Die SRF-«Arena» zum Rassismus von vergangener Woche war ein Debakel. Eine Farce. Ein Chaos. Die Sendung versprach als Thema «Jetzt reden wir Schwarzen» – gesprochen haben aber die Kritikerinnen und Kritiker: Bei der Ombudsstelle gingen über 130 Beschwerden ein, der watson-Artikel wurde über 500 mal kommentiert. Und der Posteingang von Moderator Sandro Brotz war rappelvoll.
Voller Selbstkritik und nach schlaflosen Nächten, kündigte sein Team eine zweite Sendung zum Thema an. Das Setting war bekannt: «Jetzt sitzen wir an einen runden Tisch» und zwar mit vier schwarzen Frauen in der inneren Runde und vier schwarzen Personen auf der Loge.
Was das Publikum zu sehen bekam, war die Debatte, die das Thema verdiente: Es wurde darüber geredet, was Rassismus in der Schweiz bedeutet, wie die Betroffenen das selbst erleben und warum Zuhören und Verstehen mehr hilft als ein provokationsreiches Streitgespräch. Und es wurden kritische Stimmen angehört, die zum Rassismus eine Sicht haben, sich aber nicht aktivistisch in der «Black Lives Matter»-Diskussion engagieren.
Das hatte vor allem einen Grund: Die Fehler der ersten «Arena»-Ausgabe dazu wurden zu Beginn der Sendung aufgearbeitet. Das hörte nicht mit der Selbstkritik von Sandro Brotz auf, sondern beinhaltete auch die Frage, wie über Rassismus diskutiert werden soll. Auslöser waren harsche Statements der letzten «Arena», unter anderem die des Republikaners James Foley: «Sie haben nicht das Recht, nicht beleidigt zu werden. C'est la vie, et la vie continue.»
Foley ist kein Unbekannter. 2016 stellte er im watson-Interview die amerikanische Staatsbürgerschaft des ehemaligen Präsidenten Barack Obama in Frage, und steht laut Brotz nach wie vor hinter der «C'est la vie»-Aussage. In der inneren Runde waren sich die vier Frauen einig, dass Foley provozieren wollte. Muss mit solchen Meinungen auch diskutiert werden?
Die Künstlerin Fatima Moumouni machte klar, dass sie auch mit gegenteiligen Meinungen reden wolle. Es tue ihr aber weh, wenn Menschen eingeladen werden, die zum Thema nichts sagen wollten. «Ich will über Rassismus reden – ich habe aber keine Zeit. Es ist viel zu spät, dass wir so über das Thema reden und immer wieder klären müssen, ob es Rassismus gibt. Ich will einen Schritt weiter gehen.»
Einen Schritt weiter: Das wurde dann auch im Studio getan, im Wissen darüber, wie man es nicht machen sollte. Im zweiten Teil der Sendung erzählten die Teilnehmerinnen, was für sie Rassismus heisst und wie sie ihn erleben. Die Voten zeigten, dass es unterschiedliche Auffassungen zu diesen Fragen geben kann und der Rassismus unterschiedliche Gefühle auslöst.
Moumouni brachte dazu selbst eine Rassismus-Definition in die Debatte: Es gehe darum, dass und wie die widerlegte Rassentheorie bis heute wirke. Die physische und verbale Gewalt sei nur ein Teil der Nachwirkung, auch die fehlende «Frau mit Kopftuch» im Schulbuch hänge etwa damit zusammen.
Jovita dos Santos Pinto, die als Kulturwissenschaftlerin zu den Auswirkungen des Kolonialismus forscht, brachte dazu die alltägliche Frage «Woher kommst du?» als Beispiel auf, die häufiger schwarzen Personen gestellt werde. Diese Neugierde würde kolonialisierte Vorurteile, wonach in Afrika nur Schwarze und in Europa nur Weisse leben würden, wieder aufnehmen – obwohl dies heute nicht mehr so ist.
Dies sei so, weil Rassismus in jeder Kultur verankert sei. Der Sozialwissenschaftler Ganga Jey Aratnam blickte dazu als Vergleich auf die Frauenfeindlichkeit der Schweiz: Diese habe lange bestanden und habe sich etwa in der späten Garantie des Frauenstimmrechts gezeigt. Eine solche Entwicklung habe es beim Rassismus nicht gegeben. Aratnam, der die Schweiz als eine seiner «Heimaten» bezeichnete, nahm auch sich selbst in die Verantwortung: «Es geht um die Bereitschaft wahrzunehmen, dass wir als Menschen diskriminieren können.»
