Immer wieder fällt auf, wie geschickt Creus inmitten eines Liedes von Gitarre auf Bass wechselt. Aber eigentlich war dies nicht geplant. Das fünfte Mitglied der Band, Weldon Scott, hat die Reise nach Muri leider nicht antreten können. Wenige Stunden vor dem Konzert willigte Creus ein auch Bass zu spielen. «Die ganze Show war ein Experiment für uns.», gibt Rousselle zu. Auf der Bühne konnte man ihnen das auf keinen Fall anmerken. Die Chemie der vier passte wie ein Schlüssel ins Schlüsselloch. Mehrmals blickte die Sängerin über ihre Schulter und betrachtete ihre Freunde mit einem Lachen auf dem Gesicht.
Die Besucher des «Pflegidachs» hatten das Vergnügen, ein Lied der Sängerin zu hören, welches sie erst einmal zuvor gespielt hat. «Ich habe nur für diesen Moment meine Fingernägel geschnitten», sagt Rousselle als sie sich mit der Gitarre auf dem Knie auf einen Stuhl setzt. Die Saiten der Gitarre beginnen zu klingen, harmonisch dazu fängt Rousselle an zu singen: «Wieso musst du gemein sein zu mir?» Die Band Mitglieder starren ins Leere und lauschen der Stimme der Sängerin. Auch im Publikum wird es ganz ruhig. Ein paar wenige haben die Augen geschlossen und wippen mit dem Körper dem Rhythmus nach. Im Gegensatz zu den anderen Liedern an diesem Abend ist dieses langsam und ruhig. Rousselle selbst sagt sogar: «Normalerweise ist das Lied nicht so traurig.»
Gitarre und Xylofon spielen, tanzen, rasseln und singen. Was kann Rousselle nicht? Immer wieder überraschte sie das Publikum mit ihrem Rhythmusgefühl. Die Tanzschritte und die Handbewegungen waren bis zu den Fingerspitzen perfekt auf die Lieder abgestimmt. Man könnte schon meinen, sie hätte die Musik im Blut. Auch klatschen und schnipsen kam im «Pflegidach» nicht zu kurz. Das wohl beeindruckendste war jedoch die Stimme der Sängerin. «Ich konnte meinen Ohren nicht trauen. Diese Kraft in ihrer Stimme ist unglaublich.», meinte eine Besucherin nach dem Konzert.
Die Sängerin studierte an der «Manhattan School of music», dies ist auch der Ort, an dem sich die vier Musikanten getroffen haben. «Ich bin zu einem perfekten Zeitpunkt nach New York gekommen.», erklärte Rousselle, «Als ich aus dem Studium kam, waren alle Klubs am Wiederöffnen nach dem Corona Lockdown. Alle haben nach neuen Sängerinnen und Sängern gesucht. Da konnte ich mein Können gleich präsentieren.» Zu diesen Klubs sagt Rousselle auch noch, dass in den meisten Fällen die Musik zweitrangig ist und es grundsätzlich darum geht, Geld zu verdienen. Dies ist der Grund, weshalb Rousselle plant, ihr eigenes «Venue» zu öffnen. «Ich möchte etwas eröffnen, wie das hier.», äussert die Sängerin und deutet dabei auf das «Musig im Pflegidach».
Ausgestattet mit Cowboyboots fragt die gebürtige Texanerin Rousselle: «Hört hier jemand Country Musik?» Denn die Sängerin ist nicht nur eine Jazzmusikerin, wie sie viele Menschen gerne labeln. «Ich habe das Gefühl, jedes Lied ist anders. Einordnen kann man das Ganze nicht.», so die Musikerin über ihren eigenen Style. Ihr Leben und ihre Gefühle fliessen stets in ihre Musik ein. Auch nach ihrem Umzug nach New York kamen zu ihren Jazz Songs immer wieder Countrymusik dazu. Dabei kommt das kleine Mädchen in Texas, welches Kühe liebt und gerne eine Farm hätte, zur Geltung. Genauso wie Rousselle in ihren Liedern gerne Diversifikation hat, möchte sie durch ihre Musik den Menschen eine Abwechslung darlegen. Die Sängerin betont: «Ich biete gerne alles, was ich kann und lasse die Zuhörer dann entscheiden, ob sie es mögen.»