Seit zwei Jahren erhalten vorläufig aufgenommene Personen im Kanton Zürich keine Sozialhilfe mehr, sondern nur noch Asylfürsorge. Die entsprechende Gesetzesänderung wurde von den Zürcher Stimmberechtigten am 24. September 2017 an der Urne beschlossen.
Jetzt zeigt sich: Die Asylfürsorge wirkt sich negativ auf die Integrationsmöglichkeiten der Betroffenen aus. Zu diesem Schluss kommt der Verein Map-F in einer Untersuchung, die am Dienstag publiziert wurde und watson bereits vorlag. Der Verein berät Personen mit F-Ausweis und beobachtet, wie Gemeinden die neue Asylfürsorge-Regelung umsetzen. Moritz Wyder, Geschäftsleiter von Map-F, sagt: «Die meisten vorläufig Aufgenommenen bleiben dauerhaft in der Schweiz und sind also eigentlich gar nicht vorläufig hier. Viele erhalten später eine reguläre Aufenthaltsbewilligung. Im Hinblick darauf ist es besonders stossend, dass die Asylfürsorge die Integration dieser Personen hemmt.»
Für den Bericht hat Map-F eine Umfrage bei allen 162 Gemeinden des Kantons Zürich durchgeführt. 72 Gemeinden, in denen rund 60 Prozent der Bevölkerung des Kantons Zürich leben, haben geantwortet. Zudem wurden zirka 50 Organisationen und Einzelpersonen befragt, die einen Bezug zur Situation von vorläufig Aufgenommenen im Kanton Zürich haben. Ebenfalls in den Bericht eingeflossen sind Erfahrungen aus Gesprächen mit Betroffenen.
Grundsätzlich problematisch sei, dass vorläufig Aufgenommenen mit der Asylfürsorge bedeutend weniger Geld zur Verfügung stehe, so Wyder. Bei der regulären Sozialhilfe wird den Bezügern ein soziales Existenzminimum gewährt. Dieses geht über die nackte Existenzsicherung hinaus. Die Asylfürsorge hingegen deckt lediglich die absolut notwendigen Auslagen des täglichen Bedarfs.
Über die Höhe der Asylfürsorge können die Gemeinden selber bestimmen. Laut dem Bericht von Map-F variieren die Beträge je nach Gemeinde stark. Der tiefste genannte Unterstützungsansatz liege bei zehn Franken pro Tag und Person, sagt Wyder: «Das verunmöglicht Betroffenen, ihre Freizeit gestalten zu können und gesellschaftlich Anschluss zu finden. Insbesondere Kinder und Jugendliche werden dadurch ausgegrenzt.»
Weiter thematisiert der Bericht die Wohnsituation der Betroffenen. Ob vorläufig aufgenommene Personen ein privates Mietverhältnis eingehen dürfen und falls ja, wie hoch der Mietzins dafür sein darf, legt ebenfalls jede Gemeinde selber fest. Die Alternative zu einem privaten Mietverhältnis ist die Unterbringung in einer Kollektivunterkunft oder in angemieteten Wohnungen der Gemeinde.
Da vorläufig aufgenommene Personen ihre Wohngemeinde von Beginn weg nicht auswählen können und während des Asylfürsorgebezugs auch nicht wechseln dürfen, können sie keinen Einfluss darauf nehmen, mit welchen Beträgen sie unterstützt werden und wie ihre Wohnsituation aussieht. Map-F spricht in diesem Zusammenhang von einer «Gemeinde-Lotterie».
Wyder sagt, aus der Umfrage gehe hervor, dass seit der Umstellung von der Sozialhilfe zur Asylfürsorge in vielen Gemeinden vorläufig aufgenommene Personen ihre Wohnung verlassen mussten und nun in Kollektivunterkünften wohnen. Er sagt: «Dies behindert die soziale Integration und vor allem den Kontakt zur lokalen Bevölkerung.» Dass man sich nicht aussuchen könne, wo und mit wem man wohnen möchte, verunmögliche den Aufbau eines sozialen Netzes. Ausserdem können Kollektivunterkünfte puren Stress bedeuten, insbesondere für Jugendliche und Kinder.
Als weiteres Beispiel, wo die Asylfürsoge die Integration hemmt, wird im Bericht der Spracherwerb angeführt. Zwar wird das kantonal finanzierte Angebot von Deutschkursen stetig ausgebaut, doch es kommt vor, dass vorläufig Aufgenommene nicht daran teilnehmen können – weil ihnen schlicht das Geld für ein ÖV-Ticket fehlt. Map-F schreibt in seinem Bericht, dass die Transportkosten für den Nahverkehr bei der Sozialhilfe zum Grundbedarf gehörten, nicht aber bei der Asylfürsorge.
Gerade dieser Punkt gibt Wyder besonders zu denken. Auf der einen Seite baut der Bund Massnahmen zur Integrationsförderung aus und argumentiert unter anderem, dass sich dies auch finanziell lohne. Denn gut integrierte Ausländerinnen und Ausländer würden später kein Loch in die Staatskassen reissen. Auf der anderen Seite aber werden die Unterstützungsgelder für vorläufig aufgenommene Ausländer so knapp gehalten, dass sich das negativ auf deren Integration auswirkt. Wyder: «Die Kürzung von der Sozialhilfe auf die Asylfürsorge steht im Widerspruch mit der Integrationsförderung des Bundes.»
Um einen chancengleichen Zugang zu Massnahmen der staatlichen Integrationsförderung zu gewährleisten, sollten einheitliche Richtlinien betreffend Ziele, Umfang und Qualität der Unterstützung geschaffen werden, die für alle Gemeinden verbindlich sind. So schreibt es das Team von Map-F in seinem Bericht abschliessend. «Es kann nicht sein, dass die Asylfürsorge ein Integrationshindernis darstellt», sagt Wyder.
Wie es sich in Failed States verhält (Lybien, Afghanistan, Somalia) ist schwierig zum beurteilen, da diese Leute wohl nie wirklich zurückgehen werden respektive können.