Schweiz
Aargau

Mieter in Windisch fechten Kündigungen an

Mieter in Windisch fechten Kündigungen an: «Wir sehen uns zu diesem Schritt gezwungen»

Nach der Entschuldigung von Sozialdirektor Jean-Pierre Gallati und einer Aussprache mit dem Liegenschaftsbesitzer und Gemeindevertretern schien sich eine Lösung anzubahnen. Doch nun fechten mindestens elf Bewohnerinnen und Bewohner die Kündigungen an.
04.03.2023, 18:1604.03.2023, 18:16
Fabian Hägler / ch media
Mehr «Schweiz»

«In einer offenen und lösungsorientierten Diskussion haben alle Anwesenden die Möglichkeiten besprochen, wie die aktuelle Situation gelöst werden kann.» Das teilte die Gemeinde Windisch nach der Aussprache zwischen Mietern, dem Liegenschaftsbesitzer, sowie Vertretern des Kantonalen Sozialdienstes und des Gemeinderats am Mittwochabend mit.

Man habe sich darauf geeinigt, «dass die Kündigungen aufgeschoben werden, damit die Beteiligten bis Ende März Zeit haben, um das weitere Vorgehen in einem Austausch auf Augenhöhe zu besprechen», hiess es in der Mitteilung. Dabei sei von der Eigentümerin – der 1drittel Aleph AG mit Sitz in Wollerau SZ – in Aussicht gestellt worden, dass für die Mieterinnen und Mieter individuelle Lösungen erarbeitet werden.

Vier der 49 Mietparteien, die in Windisch die Kündigung erhalten haben: Renato Haberstich, Blörn Waltert, Zeki Dogan und Cam Nhung Miller (von links).
Vier der 49 Mietparteien, die in Windisch die Kündigung erhalten haben.Bild: CH Media

Schliesslich vereinbarten alle Parteien laut Mitteilung, dass der Vermieter bis Ende Woche Zeit erhält, um zur vorgeschlagenen Lösung schriftlich Stellung zu nehmen. Der Gemeinderat zeigte sich erleichtert, dass zwischen den Eigentümer und den Mietern nun «Gespräche stattfinden werden sowie auf deren individuellen Anliegen und Bedürfnisse eingegangen wird».

Mieterinnen und Mieter reichen Einspruch bei Schlichtungsstelle ein

Doch schon am Freitagabend zeigte sich bei einem Besuch von Tele M1 in Windisch, dass die Betroffenen wenig Vertrauen in die Zusagen haben und die Kündigungen nicht akzeptieren wollen. Rechtsanwalt Donato Del Duca aus Baden empfahl dies im TV-Beitrag ebenfalls und sagte, wenn man als Mieter eine neue Wohnung gefunden habe, könne man den Einspruch gegen die Kündigung auch wieder zurückziehen.

Die betroffenen Mieterinnen und Mieter wollten abwarten, ob der Hausbesitzer die Kündigungen bis am Freitagabend zurückzieht. Dies ist offensichtlich nicht passiert, denn am Samstagmorgen teilte Mieter Björn Waltert der «Aargauer Zeitung» (AZ) mit: «Nachdem die Bewohnerinnen und Bewohner der Liegenschaften Mülligerstrasse 11/13 und Zelglistrasse gestern die Köpfe zusammengesteckt haben, wurde der Entscheid getroffen, als logischen nächsten Schritt den Einspruch bei der Schlichtungsstelle einzureichen.»

Waltert schreibt weiter: «Da sich die Eigentümerin gegen einen Rückzug der Kündigungen entschieden hat, sehen wir uns leider gezwungen diese Schritte einzuleiten, da offensichtlich kein Austausch auf Augenhöhe von der Eigentümerin gewünscht wird.» Auf Nachfrage von Tele M1 sagte Walter, dass mindestens elf betroffene Mieterinnen und Mieter die Kündigung ihrer Wohnungen anfechten.

Kantonaler Sozialdienst will Anlauf- und Beratungsstelle schaffen

In einem Schreiben an die Mieterinnen und Mieter, welches der AZ vorliegt, hält der Kantonale Sozialdienst fest: «Da die Vermieterin an den Kündigungen grundsätzlich festhält, läuft die Frist zur Anfechtung weiter.» Das Sozialdepartement werden in den nächsten Tagen zusammen mit der Gemeinde Windisch und der Besitzerfirma «nach Lösungen suchen, die Ihnen entgegenkommen», heisst es im Brief weiter.

Der Kantonale Sozialdienst werde die betroffenen Mieterinnen und Mieter bei Bedarf in diesem Prozess unterstützen und begleiten. «Wir werden dazu eine Anlauf- und Beratungsstelle schaffen, die Ihnen ab nächster Woche zur Verfügung steht», kündigt Sozialdienst-Leiterin Pia Maria Brugger Kalfidis im Schreiben an. Ziel sei es, dass die Betroffenen nach Möglichkeit in ihren Wohnungen bleiben können, bis sie eine geeignete Ersatzlösung haben.

(aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Schneider Alex
05.03.2023 05:56registriert Februar 2014
Gut so! Lasst euch nicht mit einer Scheinlösung abspeisen!
281
Melden
Zum Kommentar
2
    Männer, es ist Zeit, den Mund aufzumachen
    Es ist zu wenig, selbst nicht sexistisch zu sein. Männer müssen das Schweigen brechen und den nächsten Schritt wagen: den aktiven Anti-Sexismus.

    Viele von uns cis Männern haben in den letzten Jahren durch die feministische Bewegung und eventuell sogar unsere eigene Reflexion (!) gelernt, vermehrt in den Hintergrund zu treten. Zum einen, um den FLINTAs in unseren Leben mehr Raum zu geben, sei es bei der Arbeit, in Beziehungen oder einfach bei einem alltäglichen Gespräch – das ist cool. Zum anderen, um feministische Kämpfe nicht für unsere egoistischen Zwecke zu missbrauchen – das ist auch cool. Und drittens, weil es unheimlich praktisch ist, sich komplett aus der Diskussion herauszuhalten und die Probleme woanders zu suchen – das ist überhaupt nicht cool.

    Zur Story