Zu einem Applaus, wie ihn nur manische Fans oder vom Warm-Upper gedrillte Zuschauer hinbekommen, betritt Klaas Heufer die Bühne. Wollen sie ihrem Idol den Rücken stärken nach den Fake-Enthüllungen der vergangenen Woche? Als herauskam, dass die spektakulärsten Filme von «Late Night Berlin» und «Duell um die Welt» mit Schauspielern und Drehbuch statt normalen Menschen und der Realität gedreht wurden.
Klaas weiss, dass er aus dem Mist allenfalls wieder rauskommt, in dem er noch tiefer hineinsteigt. Leugnen bringt nichts mehr. Zur Begrüssung fragt er gleich mal einen Zuschauer: «Haben wir Sie bezahlt, dass Sie hier sind, oder haben Sie dafür bezahlt? Ganz normal 15 Euro?»
So viel kostet ein Ticket für die Aufzeichnung der Sendung. Der Zuschauer sagt, er habe bezahlt.
Es ist der Beginn eines Openings, das sich komplett um den eigenen Fake-Skandal dreht. Dabei nimmt Klaas zuerst die Rolle des nicht ganz so reuigen Sünders ein und als Zuschauer fragt man sich: Ist das wirklich nur eine Rolle?
«War das 'ne Woche, wir haben abgeliefert», freut sich Klaas maximal selbstsicher. Und wird prompt von seinem Sidekick und Redaktionsleiter Jakob Lundt am Schreibtisch zurechtgewiesen. «Das ist nichts, worauf man stolz sein kann».
«Wieso?», gibt sich Klaas trotzig, «wir haben das Coronavirus besiegt» – Joko und er hätten es in den Nachrichten von der Spitzenposition verdrängt. Reichweite ist alles, auch schlechte Werbung ist eben immer noch Werbung. Dann fragt er Lundt ganz richtig: «So, du hast damit gar nichts zu tun?»
Die Frage bleibt unbeantwortet. Interessiert im Studio auch keinen. Hier geht es um die Rettung des Allerwertesten und nicht um Aufklärung. Getarnt allerdings als Meta-Diskussion.
Jakob Lundt sagt: «Du musst aufhören, dir die Dinge so hinzudrehen», und Klaas hebt an: «Der NDR ist uns richtig auf den Leim gegangen …». Der NDR war es, der mit seinem Investigativ-Magazin «Strg_F» die Fakes enthüllt hat.
Dann behauptet Klaas gespielt zerknirscht: «Für mich war die letzte Woche auch nicht leicht.» Hütchenspieler hätten ihn angespuckt, man habe Zigaretten nach ihm geworfen, und zwar «beim Tanken», und der Kellner habe ihm Schamhaare aufs Essen gestreut. «Nach dem Servieren».
Zumindest bessere Witze bleibt Klaas seinem Publikum an diesem Abend schuldig, ein bisschen Reue zeigt er schon. Ein bisschen.
«Unser erster Impuls war zu sagen: Joko und Klaas sind keine Journalisten», gibt er zu. Sie seien Unterhalter, wollten ihre Zuschauer aus dem Alltag rausreissen. Darum übertrieben sie und spitzten zu.
«Hier im Studio sind auch nicht immer alle sehr gut gelaunt. Und auf der Bühne singen manche Leute Playback.» Und die meisten Gags würden von Autoren geschrieben. So weit, so gut.
Nur, dass er hier Äpfel mit faulen Äpfeln vergleicht. Von einer Show erwartet niemand Authentizität. Von einem Einspieler, in dem Klaas den Überraschten mimt und die Echtheit betont, wie beim gefilmten Fahrraddiebstahl oder dem Tinder-Date, hingegen schon. Zumindest gibt es dieses Eingeständnis:
Sie konnten ja schliesslich nicht wissen, dass das Fahrrad ausgerechnet in dieser Nacht in Berlin mal nicht geklaut wird. Aber immerhin haben sie damit gerechnet, es stand ja ein Statist als Dieb bereit. Am Ende ringt sich Klaas dann doch noch einige ernst klingende Worte ab: «Ich kann jeden verstehen, der davon enttäuscht ist.» Es würde nie wieder vorkommen. Und:
Nicht Zynismus oder Zuschauerverachtung sei ihr Antrieb gewesen. «Wir lieben das Fernsehen.» Es habe jedoch Einzelfälle gegeben, wo die Realität eben nicht ihren Ansprüchen genügt hat. Für Klaas ist die Sache damit erledigt, die Show geht danach weiter, wie sonst auch.
Klaas singt als Rolf Zuckowskis der 2020er Kinderlieder mit den «Kotti-Kids», in denen es um Spritzen statt um Spritzgebäck geht.
Mit Comedian Tedros «Teddy» Teclebrhan spielt er einen Sketch und Redakteur Rauli muss zeigen, dass er «Bohemian Rhapsody» übers Wochenende auf der Blockflöte gelernt hat. Zu grossem Feuerwerk spielt er – gar nicht schlecht.
Im Publikum sitzen Raulis Eltern samt Oma – sagt Klaas. Doch Rauli stellt klar: «Das ist nicht meine Familie.» Es sind eingekaufte Darsteller mit Plakaten. Klaas: «Ist ja auch egal, du wirst es ja auch ohne die Hilfe von Mama und Papa schaffen.»
Ein bisschen lustig ist das schon.
Dass vieles mehr Schein als Sein ist, kann man sich denken.
Und bitte seid nächstes mal bei viel wichtigeren Themen erbost.