Klar, der Mensch ist vielen anderen Tieren aufgrund seiner genetischen Veranlagung überlegen – oder glaubt zumindest, dies zu sein. Doch diese genetische Raffinesse führt auch dazu, dass wir manchmal den Bezug zur Natur verlieren. Blicken wir deshalb mal wieder zu den Tieren. Vielleicht kann man ja etwas lernen.
Natürlich gibt es viele Tier-Eltern, deren Verhalten für uns nicht direkt vorbildlich ist. So wäre es gelinde gesagt suboptimal, sich an Löwen oder Bären zu orientieren, die Jungtiere aus Paranoia töten. Ebenso ist es schwierig, sich an den Seepferdchen zu orientieren, bei denen das Männchen den Nachwuchs gebärt.
Dennoch gibt es einige interessante Modelle, die in der Tierwelt Erfolg versprechen. Und vielleicht kann man auch was draus lernen. Vielleicht hat man aber auch einfach etwas dazugelernt.
Während die matriarchalischen Strukturen der Elefanten vielleicht nicht die Idealvorstellung elterlicher Fürsorge sind, warten sie nichtsdestotrotz mit einem vorbildlichen Kniff in der Kinderbetreuung auf.
Elefantenherden haben bekanntlich eine sehr komplexe Sozialstruktur, die in Form von Babysitting Müttern zugute kommt. Vor allem jüngere Elefantenkühe drängen sich als Babysitter auf. Dies hat gleich mehrere positive Auswirkungen.
Zum einen profitieren die Mütter, die durch die «Ruhepausen» entlastet werden. Zudem können sie durch die Entlastung länger und konstanter Milch produzieren, was den Kälbern zugute kommt. Aber auch die adoleszenten Babysitter profitieren, indem sie Erfahrungen sammeln, was ihnen zugute kommt, wenn sie selber Mütter werden.
Erdbeerfröschchen leben in den Tropen und den Subtropen. Dass es sie als Art überhaupt noch gibt, ist alleiniger Verdienst intensiver Elternarbeit. Und diese übersteigert in Sachen Aufwand so einiges, was andere fürsorgliche Eltern im Tierreich zu leisten haben. Aber der Reihe nach.
Zuerst legt die Mutter die Eier auf den Boden des Regenwalds. Damit diese wohl umsorgt sind und schlüpfen können, müssen sie feucht gehalten werden, was durch regelmässiges, väterliches Urinieren über die Eier sichergestellt wird. Sind die Kaulquappen geschlüpft, geht die Büez erst los.
Werden sie nämlich im selben Rinnsal gelassen, essen sie sich gegenseitig auf. Deshalb trägt die Mutter sie einzeln auf ihrem Rücken in separate Frischwasser-Pools auf Bäumen, damit sie geschützt vor Räubern (und ihren Geschwistern) sind. Ist dies vollbracht, muss die Mutter kontinuierlich jede Kaulquappe einzeln beäugen und mit Nahrung versorgen, während der Vater durchs Revier streift, um die Familie vor Feinden zu schützen.
Rotfuchsrüden gelten gemeinhin als gute Väter. Sie können in freier Wildbahn oft beim Spielen mit den Jungfüchsen beobachtet werden. Bevor es jedoch so weit ist, sind sie die klassischen Nahrungsbeschaffer (die Welpen kriegen bereits zwischen der dritten und der vierten Woche feste Nahrung vorgesetzt), während die Fähe mit dem Umsorgen und Säugen der Jungtiere beschäftigt ist. So weit, so konservativ.
Der eigentliche Clou des fuchsigen Vaterseins kommt hingegen erst nach gut drei Monaten zum Vorschein. Die Welpen wollen den Fuchsbau verlassen und schliessen sich dem Rüden auf Erkundungstouren an. Jagen können sie derweil aber noch nicht. Und lernen dies auf die harte Tour.
Der Vater bringt schlicht keine Nahrung mehr nachhause für die Kleinen, was diese dazu animiert, das Beobachtete selbst auszuprobieren. Anders als bei manchen Greifvogelarten ist der Fuchsvater jedoch nicht ganz so erbarmungslos. Er vergräbt gejagte Beutetiere in der Nähe des Baus, sodass die Jungtiere diese erschnüffeln und essen können und ergo nicht verhungern müssen, sollte das mit dem Jagen nicht auf Anhieb klappen.
Im Tierreich ist es ja relativ üblich, dass die Mutter der Hauptfokus der Jungen ist. In Anbetracht der elterlichen Ressourcen-Verteilung ist dies natürlich bestens nachvollziehbar. Aus dieser Perspektive ist das Aufzuchtverhalten der Nachtaffen etwas sonderbar.
