Meist mehrere Kilometer muss Trinkwasser zurücklegen, bevor es bei uns aus dem Wasserhahn fliesst. Dass es auf diesen langen Strecken durch unterirdische Rohre zu Wasserverlust kommt, ist beinahe nicht vermeidbar.
Doch die Zahlen, die das SRF-Regionaljournal am Donnerstag von der Gemeinde Tägerig publik machte, werfen Fragen auf. 127 Millionen Liter Wasser hätten im letzten Jahr das Reservoir verlassen, effektiv bei den Verbrauchern angekommen sind aber nur 87 Millionen Liter. Die restlichen 40 Millionen Liter, sprich ein Drittel der ursprünglichen Gesamtmenge, sind spurlos verschwunden. 13 Millionen Liter mehr als im Vorjahr.
Der zuständige Gemeinderat Christian Vogel sagte gegenüber SRF: «40 Millionen Liter gehen ins Nirvana – das ist natürlich sehr unerfreulich für eine Wasserversorgung.» Eine Erklärung dafür habe er aber nicht, sondern zeigte sich ratlos. «Unser Wassernetz ist in einem sehr guten Zustand. Das irritiert dann natürlich. Wo geht das Wasser denn weg?» Ein grosses Leitungsleck schloss er aus, Wasserdiebe ebenso.
Einen Tag und ein paar Schlagzeilen in den Medien später versucht die Gemeinde, die Wogen zu glätten und die Zahlen zu relativieren. «Wir können teilweise Entwarnung geben», sagte Gemeindeschreiber Rolf Meier zur AZ. Die Gemeinde geht jetzt davon aus, dass der tatsächliche Verlust tiefer liegt als befürchtet. Dies, weil im vorliegenden Fall zwei Zahlen verglichen wurden, die über unterschiedliche Zeitperioden erhoben wurden und somit nicht eins zu eins vergleichbar seien.
Weiter geht die Gemeinde davon aus, dass im vergangenen Jahr Wasser verbraucht wurde, das in der Messung nicht erfasst wurde. Wie viel tiefer der Wasserverlust in Tägerig tatsächlich ist, kann Meier noch nicht sagen. Er verweist auf laufende Abklärungen. Die Gemeinde werde informieren, sobald das Ergebnis vorliege.
Auch in anderen Gemeinden geht Wasser auf dem Weg in die Haushalte verloren. Schweizweit ist die Rede von 120 Milliarden Liter jährlich. Und gemäss dem Schweizerischen Verein des Gas- und Wasserfaches beträgt der durchschnittliche Wasserverlust einer Wasserversorgung 12 bis 15 Prozent. Wohlen lag im vergangenen Jahr mit 17 Prozent knapp über diesen Werten. «Das Ziel ist, unter 15 Prozent zu kommen», sagt Giovanni Romeo, Geschäftsleiter der IBW Technik AG. Man ist auf gutem Weg dazu, denn ein Jahr zuvor wies Wohlen noch deutlich schlechtere Werte auf. Damals gingen, auf dem rund 100 Kilometer langen Leitungsnetz, 24 Prozent des Wassers verloren.
Dieser grosse Verlust führte dazu, dass die IBW intensiver als sonst nach Wasserlecks suchte. Und auch fand. 2018 reparierte das Unternehmen 39 Stellen, an denen zuvor Wasser entweichen konnte. Dies sind zehn Reparaturen mehr als im Vorjahr. Daran will die IBW anknüpfen, wobei Romeo betont: «Die Suche nach Wasserlecks ist vergleichbar mit einer Suche nach einer Nadel im Heuhaufen.
Nebst grosser Erfahrung braucht es auch viel Glück.» Um das Glück zu reduzieren, sind verteilt auf das ganze Leitungssystem 180 spezielle Mikrofone installiert. Nimmt die gemessene Lautstärke plötzlich zu, ist dafür meist ein Leck verantwortlich, zu denen es oft altersbedingt kommt. «Dass ein Leitungsrohr über 100 Jahre eingesetzt wird, ist nichts Ungewöhnliches», sagt Romeo. Auch in Villmergen konnte der Verlust deutlich reduziert werden. 2010 betrug er noch 18 Prozent, im vergangenen Jahr nur noch 7 Prozent.
Auf dem rund 50 Kilometer langen Netz der Wasserversorgung Muri gehen jeweils rund 15 bis 20 Prozent des Trinkwassers verloren. Die Wasserversorgung Muri repariert nicht jedes gefundene Leck, wie Präsident Thomas Suter sagt. «Bei einem kleinen Leck ist der Verlust des Wassers günstiger als eine allfällige Reparatur», sagt er. Diese kostet immer mehrere Tausend Franken. In Wohlen wird jedoch trotzdem jedes Leck repariert, wie Romeo von der IBW mitteilt. Betriebswirtschaftlich gesehen, sei dies vermutlich falsch, doch: «Wasser hat für uns einen hohen ideellen Wert.» (aargauerzeitung.ch)