Am 4. November 1989 wurde «A Grand Day Out», der allererste Wallace-&-Gromit-Kurzfilm, uraufgeführt. Demnächst, geschlagene 35 Jahre später, startet der inzwischen sechste (!) Wallace-&-Gromit-Streifen: Am 25. Dezember 2024 wird «Vengeance Most Fowl» in Grossbritannien auf BBC One und BBC iPlayer ausgestrahlt und ist ab dem 3. Januar 2025 international auf Netflix verfügbar.
Grund genug, einige wissenswerte Fun Facts aufzulisten!
Der erste Wallace-&-Gromit-Film nahm seinen Anfang als Nick Parks Lizarbeit seines Studiums an der National Film and Television School in Beaconsfield, England. Für sein Abschlussprojekt entschied Park sich, ein paar Figuren, die er entworfen und zu denen er Kurzgeschichten geschrieben hatte, in Knetmasse zu animieren. Als Peter Lord und David Sproxton – die Gründer des Filmstudios Aardman Animations – eine Vorlesung an der Uni hielten, nutzte Park die Gelegenheit, ihnen sein Abschlussprojekt zu zeigen – oder zumindest den Teil, den er fertiggestellt hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Nick gerade einmal die Sequenz der Raketenkonstruktion abgedreht. Für einen kurzen Absatz im Drehbuch hatte er eineinhalb Jahre gebraucht.
Lord und Sproxton erkannten sofort, dass Nicks Projekt für den ihm zur Verfügung stehenden Zeitrahmen zu ehrgeizig war, und so boten sie ihm an, bei Aardman zu arbeiten im Austausch für Studiozeit und zusätzliche Ressourcen, um sein Projekt fertigzustellen.
Bei Aardman arbeitete Nick Park zunächst an Werbefilmen und Musikvideos – unter anderem für Tina Turner und Peter Gabriel. So sind die berühmten Animations-Sequenzen aus Peter Gabriels «Sledgehammer»-Video (1986) alle vom späteren Wallace-&-Gromit-Schöpfers.
Ja, auch die tanzenden Poulets.
Und die Tina-Turner- und Barry-White-Knetfigürchen vom Video zu «In Your Wildest Dreams» (1996)? Jap, ebenfalls Nick Park:
Im ursprünglichen Konzept hatte Wallace einen Schnurrbart und trug eine flache Mütze, und Gromit war ... eine Katze. Und eine sprechende obendrein. Aber Nick Park merkte schnell, dass Hunde leichter zu modellieren waren als Katzen, also änderte er Gromits Spezies gegenüber seinen ursprünglichen Entwürfen.
Entscheidend war auch, dass er Gromit stumm machte und scheinbar ohne Mund gestaltete, was dem Modellier-Vorgang ebenfalls sehr dienlich war. Und gleichzeitig schuf er Gromits mittlerweile weltberühmten, ikonischen Look.
Dazu Nick Park in einem Interview mit dem Guardian: «Als Peter Sallis, der Wallace seine Stimme leiht, zum ersten Mal ‹No cheeeese, Gromit?› sagte, wurde mir klar, wie breit und ‹zahnig› ich den Mund von Wallace gestalten musste.»
Nachdem Wallace im Film «A Close Shave» explizit Wensleydale als seinen Lieblingskäse bezeichnet hatte, schnellte der Absatz dieses britischen Käses in die Höhe.
Dasselbe geschah mit Stinking Bishop im Jahr 2005, als «The Curse of the Were-Rabbit» herauskam. Käsehändler gaben an, dass ihre Bestellungen um bis zu 500 % gestiegen waren.
In deutschsprachigen Ländern als Konzept eher unbekannt, ist das folkloristische Motiv, dass der Mond «aus grünem Käse» bestehen soll, in vielen Kulturen der Welt weitverbreitet und hat auch Eingang in die Kinderfolklore und die moderne Populärkultur gefunden. Die Aussage wird in einem Sprichwort verwendet und ist eine Metapher für Leichtgläubigkeit. Das Sprichwort wiederum leitet sich von der Fabel ab über den Dorftrottel, der ein Spiegelbild des Mondes im Wasser sieht und es für einen runden Käselaib hält. Ähnliche Motive finden sich seit dem frühen Mittelalter in Volkserzählungen aus dem Balkan oder der Türkei.
Das Volksmärchen vom schlauen Fuchs, der den Wolf täuscht, wurde erstmals im Hochmittelalter in einer rabbinischen Parabel des französischen Rabbiners Rachi literarisch festgehalten. «The Moon is made of green cheese» wurde im 16. Jahrhundert in England zu einem gängigen Sprichwort und ist seitdem als Metapher für Leichtgläubigkeit im Sprachgebrauch. Wenn also zu Hause der Käse knapp wird, fliegt Wallace zum Mond.
Der erste Kurzfilm von Wallace & Gromit wurde am 4. November 1989 in der Arnolfini Gallery in Bristol uraufgeführt. Damals ahnte noch niemand, dass aus diesen Figuren die grössten Stars von Aardman werden würden. «Creature Comforts», ebenfalls von Nick Park und etwa zur gleichen Zeit veröffentlicht, war ähnlich erfolgreich. In dieser Mockumentary über Zootiere wurde die Tonspur echter Interviews, die mit nichtsahnenden Bewohnern von Pflegeheimen geführt worden waren, mit den Lippen von Knetfiguren synchronisiert, die angeblich ihr Leben im Zoo kommentieren.
