Die Frage lautet: «Sollte Schottland ein unabhängiges Land sein?» Die Wahlberechtigten dürfen zustimmen oder ablehnen. Eine dritte Antwortmöglichkeit – vollständige Autonomie in inneren Angelegenheiten bei einem gleichzeitigen Verbleib im Vereinigten Königreich – hatte die britische Regierung abgelehnt.
Es sind etwa 4,2 der insgesamt 5,3 Millionen Einwohner Schottlands aufgerufen, über die Unabhängigkeit ihres Landes zu entscheiden. Wahlberechtigt sind alle Einwohner ab 16 Jahren. Schotten, die in anderen Teilen Grossbritanniens leben, dürfen nicht abstimmen. Dagegen sind Engländer, Waliser und Nordiren, die in Schottland leben, wahlberechtigt.
Um 7 Uhr schottischer Zeit, 8 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ), öffnen die Urnen. Sie schliessen wieder um 23 Uhr MESZ.
Unmittelbar nach dem Schliessen der Urnen um 23 Uhr MESZ. Über Nacht werden in den 32 Stimmbezirken von Schottland die Stimmzettel ausgezählt. Unmittelbare Prognosen nach Schliessung der Wahllokale sind nicht geplant.
Wahlleiterin Mary Pitcaithly wird das Endergebnis am Freitag zur «breakfast time» in Edinburgh veröffentlichen. Das Resultat wird zwischen 7.30 und 8.30 Uhr MESZ erwartet. Die ersten Teilresultate können aber bereits zwischen 2 Uhr nachts und 7 Uhr unserer Zeit erwartet werden.
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In den schwach besiedelten und abgelegenen Gebieten wie den Inseln Argyll und Bute kommen Helikopter zum Einsatz, die die Wahlurnen abholen und ins regionale Wahllokal bringen. Andere bewohnte Inselchen müssen ihre Stimmen mit Booten ans Festland bringen – das schlechte Wetter könnte also die Bekanntgabe des endgültigen Abstimmungsergebnisses verzögern.
Durchgesetzt wurde das Referendum von Schottlands Regierungschef Alex Salmond, dem Vorsitzenden der Schottischen Nationalpartei (SNP). Der 60-Jährige wurde erstmals 1990 zum SNP-Chef gewählt und arbeitete seitdem beharrlich auf die Unabhängigkeit hin.
Die drei grössten Parteien im britischen Unterhaus lehnen die Abspaltung Schottlands ab. Camerons konservative Tory-Partei und die mitregierenden Liberaldemokraten haben sich mit der oppositionellen Labour-Partei auf weitreichende Machtübertragungen an Schottland verständigt, sollten die Schotten gegen eine Unabhängigkeit stimmen.
Die Unabhängigkeit wäre ein grosser Sieg für Salmond und eine historische Niederlage für Cameron. Britische Medien spekulieren für diesen Fall über einen Rücktritt oder gar eine Absetzung Camerons durch das Parlament. Für Schottland und den Rest des Vereinigten Königreichs würde eine Phase komplizierter Verhandlungen über die Abwicklung der Trennung beginnen. Dafür hätten beide Seiten 18 Monate Zeit. Am 24. März 2016 würde Schottland unabhängig.
Dann darf sich Salmond trotzdem als Sieger fühlen, weil er Cameron zahlreiche Zugeständnisse abgetrotzt hat. Cameron wiederum kann sein Amt zumindest bis zu den Parlamentswahlen im Frühjahr behalten. Doch die neuen Machtbefugnisse für Edinburgh dürften auch andernorts Begehrlichkeiten wecken. Wales und einige englische Regionen werden von London womöglich ähnliche Kompetenzen fordern.
Ja, Schottland kann wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen. Das Bruttoinlandprodukt Schottlands ist in etwa so gross wie dasjenige Irlands oder Finnlands, zweier Staaten mit ähnlicher Bevölkerungszahl. Im Zentrum der Unabhängigkeitsdebatte steht aber die Frage, ob es den Schotten alleine auch wirtschaftlich besser ginge.
Das «Ja»-Lager verweist auf die milliardenschweren Einnahmen aus der Öl- und Gasförderung in der Nordsee, die nicht länger mit London geteilt würden. Ausserdem würde die Wirtschaftspolitik allein auf die schottischen Bedürfnisse ausgerichtet. London warnt dagegen vor sinkenden Fördermengen in der Nordsee, vor der Abwanderung grosser Unternehmen nach England und einem Aus für die bisherige Gemeinschaftswährung Pfund Sterling.
Zahlreiche Länder mit eigenen Unabhängigkeitsbewegungen blicken gespannt auf den Ausgang des schottischen Volksentscheids. In Spanien streben Katalonien und das Baskenland nach Unabhängigkeit, in Belgien die Region Flandern und auch in den italienischen Regionen Südtirol und Padanien gibt es Sezessionsbefürworter.
Die EU könnte bald vor der schwierigen Frage stehen, ob sie den Schotten die Tür vor der Nase zuschlagen soll oder mit einer zügigen Aufnahme Schottlands riskiert, weitere Unabhängigkeitsbewegungen zu ermutigen. Ferner fürchtet die NATO, dass der von Edinburgh geforderte Abzug der mit Atomraketen bestückten britischen U-Boot-Flotte aus Schottland die Briten zu einem vollständigen Verzicht auf ihren Atommachtstatus bewegen könnte.
(egg/whr/sda/afp)