Schweiz

Kanton Schwyz darf Einbürgerung nicht wegen Verkehrsunfall sistieren

Verkehrsunfall kein Grund, um Einbürgerung zu sistieren – Gericht heisst Beschwerde gut

26.04.2022, 11:3126.04.2022, 14:32
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Der Kanton Schwyz darf das Einbürgerungsverfahren eines gut integrierten Ausländers, der ein Verkehrsdelikt begangen hat, nicht über die Probezeit hinaus sistieren. Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde des 57-Jährigen Wirts und Familienvaters teilweise gutgeheissen.

Die Organisation «Einbürgerungsgeschichten» hat am Dienstag das Urteil des Gerichts publik gemacht. Die Gemeinde Arth SZ hatte 2020 dem 1994 als Flüchtling aus der Türkei in die Schweiz eingereisten Mann das kommunale Bürgerrecht zugesichert.

Kurz darauf verursachte der Einbürgerungswillige im Kanton Uri einen Selbstunfall, weil er am Steuer eingeschlafen war. Er wurde mit einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 90 Franken bestraft. Die Probezeit wurde auf zwei Jahre festgelegt.

Der Kanton Schwyz sistierte wegen des Delikts das Verfahren für das kantonale und damit das eidgenössische Bürgerrecht für die Dauer von fünf Jahren. Davon entfielen zwei Jahre auf die Probezeit und drei Jahre auf eine zusätzliche Wartefrist.

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Nach der Einbürgerung kann der Schweizer Pass beantragt werden.Bild: watson

Integration gesamthaft würdigen

Der Einbürgerungswillige akzeptierte dies nicht. Er forderte, dass seine Integration gesamthaft gewürdigt und nicht wegen des Verkehrsunfalls infrage gestellt werde. «Warum sollte dieser eine Fehltritt etwas über meine Integration aussagen?», wird er in der Medienmitteilung von «Einbürgerungsgeschichten» zitiert.

Das Verwaltungsgericht gab dem Beschwerdeführer Recht. Dieser sei gut integriert, hält es in seinem Urteil fest. Von einer erheblichen Straffälligkeit könne keine Rede sein. Mit der Bewährung während der zweijährigen Probezeit könne der Einbürgerungswillige rechtsgenüglich aufzeigen, dass er die öffentliche Ordnung beachte.

Anhaltspunkte für eine negative Prognose und damit eine längere Wartezeit gebe es keine, schreibt das Gericht in seinem Urteil. Würde eine über die Probezeit hinausgehende Wartezeit auferlegt, würde das Verkehrsdelikt übermässig gegenüber der unbestrittenen gesellschaftlichen, beruflichen und sprachlichen Integration bewertet.

Das Verwaltungsgericht ordnete damit an, dass der Kanton das Verfahren nach der Probezeit, die am 11. August 2022 ausläuft, wieder aufnehmen muss.

Mehr über die Einbürgerungs-Praxis in der Schweiz:

(yam/sda)

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pandas
26.04.2022 14:19registriert April 2019
Als ob es im Kanton Schwyz keine Verkehrssünder gibt, welche den Pass seit Geburt besitzen. Solche Entscheidungen sind nicht rational.
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Hierundjetzt
26.04.2022 13:37registriert Mai 2015
Schon wieder Schwyz.

Fragen?

Eben
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fidget
26.04.2022 16:04registriert Dezember 2018
Einbürgerungen sollten von einer Bundesbehörde durchgeführt werden. Schon alleine diese Kasperlitheater von Einbürgerungsgesprächen bei den Gemeinden sind unwürdig. Da werden völlig willkürlich Fragen gestellt und dann aufgrund dessen über den weiteren Verlauf entschieden. Die meisten Schweizer könnten diese Fragen vermutlich nicht beantworten.
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