«Creature Comforts» führte zu einer Reihe von Fernsehwerbespots für die britische Elektrizitätsgesellschaft und, anno 2003, zu zwei Fernsehserien unter der Regie von Richard Goleszowski (der später bei Shaun das Schaf federführend war). Sowohl «A Grand Day Out» als auch «Creature Comforts» verblüfften die Öffentlichkeit mit je einer Nominierung für die 1990er Academy Awards. Am Ende gewann «Creature Comforts» den Oscar in der Kategorie Animated Short Film, aber Wallace & Gromit waren es, die das Herz des Publikums erobert hatten. Und so dauerte es nicht lange, bis der nächste Kurzfilm in Produktion ging.
Der zweite Wallace-&-Gromit-Film, «The Wrong Trousers», wurde erstmals zu Weihnachten 1993 ausgestrahlt und gewann in der Folge über 40 Filmpreise. Darin wurde dem Publikum zum ersten Mal Feathers McGraw präsentiert, ein entlaufener Zoopinguin, der bei Wallace als Hausgast logiert, in Wirklichkeit aber ein gewiefter Krimineller, der sich als Huhn ausgibt, indem er einen roten Gummihandschuh auf dem Kopf trägt. Dieser gruseligste aller Wallace-&-Gromit-Antagonisten soll nun zurückkehren – in «Wallace & Gromit: Vengeance Most Fowl».
«Gromit ist der einzige Familienhund, den ich je hatte.»
Während Nick Park seit 1985 exklusiv für Aardman tätig gewesen war, stieg Ende Neunziger für den ersten abendfüllenden Animationsfilm «Chicken Run» das US-Studio DreamWorks als Co-Produzent ein. Der grosse Erfolg dieses Films an den Kinokassen veranlasste DreamWorks dazu, den ersten abendfüllenden Wallace-&-Gromit-Film «The Curse of the Were-Rabbit» erneut gemeinsam mit Aardman zu produzieren.
Auch dieser Film war ein Erfolg für DreamWorks. Doch während der Produktion sollen das kalifornische Studio und die Animatoren aus Bristol oft aneinandergeraten sein. Laut Park versuchte DreamWorks vermehrt kreative Kontrolle zu erlangen, um den Humor für das amerikanische Publikum kompatibler zu machen, während Park seinen Figuren einfach nur gerecht werden wollte. Kompliziert wurde die Sache weiter, dass DreamWorks offenbar nicht gewohnt war, mit Figuren zu arbeiten, für die sie nicht die Rechte besassen. Park beschrieb die Dreharbeiten als «nicht gerade eine leichte Aufgabe».
Am frühen Morgen des 10. Oktober 2005 bricht in einem der Aardman-Lagerhäuser ein Feuer aus, das in der Folge Hunderte Figurenmodelle, Requisiten und Kulissen vernichtet – sowie eine komplette Wallace-&-Gromit-Ausstellung, die gerade aus Japan zurückgekehrt war. Glücklicherweise wurden keine Menschen verletzt. Wichtig ist auch, dass das gesamte Filmmaterial sicher an einem anderen Ort gelagert wurde.
Insgesamt fünf Kurz- und Spielfilme wurden bisher veröffentlicht; und der neueste, sechste Film feiert im Dezember Premiere. Deshalb, die Frage:
Mögt ihr euch an «A Close Shave» erinnern? An das entlaufene Schaf, das kurzum von Wallace adoptiert wird? Nachdem er erfolgreich seine Knit-O-Matic-Apparatur an ihm getestet hat, beschliesst Wallace: «We'll call him Shaun» – ein Wortspiel auf «shorn» (= geschoren).
Und so wurde eine Filmfigur geschaffen, die später sogar ihre Schöpfer fast überflügeln sollte. Unter der Regie von Aardman-Regisseur Richard Goleszowski wurde Shaun das Schaf zu einer eigenständigen Hauptfigur entwickelt, die bald einmal fast ihre Namensgeber zu überflügeln drohte. Sechs Staffeln mit insgesamt 170 Episoden kann Shaun vorweisen – wie auch zwei eigene Spielfilme – «The Shaun the Sheep Movie» (2015) und «Farmageddon» (2019), sowie zwei Weihnachtsspecials. Mehr noch: Das kleine Lamm aus Shauns Schafsherde hat seine eigene TV-Serie – die auf Vorschulalter ausgerichtete «Timmy Time».
Ebenfalls zu diesem Extended Wallace & Gromit Multiverse gehören die Ausbrecherköniginnen von «Chicken Run», sowie die Steinzeit-Menschen von «Early Man». Natürlich finden sich in allen Filmen hübsche Easter Eggs versteckt, die auf andere Filme querverweisen.
In der Abspannsequenz von «Chicken Run: Dawn of the Nugget» (2023), etwa, erspähen wir ... Feathers McGraw!
Freuen wir uns also alle auf den neuen Streifen! Denn, – hey, seien wir ehrlich – 35 Jahre nach ihrem Debüt haben wir alle Wallace & Gromit nötiger denn je. Wir alle verdienen etwas mehr Freundlichkeit im Hier und Jetzt.