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Rücktritt von Süssli und Dussey: Seiler-Graf kritisiert Indiskretion

Priska Seiler Graf spielt die Hauptrolle im Drama um das Armeebudget
Priska Seiler-Graf kritisiert eine mutmassliche Indiskretion beim Bund.

Armeechef Süssli und NDB-Chef Dussey treten ab: Seiler-Graf mit vernichtendem Urteil

25.02.2025, 15:1725.02.2025, 17:03
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Armeechef Thomas Süssli und Nachrichtendienst-Chef Christian Dussey treten zurück. Priska Seiler-Graf, Präsidentin der Sicherheitskommission des Nationalrats (SiK-N), bestätigte in einem Keystone-SDA-Video Medienberichte.

Seiler-Graf äusserte sich am Dienstag nach einer Sitzung der SiK-N. Neben der Überraschung über die Rücktritte selbst überrasche sie auch, dass diese durch eine Indiskretion bekannt geworden seien. Das bereite der SiK-N Sorgen. Eigentlich hätten die Rücktritte erst nach der Bundesratssitzung vom Mittwoch bekannt werden sollen.

In den Augen der Zürcher SP-Nationalrätin handelt es sich bei der Indiskretion mutmasslich um eine Amtsgeheimnisverletzung. Es sei Sache des Bundesrats, ob er die Sache strafrechtlich verfolgen wolle.

Nach dem Bericht der eidgenössischen Finanzkontrolle über vermutete Delikte beim bundeseigenen Rüstungskonzern Ruag erweise sich durch die Indiskretion, dass nicht nur das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) in der Krise stecke, sondern der Gesamtbundesrat. Die Institutionen würden nicht mehr funktionieren, wie sie sollten, sagte Seiler-Graf.

Die Online-Ausgabe der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ) berichtete zuerst von den beiden Abgängen. Sie stützte ihren Bericht auf informierte Quellen, Radio und Fernsehen SRF bezeichneten ihre Quellen als «bundesratsnah». Gemäss der NZZ soll Süssli Ende Januar seine Kündigung eingereicht haben.

ARCHIVBILD ZUM ABGANG VON THOMAS SUESSLI --- Thomas Suessli, Chef der Armee, verfolgt eine Rede im Staenderat an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 18. September 2024, in Bern. ...
Armeechef Süssli tritt ab.Bild: keystone

Christian Dussey, der Direktor des Nachrichtendienst des Bundes (NDB), habe einige Tage früher gekündigt. VBS-Chefin Viola Amherd hatte ihren Rücktritt auf Ende März am 15. Januar bekanntgegeben.

Ein Quereinsteiger und ein Diplomat

Der 58-jährige Süssli ist seit dem 1. Januar 2020 Armeechef. Er folgte auf Philippe Rebord, der aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat. Süssli galt als Quereinsteiger, zuvor arbeitete er als Programmierer, Wirtschaftsinformatiker, Unternehmer und Bankmanager.

Berufsoffizier seit 2015, leitete er vor der Beförderung zum Armeechef die Führungsunterstützungsbasis der Armee. Seine Militärkarriere startete er als Sanitätssoldat.

Nachrichtendienst-Chef Dussey ist 60-jährig und seit 2022 im Amt. Zuvor war er Diplomat, arbeitete aber bereits zwischen 1991 und 1996 beim strategischen Nachrichtendienst des VBS. Danach schlug er die diplomatische Karriere ein.

Nach einer Zeit in Moskau übernahm er 2004 Spitzenposten im EDA. 2013 wurde Dussey Direktor des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik und 2021 Botschafter in Iran. Da die Schweiz in Teheran die Interessen der USA vertritt, gilt dieser Posten als hochkarätig.

Neben Dussey und Süssli verlässt auch Luftwaffenchef Peter Merz das VBS. Er wird im Oktober neuer Chef der Flugsicherung Skyguide. Zudem geht der Leiter des Projekts Air 2030 zur Erneuerung der Luftwaffe.

Das sagen Schweizer Politiker zum Chaos im VBS:

Video: ch media/Matthias Steimer

Absehbare Rücktritte

Mitglieder der SiK-N zeigten sich wenig überrascht über Rücktritte von Süssli und Dussey. Gerhard Andrey (Grüne/FR) erklärte, mit dem Rücktritt von Verteidigungsministerin Amherd habe sich «für die beiden Herren» der Moment ergeben, zurückzutreten. Es sei nicht von Vorteil, an derart vielen Stellen neue Besetzungen vorzunehmen. Es sei aber auch eine Chance.

Als absehbar bezeichnete Mauro Tuena (SVP/ZH) die Rücktritte. Süssli und Dussey zögen die Konsequenzen der letzten Wochen, Monate und Jahre. Es sei wohl der richtige Zeitpunkt für einen Neuanfang. Jean-Luc Addor (SVP/VS) erklärte Keystone-SDA, die beiden würden ihre Verantwortung übernehmen. Die SP fragte nach den Gründen und verlangte Klarheit.

Schwerer Amtsantritt

Für den am 12. März als Nachfolger von Verteidigungsministerin Viola Amherd zu wählenden neuen Bundesrat machen die Abgänge den Amtsantritt nicht leichter. Die Mitte-Partei hat dafür den Bauernverbandspräsidenten und Nationalrat Markus Ritter (SG) sowie den Zuger Regierungsrat Martin Pfister nominiert.

Neben den verzögerten oder verschobenen Beschaffungsgeschäften und den vermuteten Delikten beim bundeseigenen Rüstungsunternehmen Ruag wird einer von beiden gleich mit Personalfragen konfrontiert sein.

Ritter bekräftigte im Radio SRF seine Ambitionen für das VBS. Enttäuschung äusserte er, weil die Rücktritte über ein Leck nach aussen drangen. Es sei schade, dass nun alles miteinander komme.

(rbu/sda)

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68 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Massalia
25.02.2025 15:48registriert Juni 2021
Liebe SVP, ihr habt da was grundlegend missverstanden:

Wer in der Krise zurücktritt übernimmt eben gerade keine Verantwortung.

Auch wenn das so üblich ist bei euren Managerfreunden.
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trio
25.02.2025 16:44registriert Juli 2014
Warum heisst es immer 'Verantwortung übernehmen' wenn eine Führungsperson zurücktritt? Ist doch das Gegenteil.
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Tante Karla
25.02.2025 15:35registriert März 2024
Schockierende Zustände sind das. Man kommt sich vor wie in einer Bananenrepublik.

Wenn jetzt noch ein Subventionsfunktionär wie Ritter das VBS leiten soll, setzt das dem Ganzen die Krone auf.
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68
    Männer, es ist Zeit, den Mund aufzumachen
    Es ist zu wenig, selbst nicht sexistisch zu sein. Männer müssen das Schweigen brechen und den nächsten Schritt wagen: den aktiven Anti-Sexismus.

    Viele von uns cis Männern haben in den letzten Jahren durch die feministische Bewegung und eventuell sogar unsere eigene Reflexion (!) gelernt, vermehrt in den Hintergrund zu treten. Zum einen, um den FLINTAs in unseren Leben mehr Raum zu geben, sei es bei der Arbeit, in Beziehungen oder einfach bei einem alltäglichen Gespräch – das ist cool. Zum anderen, um feministische Kämpfe nicht für unsere egoistischen Zwecke zu missbrauchen – das ist auch cool. Und drittens, weil es unheimlich praktisch ist, sich komplett aus der Diskussion herauszuhalten und die Probleme woanders zu suchen – das ist überhaupt nicht cool.

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