, was später auch zu seiner Überführung beitrug.

Obwohl der 15-Jährige nicht in böser Absicht gehandelt haben dürfte, wurde er für seine Tat hart bestraft. Er wurde zu fünf Jahren auf Bewährung und 1920 Stunden gemeinnütziger Arbeit beim Forstdienst verurteilt. Ausserdem wurden ihm Reparationszahlungen von 32 Millionen US-Dollar auferlegt. Da das Gericht anerkannte, dass er dies nie wird zurückzahlen können, wurde ein Zahlungsplan ausgearbeitet, der nach zehn Jahren beendet wird – wenn er bis dahin straffrei bleibt.

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Bild: Wikipedia

Als letzter Teil seiner Strafe musste der Teenager über 150 Entschuldigungsbriefe schreiben. Zum einen an 152 Leute, die beim Wandern vom Feuer überrascht und eingeschlossen wurden, zum anderen an Organisationen wie die Feuerwehr, Forstservice oder die Eisenbahngesellschaft.

Die «Zombie-Apokalypse» im Sonnenblumenfeld

Sonnenblumenfeld bei Andelfingen (ZH) aufgenommen am Dienstag, 11. Juli 2017. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Symbolbild.Bild: KEYSTONE

In Kanada erlebte eine Farmerfamilie, was geschieht, wenn Menschen das perfekte Natur-Selfie wollen. Die Betreiber des Hofes stellten wie jedes Jahr ihr Sonnenblumenfeld für Fotos zur Verfügung. Für 7.50 Dollar bekamen Fotografen eine schöne Kulisse, während die Familie ihr Einkommen etwas aufbessern konnte.

2018 fand auch die Influencerin Karen Ip das Sonnenblumenfeld und kurze Zeit später durften ihre 1,3 Millionen Follower das Foto, welches dort entstand, bestaunen. Was danach geschah, bezeichnete der Sohn der Familie in der Tageszeitung «The Globe and Mail» als eine Art Zombie-Apokalypse. Aus den wenigen hundert Besuchern pro Woche wurden mehrere Tausend – pro Tag.

Alleine an einem einzigen Samstag zählte die örtliche Polizei 7000 Fahrzeuge, die mangels Parkplätzen kilometerweit abgestellt wurden und den Ort verstopften. Kurz darauf musste der Farmer das Feld auf Geheiss der Polizei für Besucher schliessen.

Abgehalten hat das aber keineswegs alle Leute. Wie die Familie berichtet, hätten Personen die Absperrungen überwunden oder hätten über andere Bereiche des Grundstücks versucht, auf das Feld zu gelangen. Es soll noch mehrere Tage gedauert haben, bis der Ansturm endlich nachliess.

Was der Farmerfamilie blieb, war ein Feld, in dem fast alle Sonnenblumen beschädigt worden waren und die Leute überall ihren Abfall liegen gelassen hatten. Für 2019 stellte die Familie auf ihrer Website klar, dass es keine Möglichkeit mehr geben werde, das Sonnenblumenfeld zu fotografieren.

Der Strand aus «The Beach»

epa07560130 (FILE) - Tourists bask in sunlight on Ko Phi Phi Le Island, Krabi Province, Thailand, 07 December 2005 (reissued 10 May 2019). According to Thailand's National Parks Department (NPD)  ...
2005 war der Strand noch eher spärlich bevölkert.Bild: EPA/EPA

Im Jahr 2000 machte der Film «The Beach», mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle, einen kleinen Strand in Thailand schlagartig weltweit bekannt. Immer mehr Touristen strömten zum kleinen Strand auf der Insel Ko Phi Phi Leh.

Mit der Verbreitung der sozialen Medien stieg auch der Touristenstrom an, und schliesslich wurde der Strand zu einem regelrechten Pilgerort für einen tropischen Schnappschuss. Teilweise sollen sich täglich bis zu 5000 Touristen an dem nur 250 Meter langen und 15 Meter breiten Strand gedrängelt haben.

In this March 4, 2017, photo, tourists enjoy the popular Maya bay on Phi Phi island, Krabi province. Authorities have ordered the temporary closing of the beach made famous by the Leonardo DiCaprio mo ...
2017: Dutzende Boote legen jeden Tag in der Bucht an, um Touristen hinzubringen.Bild: AP/AP

Durch den Massentourismus wurde ein grosser Teil der Pflanzen- und Tierwelt der Buch zerstört. Laut der Nationalparkverwaltung sollen bis heute etwa 90 Prozent der Korallen zerstört worden sein. Auch Haie, welche die geschützte Bucht für die Geburt ihres Nachwuchses benötigen, verschwanden nach und nach.

Im Sommer 2018 wurde der Strand schliesslich von den thailändischen Behörden für Touristen geschlossen. Die damalige Sperrfrist von einem Monat wurde laufend verlängert, bis Anfang Mai 2019 schliesslich entschieden wurde, den Strand für zwei Jahre dicht zu machen.

Diese Entscheidung zeigt bereits erste Auswirkungen. Laut Meeresbiologen kehren erste Schwarzspitzen-Riffhaie in die Bucht zurück. Trotz dieser positiven Meldung bleibt der Schaden gross – die Korallenbestände in der Bucht werden Jahrzehnte brauchen, um sich zu erholen.

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36 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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domin272
17.06.2019 20:28registriert Juli 2016
Ein Mensch allein ist vernünftig. Ein Haufen Menschen, von ihrer Angst zu kurz zu kommen getrieben ist bestenfalls eine Horde Barbaren...
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grandvlad
17.06.2019 20:23registriert Januar 2014
Tja Selbstsucht zerstört alles. Mehr Biounterricht und weniger IT 😋
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Toerpe Zwerg
17.06.2019 20:24registriert Februar 2014
Lemminge ...
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