Ein ehemaliger Chefarzt am Kantonsspital Aargau (KSA) ist wegen der Verletzung der Regeln der ärztlichen Kunst mit 10'000 Franken gebüsst worden. Der Entscheid des kantonalen Departements Gesundheit und Soziales (DGS) ist noch nicht rechtskräftig. Das KSA wird kritisiert.
Im Aufsichtsverfahren von zwei ehemaligen Chefärzten gegen den früheren langjährigen Chefarzt der Klinik Neurochirurgie, Javier Fandino, und gegen das KSA sei festgestellt worden, dass einzelne Vorwürfe begründet seien, teilte das DGS am Freitag mit.
In der Klinik für Neurochirurgie am KSA wurde gemäss DGS seit 2007 und seit 2011 auch von Chefarzt Fandino der Wirkstoff 5-ALA (eine Aminosäure zur besseren Sichtbarmachung von Tumoren) durchgehend auch bei gutartigen Hirntumoren eingesetzt.
Dieses Vorgehen stehe im Widerspruch zur Praxis des Universitätsspitals Zürich (USZ) und des Inselspitals Bern, hält das Gesundheitsdepartement fest. Dies widerspreche auch der wissenschaftlichen Literatur, welche die Anwendung von 5-ALA nur bei der Entfernung von bösartigen Hirntumoren als zulässig erachte.
Zudem habe Fandino infolge mangelhafter Vorbereitung eines operativen Eingriffs eine falsche Seite eines Schädels geöffnet. Bei der Operation habe auch die andere Seite geöffnet werden müssen.
Mit Bezug auf die beiden Beanstandungen stellte das Gesundheitsdepartement fest, dass die KSA-Führung die spitalinterne Aufsichtspflicht mangelhaft wahrgenommen habe. So sei die Öffnung einer falschen Schädelseite während einer Operation nicht weiterverfolgt worden. Auch sei der durchgehende Einsatz von 5-ALA der KSA-Führung bekannt gewesen.
Damit liegt gemäss Gesundheitsdepartement eine Verletzung der Aufsichts- und Überwachungspflicht des KSA vor. Es sprach gestützt auf das Spitalgesetz eine Verwarnung gegen das KSA aus. Das Gesetz sieht keine andere Massnahme als die Verwarnung vor. Beiden Parteien wird eine Gebühr von je 8000 Franken für die Verfahrenskosten auferlegt.
Als unbegründet stellten sich gemäss Gesundheitsdepartement die weiteren in den Aufsichtsbeschwerden gemachten Vorwürfe heraus. Es ging unter anderem um fehlende Einwilligungen von Patienten und unethische Forschung.
In einer Stellungnahme hält Fandino fest, die meisten Vorwürfe hätten sich «in Luft aufgelöst». Bei der Operation am Kopf habe es keine Seitenverwechslung gegeben, das KSA sei zum gleichen Ergebnis gekommen. Die Aussage sei «in höchstem Mass rufschädigend».
Er gab sich enttäuscht darüber, dass er im Zuge des Aufsichtsverfahrens kein einziges Mal die Möglichkeit gehabt habe, sich persönlich in einem Gespräch zu den Vorwürfen zu äussern.
Das Kantonsspital Aarau stellte in einer Medienmitteilung «Genugtuung» über den Entscheid des Gesundheitsdepartements fest. Die Vorwürfe gegen das KSA und seine Organe hätten sich als «nicht stichhaltig erwiesen» und seien durch Fakten widerlegt worden. (aeg/sda)