Das scheppernde Geräusch von Gewichtsplatten ist zu hören. Laute Musik spielt im Hintergrund und der Raum ist in luxuriösem Violett beleuchtet. Das Fitnessstudio ist gut besucht. Muskelpakete, wohin man nur schaut. Eine junge Frau, lange schwarze Haare, Sport Leggings und ein weisses Shirt. Sie wärmt sich gerade am Crosstrainer auf.
Das ist Corina, Fitnesstrainerin und leidenschaftliche Bodybuilderin. Mit dem klaren Ziel, an einem Bodybuilding-Wettkampf teilzunehmen, hat sie ihre ersten Erfahrungen mit Steroiden gesammelt.
«Ich habe es aus dem optischen und sportlichen Hintergrund gemacht», sagt sie leicht ausser Atem. Eine schwierige Vergangenheit und ein tiefes Selbstwertgefühl waren Gründe, weshalb die heute 21-Jährige sich für die Nutzung von Steroiden entschied. Ihr Ziel, auf einer Wettkampfbühne zu stehen und ihr Bestes zu geben, ist ihr heute weitaus wichtiger als die Meinung anderer Leute.
«Für mich war einfach klar, dass ich diesen Weg gehen will. Ich nehme diese Unterstützung, um mehr aus mir rauszuholen», sagt sie entschlossen. Das Hobby gab ihr eine Stütze in schmerzlichen Zeiten. Es entstand eine Leidenschaft zum Bodybuilding. «Ich habe alles in den Sport reingesteckt», sagt sie voller Überzeugung, während sie sich für die nächste Übung bereit macht.
Heute trainiert sie den Rücken. «Latzüge» steht auf ihrem Trainingsplan. Sie setzt sich auf eine Bank, sodass ihre Oberschenkel sich unter einem Polster befinden. Sie atmet tief ein, packt das Griffstück fest mit den Händen und zieht es langsam runter zur Brust. Das Gewicht lässt sie geführt nach oben und atmet wieder aus. Diesen Vorgang wiederholt sie von Neuem. 15-20 Wiederholungen und vier Sätze führt sie für jede Übung aus.
«Die Steroide machen dich euphorisch», erklärt sie, nachdem sie ihren Satz beendet. Das Fett verbrennt und die Muskulatur wächst in deutlich kürzerer Zeit. Ihre Kraftwerte sind um das Doppelte angestiegen. Ihr Gewicht stieg von 54 auf 70 Kilogramm an. Reine Muskelmasse versteht sich.
Dies erreichte sie nur in Kombination mit ihrem intensiven Training und einer proteinreichen Ernährung. «Es ist wahnsinnig, was man für Kräfte entwickeln kann», sagt sie mit Freude.
Nach 4 Sätzen geht es weiter zum Rudern am Kabelzug. Sie nimmt eine aufrechte Sitzposition ein. Das Griffstück, welches über einem Seil an einem zwei Meter hohen Turm befestigt ist, zieht sie nun horizontal gegen ihren Bauch. Mit jeder Ausführung holt sie nach mehr Luft. Die Wiederholungen werden immer langsamer. Sie schliesst fest ihre Augen und beisst sich durch. Die Gewichte lässt sie mit einem lauten Knall aufeinander fallen und beendet den Satz.
«Fühl mal hier», weist sie mich lächelnd mit einer stolzen und zugleich erwartungsvollen Haltung an. Eine harte Wölbung, die sich wie ein Stein anfühlt, formt ihren unteren Arm. Sie bevorzugt es, auf die klassische Weise ohne Sportausrüstung zu trainieren, wodurch sie aufgrund der vielen Zugübungen in ihrem Trainingsprogramm starke Unterarme aufgebaut hat.
«Das einzige Problem, das ich hatte, war die Vermännlichung», führt Corina aus. Sie benutzte einige Monate lang ein Steroid namens Boldenon, bei welchem sie mit starken Nebenwirkungen zu kämpfen hatte. «Ich hatte wesentlich mehr Haarwuchs, sowohl am Körper als auch im Gesicht», sagt sie unbefangen.
Eine stark veränderte Stimme und extreme Schweissausbrüche waren weitere Gründe, wieso sie dieses Steroid wieder absetzte. Aktuell benutzt sie ein Stimulans namens Oxandrolon, das ausser einem erhöhten Flüssigkeitsverlust keine weiteren besonderen Nebenwirkungen verursacht.
