Bereits ab der ersten Sekunde zieht Noam Wiesenberg das Publikum in seinen Bann. Seine charmante Vorstellung über sich und die Band führt bereits vor den ersten Tönen eine besondere Verbindung zwischen den Musikern und den Zuhörern herbei. Das Pflegidach hat einmal mehr die Ehre, das erste Konzert einer Europatour zu sein. Was aber eher neu ist: Die Band spielt tatsächlich das allererste Mal in dieser Kombination zusammen. Auffallend ist das jedoch nicht, im Gegenteil. Selbst die komplexesten Stellen scheinen durch die ideale musikalische Kommunikation kein Problem für die Band zu sein.
Die Stunde vergeht wie im Flug. Die sechs aufgeführten Stücke entführen das Publikum in eine Welt, in der Minuten wie Sekunden wirken. Die Entführung in diese Welt beginnt mit einem kurzen Trompetensolo, das einen auf eine brillante Art und Weise in die Jazz-Atmosphäre einführt. Die Erwartungen sind hoch und sie werden noch höher. Wer Klavier spielt, kennt die Schwierigkeit: Es hat so viele Tasten. Welche ist nochmals die richtige? Doch für King ist das Bedienen des Klaviers ein derartiges Kinderspiel, dass er zugleich noch auf einem Keyboard mitspielt.
Während des Konzerts werden die hoch gesetzten Erwartungen nach dem ersten Stück «Shir Le’Shir» problemlos erfüllt. Während des gesamten Konzerts beeindrucken die Musiker das Publikum mit ihrem Talent und Können. Durch die klaren Emotionen, welchen die Instrumente von sich zaubern, fühlt sich das ganze Pflegidach wie eine Einheit an. Von einem Szenario taucht man plötzlich in ein anderes. Zuerst fühlt man sich wie in einer schicken Hotel-Lounge, ehe man sich versieht, fühlt man jedoch schon das Reisefieber. Die spürbare Energie äussert sich nicht nur durch den tosenden Applaus, sondern auch im lebendigen Mitfühlen der Melodie. Die Köpfe nicken und die Füsse bewegen sich im Rhythmus mit. Zwischen den Stücken lüftet Wiesenberg noch so manches Geheimnis. Seine Stücke schrieb er für Personen, welche einen wichtigen Stellenwert in seinem Leben haben und bei seinen Reflexionen zum Album «NeoNomadic» eine grosse Rolle spielten. Die Lieder «Capricorn Lady» und «Prelude To Yahli» widmet Wiesenberg seiner Frau und seinem Sohn.
Der Höhepunkt des Abends ist für viele Zuhörer, das Lied «Resfeber». Dieser Titel ist schwedisch und bedeutet so viel wie «Reisefieber». “That’s how we feel right now!” (“So fühlen wir uns gerade!”), erklärt Wiesenberg bei der Vorstellung des Liedes. Denn jetzt geht die Tour erst richtig los. Muri macht den Anfang, danach geht die Reise durch ganz Europa weiter.
So manches Instrument genoss im Verlaufe des Abends bereits zuvor seinen Soloauftritt. Endlich kommt der langersehnte Moment, in dem Whitfield Jr. sein Können allein präsentieren kann. Denn «Resfeber» wird mit einem magischen Schlagzeugsolo eingeleitet, was den ganzen Saal zum Staunen bringt. Nun setzt King ein, die Synchronisation der Performance von Klavier und Schlagzeug ist auf die Millisekunde präzis. Wie sich die Band komplementieren kann, obwohl es, wie bereits erwähnt, das erste Mal ist, dass sie so zusammenspielen, fasziniert jeden im Raum. Egal ob Kameramann, Techniker oder Zuhörer. Die Kontrolle, welche die Musiker über ihre Instrumente haben, ist einmal mehr unglaublich beeindruckend. Die Komposition kommt durch die Präzision ideal zum Ausdruck, in jedem Winkel des Saals spürt man, was die Musiker einem erzählen.
Gemeinsam präsentieren Noam Wiesenberg und seine Band nicht nur ein Konzert, sondern kreieren ein mitreissendes Erlebnis, das die Grenzen von Genres und Emotionen überschreitet. Sein neues Album ist eine eindrucksvolle Kreation von einzigartigen Fähigkeiten und von künstlerischen Talenten dieser Musiker, die sich in der Jazz-Welt einen wohlverdienten Namen gemacht haben.