«Stonewall» sei für ihn persönlich sehr wichtig, sagt Roland Emmerich über seinen neuen Film. Doch allein der Trailer sorgt schon Wochen vor Erscheinen für Proteste von Homo- und Transsexuellen.
Auf den ersten Blick wirkt das «Stonewall Inn» unscheinbar. Die Bar liegt an der Christopher Street in Manhattan, das zweistöckige Häuschen ist unten aus Backstein, oben grau verputzt. Aber genau hier mitten im Szeneviertel Greenwich Village nahm 1969 die Schwulen- und Lesbenbewegung als Widerstand gegen die häufigen Polizeirazzien ihren Anfang. Seither nehmen viele Gay-Pride-Paraden auf den Christopher Street Day Bezug.
Vor wenigen Wochen ist die Bar unter Denkmalschutz gestellt worden – und Ende September soll nun zunächst in den USA auch ein Film über den sogenannten Stonewall-Aufstand ins Kino kommen – in Szene gesetzt vom deutschen Star-Regisseur Roland Emmerich («Independence Day»).
Doch bereits ein Trailer ruft Protest bei Schwulen, Lesben, Transgendern und Transsexuellen hervor. «Weissgewaschen» sei der Film. In der drei Minuten langen Vorschau liegt der Fokus auf einem weissen Darsteller, dem aus «War Horse» bekannten Jeremy Irvine.
Die Kritiker vermissen Vielfalt in den sexuellen Orientierungen und der ethnischen Zugehörigkeit der Charaktere des Films. Die vorab gezeigten Ausschnitte mit überwiegend weissen Schauspielern entsprächen nicht den Tatsachen, lautet ein Vorwurf. Emmerich verzichte ausserdem auf die Besetzung transsexueller Rollen mit transsexuellen Schauspielern.
Allein auf Basis des Trailers rufen Aktivisten nun schon zum Boykott des Films auf. Eine Online-Petition dazu hat bereits mehr als Zehntausende Unterschriften. «In den zwei Minuten, die ich mir den Trailer angeschaut habe, dachte ich: ein weiterer Film bei dem es darum geht, wie weisse Menschen Homosexuelle retten. Es regt mich auf, dass die Geschichten von Menschen, die nicht in ethnische oder sexuelle Schubladen passen, nicht erzählt werden», sagt die Initiatorin der Petition, Pat Cordova-Goff, in einem Online-Video.
Die US-Schauspielerin Margaret Cho twitterte unter dem Hashtag #BoycottStonewallMovie: «Zuerst war ich gespannt auf den Film, aber jetzt weiss ich, worum es geht. Das ist Weisswaschen und obwohl ich Filme über Homosexualität mag, boykottiere ich den Film 'Stonewall'.»
I was thrilled about the movie at first but now seen the truth. It's #whitewashing and even though I love gay movies #BoycottStonewallMovie
— Margaret Cho (@margaretcho) 9. August 2015
Roland Emmerich, selbst offen schwul, verteidigte sich vergangene Woche auf Facebook. Bei seiner Arbeit mit dem «Los Angeles Gay and Lesbian Center» habe er viel gelernt über die «Stonewall Riots» in New York: «Ich war vor allem entsetzt, dass die Gründe für Obdachlosigkeit bei schwulen, lesbischen und transsexuellen Jugendlichen auch heute noch die selben wie die vor 45 Jahren sind.»
This is Marsha P Johnson, the trans WOC who should be the main character of Stonewall #BoycottStonewallMovie pic.twitter.com/uuS4YV6Dip
— parnia (@parniarazi) 7. August 2015
Er habe sich bei seinem Film, der natürlich fiktionalisiert und verdichtet sein müsse, sozusagen stellvertretend auf einen jungen Schwulen aus dem Mittleren Westen der USA konzentriert, den seine Eltern wegen seiner sexuellen Orientierung rausgeschmissen haben.
Wenn der Film in den Kinos anlaufe, werde das Publikum aber auch echte Aktivistinnen kennenlernen wie Marsha P. Johnson und Sylvia Rivera sowie den Aktivisten Ray Castro und «all die tapferen Menschen, welche die Bürgerrechtsbewegung auslösten, die bis heute aktiv ist». Emmerich betonte, «Stonewall» sei für ihn eine «Herzensangelegenheit». (sda/dpa)