Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Und König Fussball ist Weltmeister im Geldscheffeln, was bereits vor dem Anpfiff in Brasilien feststeht. Ein Kantersieg für Konzerne wie Adidas, wo der letztjährigen Umsatzrekord von 14,5 Milliarden Euro getoppt werden soll. «Dieses Jahr werden wir operativ beim Umsatz um 1 bis 1,2 Milliarden Euro zulegen. Da spielt die Weltmeisterschaft eine wichtige Rolle», frohlockte laut Nachrichtenagentur Reuters Firmenchef Herbert Hainer.
Ganz zu schweigen von den Baufirmen dieser Welt, die dank WM kleine Vermögen anhäufen dürfen. Brasiliens Vorgänger Südafrika pumpte nach eigenen Angaben zwischen 2006 und 2010 51,5 Milliarden Franken in die lokale Infrastruktur. Fliessen, in Strömen, wird wie damals schon auch 2014 das Bier. «Darüber freuen sich nicht nur die Fans, sondern auch die Gastronomen», reibt sich Durst, das Magazin des Brauers Feldschlösschen die Hände, das seine Marke prompt zum «Bier des Fussballs» krönt.
Wenn König Fussball im Juni wieder Hof hält, wird es also wieder viele grosse und kleine Gewinner geben – finanziell gesehen – geschenkt. Doch was einem das Fussballfest wirklich verhageln kann, ist die immer wieder kehrende epidemiehafte Verbreitung akustischer Beleidigungen, auch WM-Song genannt. Um das Grossereignis hörbar zu machen, sind Radiosender, Kaufhäuser und Gruppen granatenvoller, grölender WM-Groupies dringend auf Vorlagen aus dem Musik- und Showgeschäft angewiesen.
Da hat das Ohr das Spiel schon vor dem Anpfiff verloren, wenn Würmer wie Ricky Martins «Cup of Life», Anastacias «Boom» oder «Waka Waka» sich erbarmungslos den Weg in unser Gehirn graben werden. Wenn oben erwähntes Bier ins Spiel kommt, ist das Denkzentrum dankbar für einheimischen Einheitsbrei: «Bring en hei», «Oh wie ist das schön!», «So seh'n Sieger aus (Schalalalala)».
Wenn Schweissband-Hersteller und Bierbrauer zum Zuge kommen, sollen auch Show-Grössen ihren Anteil an der Beute haben. Fast schon folgerichtig hat Stefan Raab laut OK Magazin angekündigt, dieses Jahr gleich drei WM-Songs herauszubringen. So treffsicher wie der deutsche TV-Star ist, sollte er mindestens einen dieser drei Penaltys versenken. Dass das Niveau sinkt, wenn jemand zur WM singt, braucht man heutzutage ewigentlich gar nicht mehr beklagen.
Und dennoch hat die Spass-Combo Vengaboys es geschafft, mir nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben. Das liegt am Clip zu ihrem WM-Song «2 Brazil!». Eigentlich hört er sich an wie andere seiner Gattung auch. «Boum Boum Boum» wird auf «Zoum Zoum Zoum» gereimt, die Worte Copa Cabana und Sao Paolo kommen vor, ein Refrain zu nachschmettern, unterbrochen von einem fetzigen «Where is the party???».
Was dieses Lied aber wirklich mies macht, ist das Video, denn darin sieht man nichts anderes als kreiselnde Titten, bei denen die Brustwarzen mit ulkigem Schnickschnack verklebt sind. Ich hätte wohl auch von Brüsten oder Busen schreiben können, aber im Geiste des Clips muss die ordinäre Variante gewählt werden. Wie billig ist das denn? «Samba de Janeiro» trifft auf «Zeig doch mal die Möpse». Fehlt nur noch das Bier – na dann, Prost!