Gefunden in den Tiefen von Wikipedia: eine Aufzählung erzielter, inzwischen aber abgeschaffter Weltrekorde.
Verwirrt? Nun, den meisten nicht bewusst, kann das Unternehmen Guinness World Records Limited nicht nur Rekordversuche aberkennen, weil sie nicht den Vorschriften der jeweiligen Kategorie entsprechen, sondern auch bestimmte Rekordversuch-Kategorien komplett streichen.
Die Gründe dafür sind ... unterschiedlich. Hier eine Auswahl:
Abschaffungsgrund: Umweltbedenken
Am «Balloonfest '86» wurden in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio 1,4 Millionen Luftballons gleichzeitig fliegen gelassen.
Dies stellte einen Weltrekord dar, aber bald auch ein fürchterliches Chaos, weil aufgrund einer Kaltfront die Ballons zurück über die Stadt, den Lake Erie und ins Umland schwebten und erhebliche Probleme im Strassenverkehr und an Flughäfen verursachten. Wegen des «Asteroidenfeldes von Ballons» wurde auch eine Helikopter-Rettungsaktion der United States Coast Guard verunmöglicht, nachdem zwei Seeleute in eine Notlage gerieten waren; diese wurden später ertrunken aufgefunden.
Abschaffungsgrund: «Gitarren-Wohlfahrt»
Wird in der Hitze des Gefechts mal ein Instrument zertrümmert, kann man das als Manifestation unkontrollierter Emotionen eines passionierten Rock-'n'-Rollers betrachten.
Nichts gegen Matt Bellamy und seine Band Muse, aber während einer Tournee während jedes geschlagenen Konzerts eine Gitarre als fix choreografierte Showeinlage zu zerschlagen, ist letztlich zynisch und berechnend.
Abschaffungsgrund: Schwierigkeiten bei der eindeutigen Feststellung, ob alle Noten ausreichend gespielt wurden (auch bei Verlangsamung)
David Garrett, der 2008 «Der Flug der Hummel» in 1 Minute und 5,26 Sekunden spielte, ist sicher ein Anwärter ...
... doch letztlich lässt sich das zu wenig genau ermitteln.
Abschaffungsgrund: Mangel an Pfennig-Münzen
Im Guinness-Buch von 1984 wurden zwei Freunde aus Arizona – der 12-jährige Marc Edwards und der 13-jährige Ben Schlimme, Jr. – dafür ausgezeichnet, die grösste Penny-Pyramide der Geschichte gebaut zu haben. Insgesamt 104'000 Münzen umfasste diese.
Und direkt unter dem Rekordeintrag erklärten die Herausgeber des Buches, dass sie ihn in Zukunft nicht mehr drucken würden, weil die amerikanische Münzprägeanstalt «Probleme bei der Herstellung von 1-Cent-Pennys hat und daher einen Engpass voraussieht, sollte das Guinness-Buch den Wettbewerb weiter fördern».
Abschaffungsgrund: gefährlich
1998 blieb der «menschliche Maulwurf» Geoff Smith 147 Tage lang unter der Erde, um den Guinness-Rekord zu erreichen und den 101-tägigen Aufenthalt seiner Mutter zu übertreffen. Guinness lehnte die Anerkennung aus Sicherheitsgründen ab.
Geoff erklärte: «Es gibt weitaus gefährlichere Dinge in diesem Buch. Es gibt einen Rekord für einen Mann, der Autos isst.»
In der Tat – siehe da:
Abschaffungsgrund: «einfach grusig.»
In der Buchauflage von 1955 wird angegeben, dass die «schnellste Zeit für den Verzehr eines Ochsen» 42 Tage betrug, und dies im Jahr 1880 von Johann Ketzler aus Deutschland erreicht wurde. 1989 wurden aber insgesamt 43 Fress-Rekorde eingestellt, und nur der berühmteste aller Allesfresser als historischer Eintrag belassen: der Franzose Michel Lotito, der Kronleuchter, Fahrräder, Fernsehgeräte und (im Bild) ein Cessna-Leichtflugzeug verzehrte.