Nachdem die Kleinen zur Welt kommen, klammern sich diese vorerst instinktiv an die Mutter – wer hätte es gedacht. Doch nach einigen Tagen der Angewöhnung übernimmt der Vater die Rolle des Umklammerten. So kümmert er sich mehrheitlich um die Aufzucht, während sich die Mutter von der Geburt erholen und sich um die Ernährung des Jungen kümmern kann.
Die Sterblichkeitsrate von Jungtieren ist im Vergleich zu anderen Primaten äusserst gering, was gemäss Forschern auf die vorbildliche elterliche Fürsorge zurückzuführen sein könnte, die in diesem Sinne auf einer sinnvollen Rollenverteilung fusst.
Flamingos gelten als soziale Vögel, die in grossen Kolonien mit eher komplexen Sozialstrukturen leben. Die Aufzucht der Küken ist gar so modern, dass man davon ausgehen könnte, dass es sich bei Flamingos um ein skandinavisches Spirit-Animal handelt.
Bei den Flamingos wird in Sachen Aufzucht nämlich eines ganz gross geschrieben: Timeshare. So wird das Nest genauso gemeinsam erbaut, wie das Ei auch gemeinsam gebrütet und beschützt wird. Ist das Flamingo-Küken dann geschlüpft, wird es gefüttert. Und auch dabei haben sich Flamingos auf eine 50:50-Rollenverteilung geeinigt.
Ebenfalls wurden bei den Flamingos auch gleichgeschlechtliche Paare gesichtet. Ganz ohne soziale Ächtung.
Hand aufs Herz: Im Kinderkriegen liegt eine Portion Egoismus begraben. Sei es das eigensinnige Propagieren des eigenen Genpools, das Ausleben der einem selbst verwehrten Träume oder das Sehnen nach einem Sinn im eigenen, belanglosen Leben. Zumindest im Promillebereich dürften diese Mechanismen relevant sein. Berberaffen sind da nicht anders. Machen aber auch keinen Hehl draus.
Bei den nordafrikanischen Berberaffen sind Babys eine Art Statussymbol, ein Schlüssel für Social Networking, wenn man so will. Das Sozialleben dieser Affen dreht sich hauptsächlich um Babys, was für alle Mitglieder der Gruppe einen Anreiz schafft, sich gut um ihre eigenen Babys zu kümmern.
So nehmen Väter ihre Jungen überall mit hin, um so von anderen Vätern akzeptiert zu werden. Wer dazugehören will, muss ein guter Vater sein, der sein Baby stets umsorgt. Julia Fischer vom Deutschen Primatenzentrum sagte gegenüber National Geographic:
Der positive Anreiz, der sozial geschaffen wird, sorgt also so dafür, dass sich nicht nur Mütter um die Kleinen sorgen, sondern auch Väter Interesse daran haben, möglichst viel Zeit mit den Jungen zu verbringen. Der Nebeneffekt davon ist, dass sich auch andere Affen der Gruppe um die Kinder kümmern, da sie ein Interesse daran haben, als Männchen wahrgenommen zu werden, das es versteht, mit Jungen umzugehen.
Es ist keine neue Erkenntnis, dass Kaiserpinguine enorm hingebungsvolle Eltern sind. Schaut man lediglich die Prämisse ihres Engagements als Eltern an, wird gar deutlich, dass sie nicht nur hingebungsvolle, sondern auch clevere Eltern sind. Weil sie es müssen.
Kaiserpinguine sind gezwungen, ihren Nachwuchs unter garstigen Bedingungen auszubrüten und aufzuziehen. Die Temperaturen zehren an den Kräften, was mitunter bedeutet, dass Pinguine nur ein Ei aufs Mal legen können. Dieses darf denn auch kaum je den niedrigen Temperaturen ausgesetzt sein, was pausenloses Brüten bedeutet. Eine Arbeitsaufteilung ist unausweichlich.
Da die Produktion und das Legen eines Eis unter diesen Bedingungen viel Kraft kostet, übernimmt das Männchen das Brüten, während das Weibchen loszieht, um Futter zu suchen und wieder zu Kräften zu kommen. Die Männchen wurden fürs Brüten von der Evolution deshalb mit einer Ei-Tasche ausgestattet.
Bis zu 100 Tage muss das Männchen ausharren, ehe das Küken schlüpft und die Mutter wieder zurückkehrt. Folglich übernimmt die Mutter die Obhut und das Männchen zieht los, um die Energiereserven wieder auf Vordermann zu bringen.
2 Wochen Vaterschaftsurlaub ist ein klitzekleiner Schritt in die richtige Richtung. Wir brauchen Elternzeit mit fixen und flexiblen Zeiten!
Vielen Dank für diese ehrliche und reflektierte Aussage...
Daran sollte man gelegentlich denken.