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SVP gewinnt, Grün ist out – was wir aus den Wahlen in den Kantonen lernen

SVP gewinnt, Grün ist out – was wir aus den Wahlen in den Kantonen lernen

03.04.2023, 12:1304.04.2023, 06:40
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Diesmal konnte die SVP mehr Wähler überzeugen – ob es im Herbst auch so sein wird? (Symbolbild)
Diesmal konnte die SVP mehr Wähler überzeugen – ob es im Herbst auch so sein wird? (Symbolbild)Bild: watson/shutterstock

Im letzten grossen Testlauf vor den eidgenössischen Wahlen im Oktober wurde diesen Sonntag in Genf, Luzern und dem Tessin gewählt. Die wichtigsten Resultate und Einordnungen im Überblick:

Wer hat zugelegt?

Die grosse Gewinnerin des Wochenendes ist die SVP. Sowohl in Luzern als auch in Genf konnte sie um 3,4 Prozentpunkte zulegen.

Der Luzerner Regierungsratskandidat, Armin Hartmann von der SVP trifft im Luzerner Regierungsgebaeude ein, anlaesslich der Luzerner Regierungsratswahlen und Gesammterneuerungswahlen vom Sonntag, 2. Ap ...
Armin Hartmann.Bild: keystone

In Luzern ergatterte die SVP fünf Sitze im Kantonsrat, wobei daran erinnert werden muss, dass sie 2019 sieben Sitze verloren hatte. Somit ist sie nach der Mitte die zweitstärkste Partei in der grossen Kammer. Im Regierungsrat muss die Volkspartei aber noch um ihren einzigen Sitz bangen: Armin Hartmann erreichte das absolute Mehr nicht und muss am 14. Mai zum zweiten Wahlgang noch einmal antraben. Seine Chancen stehen jedoch gut: Er hatte im ersten Wahlgang einen Vorsprung von rund 11'000 Stimmen.

Wer den Sitz des abtretenden parteilosen Marcel Schwarzmann übernimmt, wird sich ebenfalls erst am 14. Mai zeigen. Nach Hartmann kommen Ylfete Fanaj von der SP und Claudia Hauser von der GLP, wobei Fanaj ein gutes Stück vorne liegt.

Während die SVP in Genf zwar vier Sitze zulegen konnte, war es doch jemand anderes, der den grössten Erfolg verbuchen konnte: die Liste «Freiheit und soziale Gerechtigkeit» von Ex-Staatsrat Pierre Maudet. Seine Bewegung erhielt auf Anhieb stattliche 10 Sitze im Kantonsparlament. Maudet war nach diversen Korruptionsskandalen der FDP verwiesen worden und nun auf eigene Faust angetreten.

Im Regierungsrat sind die Ergebnisse jedoch noch nicht klar: Keiner der Antretenden konnte das absolute Mehr für einen Einzug in den sogenannten Staatsrat erreichen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die FDP-Frau Anne Hiltpold und Pierre Maudet beide der Mitte respektive der SP einen Sitz abluchsen werden.

Und im Tessin konnte die SVP-Verbündete Lega dei Ticinesi die Regierungsratssitze von Norman Gobbi und Claudio Zali allem Anschein nach souverän verteidigen. Grundsätzlich änderte sich in der Parteizusammensetzung des Tessiner Regierungsrats nichts, einzig SP-Frau Marina Carobbio zieht neu ein und ersetzt ihren abtretenden Parteikollegen Manuele Bertoli.

Die neu gewaehlte Marina Carobbio, Kandidatin der SP fuer den Staatsrat, Mitte, am Sonntag, 2. April 2023 in Bellinzona. (Keystone/Ti-Press/Samuel Golay)
Marina Carobbio.Bild: keystone

Die Ergebnisse der Tessiner Kantonsratswahlen stehen noch aus, nach ersten Auszählungen haben jedoch SVP und Mitte an Wähleranteil zulegen können.

Wer hat verloren?

Eigentlich alle anderen. Die NZZ schreibt, dass sich ausser der SVP niemand so recht freuen könne; grosse Abstürze seien jedoch ebenfalls ausgeblieben. Die Bundesratsparteien mussten zwar alle Verluste einstecken, diese hielten sich jedoch in Massen.

Kantonsrat Luzern: Hier tagt das Parlament
Bild: zvg

Im Luzerner Kantonsrat profitierte die SVP von der Schwäche der Mitte und der Grünen, welche zwei respektive drei Sitze abgeben mussten.