Obwohl Guinness nicht bekannt war, dass jemand beim Versuch, diese Rekorde aufzustellen, gestorben ist, gab ein Vertreter als Grund an: «Sie sind einfach ekelhaft.»
Abschaffungsgrund: Gefahren im Zusammenhang mit Schlafentzug
Der längste Kuss aller Zeiten dauerte 58 Stunden und 35 Minuten und wurde von dem thailändischen Paar Ekkachai und Laksana Tiranarat in Pattaya, Thailand, am 12. Februar 2013 begonnen und zwei Tage später, am Valentinstag, beendet.
Kurz darauf schaffte Guinness World Records diese Kategorie jedoch ab. Da der zu überbietende Rekord immer länger wurde und in den Bestimmungen explizit keine Ruhepausen erlaubt waren, liefen immer mehr Teilnehmer Gefahr, Psychosen oder anderen mit Schlafentzug verbundenen Gefährdungen zu erliegen. Es gab bereits mehrere Fälle, in denen Teilnehmer Muskelkrämpfe erlitten oder gar wiederbelebt oder hospitalisiert werden mussten.
Abschaffungsgrund: Gesundheitsbedenken
1969 trank der 23-jährige Jack Keyes aus Nordirland 36 Pint Bier – 20,5 Liter – in nur 60 Minuten.
Jemand erstaunt, weshalb diese Rekordkategorie gestrichen wurde?
Abschaffungsgrund: unbekannt
Wir wissen nicht, weshalb diese Rekorddisziplin aufgehoben wurde. Doch «The sixth sick sheik’s sixth sheep’s sick» («Das sechste kranke Schaf des sechsten Scheichs ist krank») ist schon verdammt schwierig.
Abschaffungsgrund: Schwierigkeiten, mit Sicherheit festzustellen, ob abgebrochene Haare wieder angebracht worden waren.
5,9 Meter – so die offiziell gemessene Länge der Dreadlocks von Asha Mandela aus Trinidad anno 2006. Eine inoffizielle Messung ergab, dass einer der Stränge gar 17 Meter lang war.
Anno 2010 folgte aber der Beschluss von Guinness World Records: «Nach einer Überprüfung unserer Richtlinien für die längsten Dreadlocks haben wir uns auf Anraten von Experten dazu entschlossen, diese Kategorie nicht mehr zu führen. Der Grund dafür ist, dass es schwierig und in vielen Fällen unmöglich ist, die Echtheit der Lockensträhnen zu messen, aufgrund der Methoden, die beim Anbringen von Haarverlängerungen bzw. beim Wiederanbringen von abgebrochenen Dreadlocks verwendet werden. Die Dreadlocks können zu einer Verlängerung [einer bestehenden Haarsträhne] werden und sind daher nicht genau zu beurteilen.»
Abschaffungsgrund: Ermutigung zur Überfütterung von Haustieren
Lange führten die Redakteure die Kategorie der schwersten Haustiere auf. Die fetteste Katze, etwa, war Himmy, die 1986 im Alter von 10 Jahren und 4 Monaten 21,3 kg wog.
Der Rekord von Himmy – die in einer Schubkarre transportiert werden musste – blieb glücklicherweise bis 1998 unangefochten, als die Guinness-Rekordmanager beschlossen, die Kategorie abzuschaffen, um Menschen davon abzuhalten, ihre Haustiere zu überfüttern, nur um im Buch zu erscheinen.
Abschaffungsgrund: unbekannt
Der schnellste Jodler in der Guinness-Geschichte wurde im Februar 1992 von Thomas Scholl aus Deutschland erzielt: 22 Töne, davon 15 im Falsett, in einer Sekunde.
Ob dies spezifisch der «Formel-1-Wahnsinns-Käsloch-Brutal-Jodler» war, ist nicht zu ermitteln.
