Das Konzert war einerseits eine Jazz-Veranstaltung, auf die sich das Duo sehr freute, insbesondere Song Yi Jeon, da laut ihr das Pflegidach Muri aufgrund seiner Atmosphäre sehr bekannt unter den Jazz-Musikern sei. Andererseits stellte es ein Zusammentreffen von zwei Menschen dar, die auf unterschiedlichen Kontinenten leben und ihre Kulturen während des Auftritts in Muri vereinen.
Song Yi Jeon und Vinícius Gomes lernten sich beim Jazzstudium «Focus Year» in Basel kennen. Das kreative Leben im Jazzcampus ermöglichte es zwei jungen Menschen, ihre musikalischen Ideen auszutauschen, diese weiterzuentwickeln, um schlussendlich in einem Duo zu verschmelzen. Diese Verbindung entfaltete sich zu einer erfolgreichen musikalischen Bindung, welche auf internationalen Bühnen in New York, Berlin, Amsterdam und Brasilien Anerkennung findet. Diese Chemie war auch deutlich auf der Bühne im Pflegidach zu spüren. Gomes und Jeon führten dabei musikalische Dialoge und ergänzten diese mit grandiosem, gefühlvollem Gesang und Gitarrenspiel.
Der Abend wurde mit der Eigenkomposition «11 hours» von Vinícius Gomes eröffnet. Die kraftvollen und einfühlsamen Vocals von Song Yi Jeon unterstützten sein virtuoses Gitarrenspiel und das tiefe Verständnis für Musik. Dieser Dialog ohne Worte beeindruckte das Publikum und entführte sie auf eine Reise mit brasilianischen Rhythmen und Jazz-Elementen. Das Stück zeigte einen Einblick in Gomes’ musikalische Welt und seine persönliche Geschichte.
Mit dem Lied «Albany» zeigte Gomes den Besuchern des Pflegidachs, dass er mehr als nur ein Gitarrist ist. In diesem Stück beherrschte er sein Instrument bis ins kleinste Detail und lebte mit ihm in voller Harmonie und Verständnis. Dabei wechselten sich die lyrischen Momente mit entspannten Passagen ab. Das ganze Stück mit allen Einzelheiten zeigte, dass die Musik und die Gitarre ein nicht wegzudenkender Teil seines Lebens sind. Seine grosse internationale Erfahrung mit verschiedenen Musikern und Live-Auftritten erklärt seinen virtuosen Umgang mit der Gitarre. Die brasilianischen Wurzeln beeinflussen seine Melodien und machen jedes Stück einzigartig.
Beide Interpreten konnten sich beim Konzert im Pflegidach persönlich entfalten. «Expecting Spring» zeigte dem Publikum die vielseitige und ausdrucksstarke Stimme von Song Yi Jeon. Die koreanische Sprache verlieh dem [ganzen] Stück eine emotionale Tiefe. Die Sängerin füllte den Raum mit gefühlvollen Passagen und kraftvollen Momenten. Mit diesen Fähigkeiten vermittelt sie die Stimmung und das Gefühl des Frühlings. Jeon meinte dazu, dieses Stück stehe für Erneuerung, Wachstum und neues Leben. Die Kombination von koreanischer Musik und Jazz zeigt die Entwicklung, die der Frühling mit sich bringt.
Song Yi Jeon konnte nicht nur durch Text, sondern auch durch ihre Vocals die Zuschauer bis ins Innere begeistern. In ihrer Eigenkreation «Dancing Stars», die sie ihrer Mutter widmete, erzählte die Sängerin die Geschichte von der lebendigen Bewegung der Sterne am Himmel. Laut Jeon verbindet sie das Stück mit ihrer Kindheit in Korea und erzeugte durch ihren hypnotisierenden Gesang ein besonderes Ambiente. Das Gitarrenarrangement von Gomes brachte diesem Lied neue Klangfarben und melodische Schönheit.
Die Reaktion des Publikums zeigte auf, dass es kaum zu glauben ist, dass zwei Menschen, die auf zwei verschiedenen Kontinenten leben, so gut harmonieren können. Da sie in Berlin lebt und er in New York, ist ein gemeinsames Proben ausgeschlossen. Um so erstaunlicher ist das Zusammenspiel der beiden, welches jeden Zuhörer in eine andere Welt entführt. Ein Grossteil ihrer Darbietungen lässt auch ohne viel Text, nur durch sein virtuoses Gitarrenspiel und ihrer hervorragenden, facettenreichen Stimme, sämtliche Zuhörer in Ihren Gedanken verschmelzen.
Durch den laufenden Rollentausch während des ganzen Konzerts wird jeder immer wieder aufs Neue überrascht. Dies ist eigentlich untypisch für ein Duo Gitarre und Gesang. Gomes und Jeon schafften es, eine Brücke zwischen verschiedenen Kulturen, Kontinenten und musikalischen Stilen zu durchrechen. Sie schufen damit eine Atmosphäre, welche jeden Zuhörer bis ins Tiefste berührt. Durch diese Konzerttournee haben sich beide die gemeinsamen Wünsche erfüllt. Er konnte seine Begeisterung mit der Musik in seiner Heimat zeigen und sie konnte sich den Traum erfüllen, im vielgerühmten Pflegidach in Muri aufzutreten.