Ein lesbisches Pärchen erhebt auf Instagram schwere Vorwürfe gegenüber einer Bar in Baden. Am Sonntagnachmittag hätten sie im Lokal «Rail One» je ein Bier bestellt und gemütlich zusammensitzen wollen, erzählen die beiden jungen Frauen in einem Video.
Doch das Personal habe etwas dagegen gehabt. «Sie haben das Geld für unsere Stangen zurückgegeben und haben uns gebeten, das Lokal zu verlassen», so die Frauen. «Es hat andere Leute hier, die das nicht sehen wollen», hätten die Servicekräfte gesagt. Auch der Chef dulde ein solches Verhalten nicht.
Für die beiden Frauen ein Schlag ins Gesicht: «Wir haben nur Händchen gehalten und uns ab und zu geküsst.» Man habe sich ganz normal verhalten wie jedes andere Pärchen auch. Aber: «Offensichtlich ist es auch Ende Januar 2023 nicht okay, wenn ein lesbisches Pärchen in einer Bar einfach nur Zeit verbringt.»
Die beiden Frauen sind überzeugt, dass sie wegen ihrer sexuellen Orientierung aus der Bar geworfen wurden. «Wir waren einfach nur baff und konnten das gar nicht glauben», sagen Teja Mucnjak und Sabrina Burger im Gespräch mit watson. Die Servicekräfte hätten deutlich gemacht, dass sie nur deswegen rausgeworfen wurden, weil sie zwei Frauen seien. Mucnjak sei so wütend geworden, dass sie an der Bar ein Bier ausgeschüttet habe.
Kurz nach dem Vorfall seien sie zur Kantonspolizei Aargau gegangen und hätten Anzeige erstattet. Denn gemäss dem 2020 angenommenen Diskriminierungsgesetz ist ein Rauswurf aufgrund der sexuellen Orientierung eine Straftat. Die Polizei habe sie sehr professionell aufgenommen und das Problem ernst genommen.
Das «Rail One» schildert den Vorfall jedoch ganz anders. Sein Lokal sei «offen für alle», sagt Geschäftsführer Mehmet Korkmaz gegenüber watson. Man müsse sich nur «anständig» verhalten.
Das lesbische Paar habe es aber mit den Zärtlichkeiten deutlich übertrieben. «Sie haben Bewegungen gemacht, fast wie beim Sex», erzählt Korkmaz. «Mich interessiert nicht, ob sie Lesben sind. Auch eine Frau und ein Mann können hier nicht vor allen Augen Liebe machen.» In seinem Lokal habe es viele kleine Kinder und Familien, da sei ein gewisses Mass an Anstand angebracht. Die beiden Frauen hätten sich jedoch «unglaublich» verhalten. «Sie waren unanständig und sehr laut.»
Für die Reaktion der beiden Frauen hat Korkmaz gar kein Verständnis: «Eine der beiden hat ein Bier über den Pullover meiner Mitarbeiterin geschüttet. Sie musste den ganzen Tag darin arbeiten. So aggressive Leute!»
Mucnjak und Burger können ob der Aussagen des Beizers nur den Kopf schütteln. «Wir haben nicht mal richtig rumgemacht.» Korkmaz' Version der Ereignisse stimme nicht.
watson hat das Video der Lesbenorganisation Schweiz (LOS) gezeigt. Wenn es stimmt, was die beiden sagen, sei es ein Skandal, sagt Co-Geschäftsleiterin Muriel Weger. «Das ist kein isolierter Fall. Wir kriegen immer wieder solche Meldungen.» Deswegen sei es so wichtig, dass es Gesetze zum Schutz von Lesben gebe. So könne eine Anzeige gemacht werden.
Weger fragt sich, ob der Wirt auch ein knutschendes heterosexuelles Paar vor die Tür gestellt hätte. «Oftmals werden heterosexuelle Paare anders beurteilt als gleichgeschlechtliche», sagt sie zu watson.
Für Korkmaz hat der Vorfall schon jetzt negative Konsequenzen. Nach Veröffentlichung des Instagram-Videos schrieben zahlreiche Personen einen negativen Kommentar ins Google-Rating und gaben dem Lokal ein Ein-Sterne-Rating. So schreibt ein User:
Eine weitere Person meint:
Korkmaz nervt sich darüber und sagt: «Das ist Lügerei, wir sind ein Lokal für alle.»
So kann man ein Lokal ruinieren. Eventuell grundlos.
Ich kann einen Lokalinhaber verstehen, der einschreitet, wenn „rumgemacht“ wird - wenn es denn wirklich so war.