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«Zu früh» um von Waffenruhe zu sprechen: Was bringen die Gespräche in Minsk?

In diesem Gebäude in Minsk (Weissrussland) finden die Gespräche zwischen den verfeindeten Parteien statt.
In diesem Gebäude in Minsk (Weissrussland) finden die Gespräche zwischen den verfeindeten Parteien statt.Bild: TATYANA ZENKOVICH/EPA/KEYSTONE
Putin und Poroschenko an einem Tisch

«Zu früh» um von Waffenruhe zu sprechen: Was bringen die Gespräche in Minsk?

10.02.2015, 19:5611.02.2015, 15:24
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Bei Kämpfen in der Ostukraine sterben Tag für Tag Menschen. Damit das aufhört, bringen Deutschland und Frankreich Putin und Poroschenko in Minsk an einen Tisch. Die Aussichten auf Erfolg sind völlig offen.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel garantiert für nichts an diesem Mittwoch in Minsk. So, wie sie spricht, hält sie fast alles für möglich bei dem Treffen mit den Präsidenten von Frankreich, Russland und der Ukraine: Von ersten Friedensschritten für die Ukraine bis zur kurzfristigen Absage des Gipfels in Weissrussland.

Eine Garantie gibt die Kanzlerin dann aber doch ab: «Wir werden es wieder und wieder versuchen.» Das sei des Politikers Pflicht, sagte sie bei ihrem Gespräch mit US-Präsident Barack Obama in Washington - und machte ihm und Russlands Präsident Wladimir Putin klar: Ohne reden geht es nicht. Die Frage ist, wie viele Menschen bis dahin noch sterben.

Offenbar doch keine Einigung auf Waffenruhe in der Ukraine
Einen Tag vor dem geplanten Gipfeltreffen zur Ukraine-Krise in der weissrussischen Hauptstadt Minsk sind die vorbereitenden Gespräche am Dienstag offenbar vorerst doch ohne greifbares Ergebnis zu Ende gegangen. Es sei «zu früh, um über eine Waffenruhe zu reden», teilte Denis Puschilin, Unterhändler der prorussischen Separatisten mit. Die Rebellen hätten Vorschläge für eine Einigung vorgelegt, auf die nun reagiert werden müsse. Einzelheiten zu den Vorschlägen nannte Puschilin nicht.

Zuvor hatte die russische Nachrichtenagentur Tass gemeldet, die Konfliktparteien hätten sich auf eine Waffenruhe geeinigt.  (kad/sda/apa/reu/dpa) 

Kurz vor dem mit grossen Hoffnungen erwarteten Vierer-Gespräch nehmen die Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen im Kriegsgebiet noch einmal deutlich an Schärfe zu. Erneut verlieren viele Menschen in dem Konflikt ihr Leben. Seit April 2014 starben nach jüngsten Angaben des ukrainischen Staatschefs Petro Poroschenko mehr als 7000.

Politische Falken

Für den seit acht Monaten amtierenden Poroschenko dürfte der Minsker Gipfel der schwerste politische Termin seines Lebens werden. Jeden mit Putin ausgehandelten Kompromiss werden ihm die «Falken» in Kiew als «Pakt mit dem Teufel» vorhalten. Seit Monaten kennen die ukrainischen Medien, darunter auch Poroschenkos eigener TV-Sender Fünfter Kanal, nur einen Feind: Russland. 

Auch deshalb sind viele in der ukrainischen Regierung gegen eine Waffenruhe – und für ein gewaltsames Vorgehen gegen die prorussischen Separatisten.

Ukrainische Soldaten versuchen den Osten des Landes unter ihre Kontrolle zu bringen.
Ukrainische Soldaten versuchen den Osten des Landes unter ihre Kontrolle zu bringen.Bild: GLEB GARANICH/REUTERS

Politische Falken gibt es auch in den USA. Vor allem viele republikanische US-Senatoren drängen Obama zu Waffenlieferungen an Kiew. Ihnen ist der US-Präsident zu weich, zu schwach, den Anspruch der USA zu erfüllen, immer Stärke zu zeigen und Krisendiplomatie zu betreiben. 

Obama selbst wolle keine Waffen liefern und wünsche sich sehr einen Erfolg in Minsk, heisst es in Regierungskreisen. Er steht innenpolitisch unter Druck – wie Putin. Auch dieser sieht sich herausgefordert, die Macht Russlands – auch nach innen – zu beweisen.

Minsker Abkommen Verhandlungsgrundlage

In Teilen des Landes würde US-Waffenhilfe für Kiew als Kriegserklärung an Moskau verstanden. Russland sieht sich weiterhin nicht als Konfliktpartei. Putins Sprecher Dmitri Peskow warnte davor, mit Russland im Ton der Ultimaten und Drohungen zu sprechen.

Das Minsker Friedensabkommen vom vorigen September, gegen das die Konfliktparteien permanent verstossen, soll die Grundlage für den neuen Friedensplan werden. 

Diesmal müsse alles bis ins allerletzte Detail festgelegt werden, heisst es in Berlin. Das ist an einem Abend wohl kaum zu schaffen. Demnach kann der 11. Februar 2015 eigentlich nur ein nächster Schritt auf dem Weg zum Frieden werden.

Die Soldaten der prorussischen Donbass-Milizen kämpfen in der Ostukraine gegen die Armee.
Die Soldaten der prorussischen Donbass-Milizen kämpfen in der Ostukraine gegen die Armee.Bild: Sergei Chuzavkov/AP/KEYSTONE

Putin fordert ausserdem direkte Gespräche der ukrainischen Führung mit den Kräften der russisch geprägten Region Donbass. Hier vermittelt derzeit eine Kontaktgruppe unter Beteiligung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE. Auch sie soll am Mittwoch in Minsk Gespräche führen.

Fehlende Kontrolle einer Waffenruhe

Experten in Moskau und Kiew haben grosse Befürchtungen, dass eine womöglich in Minsk verkündete Feuerpause wieder nur von begrenzter Dauer wäre. Bei der wichtigen Frage einer effektiven Kontrolle der Waffenruhe ist keine Lösung in Sicht. 

Poroschenko weiss, dass eine Waffenruhe den Konflikt im Donbass einfrieren könnte – das Krisengebiet wäre wie eine Wunde, die jeder Zeit aufplatzen könnte. Damit wäre auch der von Kiew angestrebte NATO-Beitritt auf Jahre verbaut, weil Staaten mit offenen Territorialstreitigkeiten keine Chance auf eine Mitgliedschaft haben.

In Washington sagte Merkel noch zum Minsker Treffen: «Es gibt gute Gründe zu sagen, es wird vielleicht nichts. Und dann sind wir wieder aufgefordert zu sagen: Was überlegen wir uns jetzt. Und da wir uns jedes Mal die Schritte überlegt haben, werden wir es auch diesmal tun.» (jas/sda/dpa)

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