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watson in Sambia

watson in Sambia: Nichts läuft wie geplant, aber die Umwege führen irgendwie zum Ziel. Und Besserung wird versprochen

Nein, das ist kein Gefängnis: Das ist der Hintereingang zur Abteilung Kommunikation der Universität von Sambia.
Nein, das ist kein Gefängnis: Das ist der Hintereingang zur Abteilung Kommunikation der Universität von Sambia.Bild: watson
Lektion 1

watson in Sambia: Nichts läuft wie geplant, aber die Umwege führen irgendwie zum Ziel. Und Besserung wird versprochen

Die Dinge in Afrika funktionieren anders. Geduld und Flexibilität sind bei aller noch so präzisen Planung gefragt. Dass dies mehr als nur eine Weisheit ist, merken wir schnell. 
24.11.2014, 06:3125.11.2014, 09:13
Reto Fehr, Sambia
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Youngson ist unser Mann. Er ist an der Universität von Lusaka Dozent der Kommunikations-Studenten und unser Verantwortlicher während dem zweiwöchigen Workshop «Online-Journalismus», den wir dank der Schweizer Hilfsorganisation B360 education partnerships durchführen können.

Schon seit Wochen sind wir mit ihm betreffend des Stundenplans in Kontakt. Statt anfänglich 30 bis 40 Studenten sollen es jetzt kurzfristig angeblich deren 80 sein. Unsere Planung beeinflusst dies massiv. Um die neue Ausgangslage zu berücksichtigen waren wir am letzten Freitag um 9 Uhr mit Youngson und dem ganzen Team verabredet.

watson in Afrika
Leiter Unternehmensentwicklung Sven Ruoss und Sportchef Reto Fehr führen in Zusammenarbeit mit der Schweizer Hilfsorganisation B360 education partnerships an der Universität von Lusaka (UNZA) in Sambia ein zweiwöchiges Modul über Online-Journalismus durch. Die Studenten erhalten dabei wertvolle Inputs für ihre Newsplattform «Lusaka Star». Die Zeitung wurde vor rund zwei Jahren mit Unterstützung der Zürcher Agentur Mediaschneider in ein Online-Portal umgewandelt und wird vom Studiengang Mass Communication betreut.

Alle sind anwesend, doch zur gleichen Zeit findet eine Präsentation von Fotoarbeiten der Studenten statt. Die Sitzung wird auf «anschliessend» verschoben. Dieses «anschliessend» beginnt gute zwei Stunden später. Alle sind wieder da – ausser Youngson. Er musste an einen «wichtigen Termin» und ist den Rest des Tages weg. Unsere Vorschläge werden von den anderen zwar zur Kenntnis genommen, aber entscheiden kann nur Youngson. Glücklicherweise findet am Abend ein Abschieds-/Willkommensfest statt. Wir sollen dann alles besprechen. 

Ganz neu ist die 1966 gebaute Universität von Lusaka nicht mehr. Hier der Boden in einem der schönsten und grössten Vorlesungsräume.
Ganz neu ist die 1966 gebaute Universität von Lusaka nicht mehr. Hier der Boden in einem der schönsten und grössten Vorlesungsräume.Bild: watson

Nach langen Verhandlungen auf Safari

Wir nutzen den freien Nachmittag, um einen Weekend-Ausflug in den (ziemlich) nahe gelegenen Kafue-Nationalpark zu planen. Wieder lernen wir schnell: Es gibt zwar einen direkten, unkomplizierten Weg, aber dieser ist dann meist doch nicht begehbar. Umwege sind unausweichlich und alles dauert länger als die erhofften wenigen Minuten. 

Im konkreten Fall beginnt das Angebot bei 400 Franken für die Übernachtung sowie weitere 200 Franken für die Hin- und Rückfahrt. Wir verhandeln hin und her, gondeln von Reisebüro zu Backpacker und zur Busstation. Telefonieren mit Lodges und Transportunternehmen, stöbern im Reiseführer, warten auf zuständige Personen, feilschen mit Taxi- oder Minibusfahrern und buchen schliesslich die Übernachtung für 150 Franken, die Fahrt mit dem öffentlichen Bus für knapp 20. Drei Stunden hat's gedauert.

Zittern auf der Rückfahrt

Die Hinfahrt verläuft problemlos, die Safari ist super und für die Rückfahrt sollen wir einfach um ca. 11 Uhr an die Kreuzung stehen und den Bus in die Gegenrichtung anhalten. Als dieser eine Stunde später kommt, ist er voll. Da Sonntags nur ein Bus fährt, stehen wir jetzt mitten im Nationalpark mit einem im ersten Moment ebenfalls ziemlich ratlosen Lodge-Mitarbeiter. Wie kommen wir in vier Stunden zurück in die Hauptstadt? 

Wir begeben uns zu einem Polizei-Checkpoint, warten in der afrikanischen Mittagshitze im spärlichen Schatten eines Baumes und fragen neben dem mit dem Gewehr spielenden Beamten und seinen (teilweise etwas schrägen) Freunden die wenigen verlässlichen Fahrzeuge mit Ziel Lusaka um eine Mitfahrgelegenheit.

Schöne Überraschung nach drei Stunden Planung der Safari und vier Stunden Anfahrt: Ein Leopard fünf Meter vor uns.
Schöne Überraschung nach drei Stunden Planung der Safari und vier Stunden Anfahrt: Ein Leopard fünf Meter vor uns.Bild: watson

Platz finden wir erst nach einer weiteren Stunde. Es folgt die Fahrt mit Formel-1- und Hamilton-Fan Viktor zurück in die Hauptstadt. Bei teilweise 160 Sachen und spannenden Gesprächen über Politik, Wirtschaft, Sport, das Abfallproblem oder das (Nicht-)Händewaschen in Sambia verfliegt die Zeit. Wir sind nach zwei Stunden Warten und zwischenzeitlich leisen Zweifeln, ob wir es überhaupt zurück schaffen, um am Montag den Unterricht zu beginnen, zurück in Lusaka – und dies am Ende bequemer, schneller und billiger als ursprünglich erwartet. Denn Viktor verzichtet auf eine Entschädigung.

Die Nachfolge von Präsident Michael Sata beschäftigt die Studenten. Letzte Woche war sein Sohn auf dem Campus und gab dem Uni-Radio ein Interview.
Die Nachfolge von Präsident Michael Sata beschäftigt die Studenten. Letzte Woche war sein Sohn auf dem Campus und gab dem Uni-Radio ein Interview.Bild: Moses Mwapwe/AP/KEYSTONE

Familienduell um das Präsidentenamt

Ähnlich turbulent geht es in Sambia aktuell auch im Präsidenten-Wahlkampf ab. Nach dem Tod von Michael Sata bringen sich die möglichen Nachfolger in Stellung. Unter anderem in der Vorausscheidung: Satas Witwe, Satas Sohn (von seiner ersten Frau), Satas Cousin, Satas Neffe und Satas Schwiegersohn. Es dürfte im Wahlkampf teilweise ähnlich undurchschaubar werden wie bei unserer Programmplanung.

Youngson haben wir übrigens tatsächlich am Freitagabend getroffen. Es sei alles super, sein Termin am Morgen sei leider wichtig gewesen. Doch jetzt ist er zwei Wochen nur für uns da. Es sind nur 38 Studenten, Schulräume werden wir immer haben, genügend Computer ebenfalls, funktionierendes Internet genauso und er werde alle unsere Kurse auch besuchen. Jeden Tag. Überall. Immer. Irgendwie denken wir am Abend vor dem Kursstart doch schon über mögliche Umwege nach.

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