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Familie verschwunden: Vater hatte Kindsentführung angeblich schon länger geplant

Das Ehepaar Kast.
Das Ehepaar Kast.Bild: kapo solothurn

Familie verschwunden: Vater hatte Kindsentführung angeblich schon länger geplant

Ein Aargauer entführt seine beiden Töchter aus dem Kinderheim im solothurnischen Trimbach. Seither ist die Familie aus Sisseln verschwunden. Die Nachbarin berichtet von vernachlässigten Kindern, eine Bekannte von massiven Eheproblemen.
27.07.2015, 06:5927.07.2015, 11:28
Fabian Hägler / Aargauer Zeitung
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Ein Artikel von
Aargauer Zeitung

Das Haus in Sisseln ist leer – seit gestern Sonntag fehlt von Margie und Christian Kast und ihren Töchtern Alina und Queen Sebell jede Spur. Mit grosser Wahrscheinlichkeit hat der Vater die beiden Töchter am Samstag aus einer Wohngruppe in Trimbach SO entführt. Dort waren die Kinder platziert worden, als die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) den Eltern die Obhut entzog, wie die Kantonspolizei Solothurn mitteilt.

Christine Grütter, eine Nachbarin des philippinisch-schweizerischen Ehepaars, sagt gegenüber Tele M1, die Eltern hätten ihre Kinder vernachlässigt. «Ich habe die Jüngere schon am Rhein gefunden und dann zurückgebracht, andere Nachbarn haben die beiden schon allein auf dem Spielplatz angetroffen.» Grütter hätte aber nie erwartet, dass die Eltern ihre Kinder entführen würden. «Es ist eine sehr liebe, herzliche Familie», sagt sie dem TV-Sender. Sie geht davon aus, dass sich das Ehepaar mit den Kindern auf die Philippinen abgesetzt habe, «damit sie die beiden Töchter behalten können».

Vater hatte Entführungspläne

«Da ihm alle abrieten, nahm ich an, er habe dieses Vorhaben aufgegeben.»
Christian Kasts Bekannte

Eine Bekannte von Christian Kast, die anonym bleiben möchte, sagt gegenüber der Nordwestschweiz: «Ich weiss, dass Christian mit seiner Familie die ‹Entführung› der Kinder plante.» Allerdings habe er dies schon vor längerer Zeit mal angekündigt. «Da ihm alle abrieten, nahm ich an, er habe dieses Vorhaben aufgegeben», ergänzt sie.

Offenbar war das Verhältnis zwischen der 29-jährigen Margie und dem 46-jährigen Christian ziemlich angespannt. «Sie waren zusammen, hatten jedoch alle paar Tage einen Riesenkrach», erzählt sie. Margie habe Drohungen ausgestossen und mit Gegenständen um sich geworfen.

«Die Scheidung ist nur noch Formsache, wenn diese Frau ihre Kinder einfach so im Stich lässt.»
Christian Kast auf Facebook

Ende Mai schien die Ehe der beiden am Ende, Margie wollte die Familie offenbar verlassen. «Sie stand am Flughafen, in der Tasche ein One-Way-Ticket nach Manila», erinnert sich die Bekannte. Damals waren die Kinder bereits in der Wohngruppe in Trimbach platziert. «Ihnen geht es den Umständen entsprechend gut», schrieb Christian Kast der Bekannten auf Facebook. Er hoffte, die Mädchen bald zurückzubekommen. «Die Scheidung ist nur noch Formsache, wenn diese Frau ihre Kinder einfach so im Stich lässt», schrieb er auf Facebook. Die Behörden seien voll des Lobes für sein Verhalten. Doch es kam anders: Margie stieg nicht ins Flugzeug, sondern blieb in der Schweiz.

Auf eine Anfrage der Nordwestschweiz wollten sich die Verantwortlichen der Wohngruppe in Trimbach nicht zur möglichen Kindsentführung äussern und verwiesen an die Kantonspolizei Solothurn. Mediensprecherin Melanie Schmid ihrerseits sagte, zu solchen Fragen könne nur die zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) im Aargau Auskunft geben. Bei den kantonalen Gerichten – für Sisseln ist das Familiengericht Laufenburg zuständig – war gestern Sonntag niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Jetzt auf

Polizei bittet Bevölkerung um Hilfe

Somit bleiben viele Fragen offen – in erster Linie jene nach dem Aufenthaltsort der Familie. Die Bekannte von Christian Kast könnte sich vorstellen, dass dieser sich in seinem Wohnwagen versteckt. «Der stand zuletzt in Kloten, vielleicht ist er dort», vermutet sie. Hinweise zu den Vermissten sind an die Alarmzentrale der Kantonspolizei Solothurn, Telefon 032 627 71 11, zu richten.

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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gfc
27.07.2015 07:13registriert Februar 2014
Muss man sich echt wundern, dass Eltern so reagieren, wenn Fremde die eigenen Kinder wegnehmen?
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