Auch der FDP-Gemeinderat Nirosh Manoranjithan aus Vilters-Wangs SG konnte von einem rassistischen Angriff berichten. An der letzten Fasnacht wurde er als «Neger» auf einem Umzugswagen bezeichnet. Die Schweiz habe ein «massives Problem» mit dem Rassismus, sagte der Jungpolitiker. Dieses sieht er aber in der Art und Weise, wie über den Rassismus diskutiert werde, weil es in den Vereinigten Staaten gerade «gehyped» werde.
In der Sendung wurden auch mögliche Massnahmen diskutiert, mit welchen eine Gesellschaft dem strukturellen Rassismus begegnen könne. Die «Black Lives Matter»-Aktivistin und Juso-Mitglied Angela Addo war in er ersten Sendung bereits mit dabei und kritisierte die fehlende Aufarbeitung des Kolonialismus und der Diskriminierung in den Schulbüchern.
SVP-Politikerin Gabriella Binkert, die ebenfalls an der letzten Sendung teilnahm, bezeichnete das als «sehr gute» Idee. Sie forderte, dass man dann aber «alles aufarbeiten» müsse – auch die jüngere Geschichte. Zudem wünschte sie sich einen schulischen Fokus auf den «gegenseitigen Respekt». Schliesslich seien Kinder ja keine Rassisten.
Der Sozialwissenschaftler Aratnam appellierte daran, dass es eine «kontinuierliche Auseinandersetzung» brauche und man sich den Tatsachen bewusst sein müsste. «Wir schauen nicht nur nicht ins Ausland, sondern auch nicht nach oben», sagte er. Er erwähnt den hohen Migrationsanteil in der Führungsetage der grössten Schweizer Unternehmen und verweist auf Deutschland, das sich seit 2000 als «Einwanderungsland» bezeichnet. «Deutschland stand zur Vielfalt und gewährleistet seither den Neugeborenen den deutschen Pass. Und hier diskutiert man über die erleichterte Einbürgerung für die dritte Generation.»
Gegen den Schluss kam dann auch das Thema Racial Profiling auf. Darunter versteht man das Verdächtigen von Personen allein wegen äusserlicher Merkmale, wie etwa der Hautfarbe. Der Vorwurf richtete sich hauptsächlich gegen die Polizei, von der Brotz gleich mehrere Absagen für eine Sendungsteilnahme erhielt. Die Kulturwissenschaftlerin Claudia Wilopo erzählte stattdessen von ihrer Forschung zu diesem Thema, sagte aber auch, dass Daten dazu fehlten.
Diese bräuchte es aber, forderte Kulturwissenschaftlerin Pinto. Wenn es angeblich kein Problem mit Racial Profiling gebe – so wie es der Berner Polizeikommandant Stefan Blättler in einem eingeblendeten Zitat sagt – dann müsste es auch kein Problem sein, ein Monitoring und eine unabhängige Meldestelle einzuführen.
Nach der Problemanalyse und Lösungsdiskussion, stellte Brotz zum Schluss die Frage, was man von der Sendung mitnehme. Die letzte und jüngste in der Runde, Angela Addo, lieferte ohne Zögern und mit einem Lächeln ihre Antwort. Ja, es habe sich einiges geändert. Letztes Mal sei sie mit einem «durchsichtigen Panzeranzug» ins Studio gekommen und musste Niederschläge einstecken. «Hier war es ein Safe Space. Man konnte miteinander diskutieren, man musste nicht kämpfen und ich musste nicht in die Defensive.»
Also ich glaube bei den Mitgliedern dieser Sünneli-Sekte stellt sich nicht einmal die Frage der Hautfarbe, denn alles was aus deren Mündern kommt ist einfach nur braun.
Wenn ich von so einer Person als Sozialtourist diffamiert würde, würde ich auch leichters rabiat, denn ob Laienrichterin oder nicht, gibt es ihr noch lange nicht das Recht Menschen auf diese Art zu beleidigen.
C’est le ton qui fait la musique!
http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/brennpunkte_nt/article123842563/Sozialtourismus-zum-Unwort-des-Jahres-2013-gewaehlt.html
Wenn es nach mir geht, könnte SRF dieses Betonblock-Setting gleich tief im Keller des Studios entsorgen und sich höchstens einen einladenderen Tisch zulegen.
PS: Ein kleiner Faux Pas hat sich noch eingeschlichen, aber Fatima Moumouni wird's mit Humor nehmen.😉
Wenn ich in der Schweiz jemand frage, woher er kommt, meine ich in erster Linie seinen Wohnort.