In Genf hat derweil das Linksbündnis «Ensemble à Gauche» im Kantonsrat die nötigen 7 Prozent nicht erreichen können und wird deshalb nicht mehr in der grossen Kammer vertreten sein. Damit verliert die harte Linke 9 Sitze, die eben Maudets «Freiheit und soziale Gerechtigkeit» sowie SVP und dem «Mouvement des Citoyens Genevois» zugutekommen.

Auch die FDP musste Sitze abtreten: Von den 28 Sitzen, die sie 2019 holte, muss sie ab jetzt mit 22 auskommen. Zweifelsohne dürften die meisten davon an Maudets neue Liste abgegangen sein.

Die Resultate fürs Tessin werden für Montagabend erwartet. Die ersten Ergebnisse zeigen aber Verluste für FDP, SP und die Grünen.

Warum wurde so gewählt?

Die Grünen haben bislang in allen Kantonen Wähleranteile verloren (Luzern 1,2 Prozent, Genf 0,2 Prozent, Tessin bislang 2 Prozent). Damit verdeutlicht sich ein Trend, der bereits bei den Regionalwahlen in Zürich und Basel-Stadt Form angenommen hatte: Grün ist out.

Sticker als Wahlkampf Souveniers der Gruenen Partei Schweiz in der Stadt Olten zum Thema, Gruen statt Grau, fuer den Wahlkampf 2023, anlaesslich der Delegiertenversammlung der Gruenen Partei Schweiz i ...
Bild: keystone

Die NZZ sieht den Grund für das Versagen der Grünen darin, dass die «grüne Welle» abgeebbt sei. Der Hauptfokus liege, anders als vor vier Jahren, nicht mehr beim Klima, sondern bei der Migration und der Wohnungsnot. Auch die Grünliberalen vermögen nicht mehr auf dem Klima-Hype zu reiten: Sie haben zwar fast überall an Wähleranteilen zulegen können, doch wirklich durchbrechen konnten sie nirgends.

Die Themen, die zurzeit die politischen Diskussionen dominieren, spielen jedoch der SVP zu, womit sich deren gutes Ergebnis erklären lässt. Migration ist ein Kernthema der Volkspartei, welches sie nun ausschlachten kann. So sind seit 2022 die Asylanträge stark angestiegen, wie der Tagesanzeiger schreibt – dazu kommen über 80'000 ukrainische Flüchtlinge.

Die SVP macht damit den Schulterschluss zur Problematik der Wohnungsnot, die im Moment äusserst präsent ist: Sie gibt den Migranten die Schuld an der Wohnraumknappheit.

Dass die FDP (vor allem in Genf) so hart einstecken musste, liegt sicherlich an der neuen Konkurrenz durch Maudets «Freiheit und soziale Gerechtigkeit». Auch traten mehrere bekannte FDP-Grossräte nicht mehr an. Aber nicht zuletzt dürfte auch das CS-Debakel das Vertrauen der Wähler in die Freisinnigen geschmälert haben.

(cpf)

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308 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Wolf von Sparta
03.04.2023 12:29registriert Februar 2019
Hm ich denke dieses "Grün-Tief" hat sicherlich auch mit den klebenden Klimaaktivisten zu tun, welche von praktisch allen gehasst werden, oder den ganzen Demonstrationen welche allen Leuten auf den Keks gehen und es nur um Randale und Gewalt geht. Das spielt den anderen Parteien halt in die Karten, wenn sich der normale Bürger nur noch mehrheitlich aufregt! Natürlich ist für den einfachen Bürger der Sündenbock dann schnell gefunden = Grün / Links / Juso. Also das ist zumindest meine Meinung als Laie.
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Pafeld
03.04.2023 12:28registriert August 2014
Den Leuten kann es gar nicht schlecht gehen, wenn sie in Scharen zu einer Partei rennen, die ausser Themenbewirtschaftung und dem Durchsetzen von Lobbyinteressen keinen politischen Leistungsausweis hat.
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Denkblase
03.04.2023 16:38registriert Juli 2020
Grün ist out, weil Sie Ihre Basis und deren extremen Kern nicht unter Kontrolle haben, siehe die Strassenkleber und die Krawallmacher. Das verzeiht das Volk der Partei nicht.
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