Boldenon ist ein Steroid, das primär in der Veterinärmedizin am häufigsten bei Rennpferden eingesetzt wird. Heute ist diese Substanz aber zu einem Favoriten von Kraftsportlern und Bodybuildern herangewachsen. Kraftzuwächse, eine bessere Durchblutung des Körpers, sowie ein erhöhter Appetit machen den Wirkstoff so attraktiv für viele Sportler.
Oxandrolon wird zur Behandlung von HIV-Patienten angewendet. Dieses Stimulans ist bei Frauen beliebt, da der Körper sehr milde darauf reagiert. Bodybuilder benutzen es, um ihre Muskulatur in einer Diät nicht zu verlieren.
Corina weiss aus persönlicher Erfahrung, dass Dopingmittel unter Kraftsportlern und Bodybuildern weit verbreitet sind. «Heutzutage wird man als Naturalathlet nicht mehr ernstgenommen. Wenn du im Sport wettkampftechnisch weiterkommen willst, geht es nicht mehr ohne diese Präparate.»
US-amerikanischen Studien zufolge überschreitet der Steroidgebrauch im professionellen Bodybuilding 80 Prozent. Gemäss Berichten von professionellen Bodybuildern liegt der Wert bei zirka 99 Prozent.
Ein Blick in Online-Bodybuildingforen zeigt, dass offen über die Verwendung solcher Substanzen geschrieben wird. Forumsteilnehmer kommentieren mit: «Five years on», oder: «Everybody does it». Was aber viele dabei verschweigen, ist, dass 94 Prozent der Substanzen hochgefährlich für die Leber sind, so eine Studie aus Deutschland.
«Es muss überlegt sein. Du musst wissen, was du dafür in Kauf nimmst. Man muss sich informieren und nicht einfach irgendetwas ausprobieren», äussert sie in einem ernsteren Ton. Bevor sich Corina entschied Steroide zu benutzen, informierte sie sich gründlich.
Durch Bücher, Internetrecherche und Austausch mit erfahrenen Athleten in ihrem Umfeld hat sie sich ihr Wissen angeeignet und daraus ihre Schlüsse gezogen. Zudem hat sie Rücksprache mit ihrem Frauenarzt bezüglich der Einnahme der Substanzen gehalten und Bluttests durchgeführt.
«Ich hätte es nie gemacht, wenn ich mit mir selbst nicht im Reinen gewesen wäre.» Für Corina ist die psychische Gesundheit und Belastbarkeit ein wichtiger Aspekt beim Gebrauch von Steroiden. Die Handhabung muss gekonnt sein, damit ein sicherer Gebrauch gewährleistet werden kann.
«Wenn ich merke, dass ich mich dadurch zum Negativen verändere, dann würde ich auch sofort aufhören», beteuert Corina und trinkt aus ihrer Wasserflasche.
«Reverse Flys» will sie als Nächstes machen. Sie setzt sich auf eine Bank, die Arme sind ausgestreckt je an einem Griff platziert. Sie stösst nun das Gewicht in einer halbkreisförmigen Bewegung nach hinten. «Diese Übung trainiert die hinteren Schultern», sagt Corina während der Ausführung. Ihr Training schliesst sie mit dem «Rückenstrecker» ab. Hier drückt sie mit dem Rücken gegen ein Gewicht auf einer Bank. «Das ist der Nachteil, wenn man einen muskulösen Rücken hat. Der versteift sich andauernd», sagt sie lachend und streckt ihren Nacken.
Draussen ist es bereits dunkel und die ersten Besucher verlassen das Fitnessstudio. Ihr Training dauerte zwei Stunden und ein Ausdauertraining steht noch bevor. Trotzdem ist ihr kein Anzeichen von Müdigkeit anzusehen, obwohl sie davor eine Arbeitsschicht hatte.
Dieses Training zieht sie sechs Mal die Woche durch und behält stets ein Lächeln im Gesicht. «Steroide sind nicht zu unterschätzen», mahnt Corina zum Schluss. «Wenn es nur darum geht, breiter und krasser zu sein und man die Leidenschaft zum Sport nicht hat, dann sollte man es mit Sicherheit sein lassen.»