Und jetzt alle mitsingen: Wowwowwowwow Waterloo!
Für eine bis dahin eher unbekannte Band aus Schweden war der Grand Prix 1974 der Start einer kometenhaften Karriere. Das heiter-unschuldige Quartett ABBA wippte sich auf Plateauschuhen in die Herzen der Fernsehzuschauer – und schrieb mit «Waterloo» Popgeschichte.
Mit Glitzerlidschatten und Gitarre in Zickzackform hoben sich die vier Skandinavier schon optisch von den anderen Kandidaten der aus heutiger Sicht reichlich biederen und schlagerlastigen Show ab.
Schon 1973 hatten Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid beim Grand Prix antreten wollen – waren aber mit «Ring Ring» in der Vorentscheidung gescheitert. «1974 waren wir viel besser vorbereitet», erzählte Björn Ulvaeus in einer Dokumentation des TV-Senders Vox (Ausstrahlung am 12. April).
Gastgeber des Grand Prix waren damals das südenglische Brighton und die BBC. Zwar hatte Grossbritannien im Vorjahr nicht gewonnen, war aber spontan für Luxemburg eingesprungen, das den Song Contest aus Geldgründen nicht zum zweiten Mal hintereinander veranstalten wollte.
Während die meisten ihrer Mitbewerber das Publikum an diesem Abend mit Schnulzen und Statik langweilen, flirten ABBA mit Föhnfrisuren und Dauergrinsen mit Millionen und verpassen ganz Europa einen Ohrwurm.
«Waterloo, I was defeated, you won the war», trällern Agnetha und Anni-Frid, und der britische TV-Kommentator witzelt: «Wenn alle Jury-Mitglieder Männer wären, (...) bin ich mir sicher, dass diese Gruppe eine Menge Punkte bekommen würde.»
24 Punkte heimsen ABBA von den anderen Ländern auf der mechanischen Punktetafel ein – Schwedens erster Grand-Prix-Erfolg überhaupt. Völlig unaufgeregt verkündet Moderatorin Katie Boyle den souveränen Sieg. Doch was danach passiert, ist alles andere als unaufregend.
«Als wir gewonnen hatten, gab es ein komplettes Chaos», erzählt ABBA-Komponist Ulvaeus in der Vox-Dokumentation über die Zeit nach dem Grand-Prix-Sieg. «Wir waren die kleine unbekannte Gruppe aus Schweden und plötzlich wollten alle Fotografen unsere Bilder haben und die Journalisten wollten mit uns sprechen.»
Im Ausland ist das Pop-Quartett fortan genauso berühmt wie Ikea, «Waterloo» stürmt in etlichen Ländern die Single-Charts, gefolgt von etlichen weiteren Nummer-Eins-Hits. Wo sie hinkommen, werden die Schweden von Fans belagert, verkaufen in ihrer Karriere fast 400 Millionen Platten, bekommen später mit «Mamma Mia» ein Musical.
Mitsingen, bitte!
Am Ende gehen nicht nur die Band, sondern auch die Beziehungen zwischen Anni-Frid und Benny und Björn und Agnetha in die Brüche. Aber «Dancing Queen», «The Winner Takes It All» oder «Super Trouper» kann auch Jahrzehnte später noch jeder mitsingen.
Das wollen wir doch gleich mal testen:
Bleibt nichts weiter, als «Thank You For The Music» zu sagen. Denn eine Wiedervereinigung haben die Bandmitglieder trotz hartnäckiger Gerüchte bislang abgelehnt. Live erleben kann man die Poplegenden deshalb gerade nur noch im Stockholmer ABBA-Museum – als lebensgrosse Hologramm-Figuren in 3D.
(sda/lue)
