Glaubt man den Gerüchten im Bundeshaus, so dreht sich wieder einmal das Bundesrats-Karussell. Abgesehen davon, dass diese Metapher ungeschickt ist (wer will schon die Landesregierung reiten?), sollen diese Gerüchte nichts anderes aussagen als: In der Schweiz könnte es bald zu Bundesratswahlen kommen.
Gestreut wurden sie am Wochenende von der «SonntagsZeitung»: In der Wandelhalle gebe es die Erzählung, dass der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch sich aufstellen wolle. Er tue das strategisch, so das Gerede: Er positioniere sich bewusst gegen die Frontex-Vorlage, über die am 15. Mai abgestimmt wird. Er tue dies, um sich als Vertreter des rechten SP-Flügels bei linken Parteigenossinnen und -genossen beliebt zu machen.
Die Zeitung fand sogar einen einflussreichen Sozialdemokraten, der ein süffiges, aber anonymes Zitat lieferte, um das Gerücht zu verstärken:
Solche Gerüchte sind heikel, da sie sich journalistisch selten überprüfen lassen. Weil es selten klare Dementi dazu gibt, könnten sie auch einfacher für Werbung in eigener Sache gestreut werden.
Die Absurdität solcher Gerüchte zeigte sich letztes Jahr: Am Abend des 30. Septembers 2021 veröffentlichten die Online-Portale von «CH Media» einen Artikel, in dem ziemlich konkret über einen möglichen Rücktritt des SVP-Finanzministers Ueli Maurer spekuliert wurde. Dieser stehe kurz bevor, so das Gerücht. Die Aufregung war perfekt: Die Schlagzeile wurde übernommen, die Blätter von «Tamedia» nannten erste mögliche Namen für Maurers Nachfolge.
Eine Bestätigung fürs Gerücht gab es aber auch damals nicht. Maurer schwieg, sein Sprecher Peter Minder betonte die traditionelle Spielregel im Zusammenhang mit solchen Karriereentscheiden: «Es gehört zum Privileg des Amtes, den eigenen Rücktritt selbst zu kommunizieren.»
Und die SVP? Sie lachte sich ins Fäustchen, wie mehrere Fraktionskolleginnen und -kollegen von Bundesrat Ueli Maurer später verrieten. Zwei von ihnen beteiligten sich gar an der Gerüchteküche und lenkten Mutmassungen auf andere Personen: Nicht Maurer, sondern SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga werde zurücktreten.
Zynisch belustigt zeigten sich auch angefragte Sprecherinnen und Sprecher von Bundesratsdepartementen: «Es ist wieder Herbst!», sagte damals einer von ihnen – eine Anspielung darauf, dass im Herbst wegen bevorstehenden Bundesratswahlen oft über Rücktritte spekuliert wird. Einzig Fraktionschef Thomas Aeschi stellte klar, was sich später bewahrheiten sollte: An den Rücktritten sei «nichts dran».
Wieso also die Gerüchte, die sich am Ende selten bewahrheiten? In den Kommunikationsabteilungen der Bundesratsdepartemente hört man die Vermutung, dass es um «PR in eigener Sache» gehe: Kommt der eigene Name als möglicher Nachfolger eines Bundesrates ins Spiel, gebe das eine bessere Werbung als wenn man mit einem kleinen Vorstoss Erfolg hat.
Die Redaktion der «Tamedia» hatte auch einen anderen Grund, die Gerüchte ernst zu nehmen: Die SP schwächelt in den Umfragen und dürfte sich nach den Nationalratswahlen 2023 die Frage stellen müssen, wie sie ihre zwei Sitze im Bundesrat gegen den Anspruch der Grünen verteidigen kann. Würden die beiden SP-Magistraten Simonetta Sommaruga und Alain Berset vorher zurücktreten, wären sie bereits im nächsten Jahr «gesetzt».
Solche strategischen Überlegungen gibt es innerhalb von Parteileitungen. Öffentlich kommuniziert werden sie aber nicht. Jositsch selbst lehnte eine Stellungnahme ab – er habe dazu nichts zu sagen.
Chaub
Aber zum Glück gibt es kein Shreken ohne Ende.
Poopuliest
Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche.
WatsOnMyAss
Wie man sich mit dem Prinzip Lustlosigkeit so lange an ein Amt, dem man ja offensichtlich nicht gewachsen ist, klammern kann.
Ich tippe jetzt mal auf Selbstüberschätzung oder Narzissmus, wie dies ja bei solchen Individuen gang und gäbe ist.