Abschaffungsgrund: Sorge um Überlastung des Postwesens
1989 halfen Freunde und Familie von Craig Shergold, einem jungen Gehirnkrebspatienten aus England, eine Initiative zu starten, um einen Rekord für die meisten Grusskarten aufzustellen, die je von einer Person erhalten wurden. Es funktionierte: Bis Mai 1991 erreichten ihn sage und schreibe 33 Millionen Karten, und er schaffte es in die Guinness-Annalen. Es funktionierte aber ein wenig zu gut: Nicht nur, dass Shergold – der sich von seiner Krebserkrankung erholte – Berichten zufolge noch Jahre nach dem Ende der Kampagne Millionen von Briefen erhielt, die Aktion löste auch einen Strom von Nachahmer-Aktionen aus. In der Folge nimmt Guinness heute keine Bewerbungen für die meisten Karten an, die an eine Person geschickt werden, weil sie befürchtet, dass ein solcher Versuch das Postsystem überlasten würde.
Abschaffungsgrund: Bedenken hinsichtlich des Tierschutzes
Im Einklang mit seinem Engagement für den Tierschutz hat Guinness auch Kategorien gestrichen, die «umstrittene Tiersportarten» betreffen, wie z. B. die Weltmeisterschaften im Elefantenpolo oder den grössten Fuchs, der jemals bei einer englischen Fuchsjagd erlegt wurde (der letzte Rekordhalter, der 1936 in Cumberland erlegt wurde, wog knapp 11 Kilo).
Da auch das Kamel-Wrestling in die Guinness-Kategorie der potenziellen Tiergefährdung fällt, ist die grösste Zuschauerzahl bei einem Kamelringkampf-Festival ein weiterer Rekord, den es nicht mehr zu schlagen lohnt. Laut der Ausgabe von 2011 war der letzte Gewinner die 20'000-köpfige Zuschauermenge beim Kamel-Kampf-Festival 1994 in Selçuk, Türkei.
Abschaffungsgrund: Geschwindigkeitsbeschränkungen
Die genaue Beschreibung dieses Rekords in der Guinness-Ausgabe von 1994 lautet: «die schnellste Fahrt über alle sechs Kontinente mit einer Gesamtstrecke von mehr als einer Äquatorlänge» (40'075 km). Saloo und Neena Choudhury aus Kolkata, Indien, legten diese Strecke Ende 1991 in rekordverdächtigen 39 Tagen und 20 Stunden zurück, wobei ihr Nissan Sunny sie durch 25 Länder beförderte.
Da eine Weltumrundung jedoch praktisch eine gefährliche Missachtung der gesetzlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen voraussetzt, strich Guinness Mitte der 1990er Jahre diese Kategorie.
Abschaffungsgrund: Verschwendung, da die Speisen in den Rekordversuchen «für den allgemeinen Verzehr durch Menschen» gedacht sind.
In der Guinness-Ausgabe 2011 wurde das Bodenbelagsunternehmen Shaw Floors als Organisator der grössten Kuchenschlacht aller Zeiten ausgezeichnet, die am 7. Januar 2010 in Texas stattfand. Insgesamt 434 Mitarbeiter bewarfen sich gegenseitig mit 1200 Schokoladen-, Apfel- und Kirschkuchen, «um die Fleckenbeständigkeit eines Premium-Nylonteppichs zu demonstrieren».
Heute hat Guinness ziemlich strenge Richtlinien betreffend Lebensmittelverschwendung bei Rekordversuchen. Essbares muss entweder gespendet oder «für den allgemeinen Verzehr durch Menschen» aufgeteilt werden. Da dies nach einer Tortenschlacht nicht möglich ist, hat Guinness die Kategorie in «grösste Rasierschaumtortenschlacht» umdefiniert. Der aktuelle Rekord wurde 2016 auf dem britischen Kunstfestival Another Fine Fest aufgestellt, an dem 1180 Menschen beteiligt waren.
Viel spannender finde ich Weltrekorde, die durch die Umstände entstehen. Zum Beispiel der Mann, der sich in der Sahara verirrte und ohne Wasser drei Wochen überleben konnte.
Die Veranstalter haben anscheinend damit gerechnet, dass 10% aller Ballone im Wasser landen werden.
Die haben also gedacht "140'000 Ballone im Wasser. Sounds like a great idea"