Ob für einen Möbeltransport, Grosseinkauf oder Sonntagsausflug: Viele Schweizerinnen und Schweizer möchten dann und wann ein Auto nutzen, obschon sie selbst keines besitzen. In diese Bresche springt bislang die Carsharing-Firma Mobility, die schweizweit über 3000 Autos betreibt und knapp 250'000 Kundinnen und Kunden zählt. Zum Vergleich: Insgesamt sind in der Schweiz 4,7 Millionen Personenwagen registriert, die die allermeiste Zeit nur herumstehen.
Nun drängt das dänische Carsharing-Unternehmen «Gomore» auf den Schweizer Markt – das laut eigenen Angaben in Skandinavien über 2,7 Millionen Nutzer zählt. Die Firma setzt dabei auf das «Airbnb-Modell»: Gomore bietet nicht eigene Fahrzeuge an, sondern setzt auf eine App: «Unsere Plattform ermöglicht es Menschen, private Autos in ihrer Nachbarschaft zu mieten – und zu vermieten», so Gomore-Sprecherin Burcu Biçer zu watson. Vorerst beschränkt sich die Auswahl auf Autos in Zürich und Basel.
Noch ist das Angebot relativ klein. Wer beispielsweise für Sonntag ein Auto in Zürich von 10 bis 18 Uhr benötigt, hat acht Fahrzeuge zur Auswahl. Dafür ist der Preis von 50 Franken (Kilometer inbegriffen) eher tief.
Innert eines Jahres will das Unternehmen in weitere Städte vordringen, 25'000 Kunden gewinnen und 1000 Autos anbieten. «Wir glauben fest daran, dass die Schweiz ein europäischer Hotspot für Carsharing werden kann. Langfristig könnten wir die Zahl der Autos in Städten halbieren, wenn wir unsere Autos nur intelligenter nutzen würden», so Biçer weiter.
Gomore ist nicht die das erste Unternehmen, das ein sogenanntes «Peer-to-peer-Carsharing» in der Schweiz startet. Die Westschweizer Firma «2EM» ist erst kürzlich in die Deutschschweiz expandiert. Weiter lancierte 2011 eine Migros-Tochtergesellschaft mit «Sharoo» einen vergleichbaren Dienst wie Gomore. Sharoo stellte aber 2020 mangels Nutzer den Betrieb ein. Auch Mobility war anfangs an der Gesellschaft beteiligt.
Warum bog Sharoo nicht auf die Erfolgspur ein? Neben der beschränkten Anzahl Fahrzeuge sei eine Schweizer Eigenheit ein Problem. «Vielen Leuten ist das eigene Auto heilig. Sie mögen nicht, wenn andere ihren Privatwagen nutzen», so Mobility-Sprecher Patrick Eigenmann. Weiter sei es wichtig, über eine möglichst grosse Fahrzeugflotte zu verfügen. «Autos müssen möglichst nahe bei den Kunden sein. Niemand will einen kilometerlangen Weg auf sich nehmen, um einen Wagen nutzen zu können. Das zeigt unsere Erfahrung», so Eigenmann.
Das dänische Unternehmen Gomore – an dem auch der Versicherungskonzern «Baloise» beteiligt ist – bleibt trotz des Sharoo-Flops optimistisch. «Wir sind etwa auch in Finnland sehr erfolgreich, wo andere gescheitert sind», so Sprecherin Biçer. Mit der grossen Erfahrung aus dem Aufbau in den anderen Ländern und den Skaleneffekten könne man auch in der Schweiz erfolgreich sein.
Für Alexander Erath, Professor für Verkehr und Mobilität an der Fachhochschule Nordwestschweiz, ist die internationale Ausrichtung ein Plus im Vergleich zu Sharoo. «Die grosse Frage ist dennoch, ob die Kosten der Plattform durch die Nutzergebühren gedeckt werden können.»
Er sieht die Städte in der Pflicht, Carsharing-Unternehmen zu unterstützen – da diese einen gesellschaftlichen Nutzen erzeugten. Studien zeigen, dass beispielsweise ein Mobility-Fahrzeug bis 11 Privatautos ersetzt. «Geteilte Autos führen insgesamt zu weniger Verkehr. Durch den geringeren Platzbedarf und geringere Lärm- oder Treibhausgas-Emissionen helfen Carsharing-Autos, die externen Kosten des Verkehrs zu senken» , so der Mobilitätsexperte.
Aus seiner Sicht wäre es sinnvoll, eine Anzahl Parkplätze an attraktiven Standorten nur für Carsharing-Dienste wie Mobility oder Gomore zu reservieren. Oder vergünstigte Zonen-Parkkarten für geteilte Autos anzubieten. «Denn wenn in den Städten mittelfristig weniger Autos in den Strassen parkiert wären, gäbe es mehr Platz für Velowege und Grünraum», so Erath. Die Stadt Bern zeigt sich offen für neue Ideen: «Sollte sich ein Carsharing-Unternehmen bei der Stadt Bern nach Möglichkeiten für Standplätze im öffentlichen Raum erkundigen, so würde das Anliegen geprüft», so Jurgen Mesman, Stv. Leiter Verkehrsplanung.
Mobility schaut derweil dem Markteintritt von Gomore gelassen entgegen. Derzeit gebe es keine Pläne, eine eigene Sharing-Plattform für Privatfahrzeuge zu lancieren. Ausschliessen will es Mobility-Sprecher Eigenmann aber nicht. «Denn gerade die junge Generation ist sehr angetan von Sharing-Diensten. Aber das Mobilitätsverhalten ändert sich nicht von heute auf morgen.»
Auch im Heimwerkerbereich lohnen sich solche Modelle (z.B. sharly). Gerade bei Bohrmaschinen und sonstigem Elektrowerkzeug steht das meiste während 360 Tagen ungenutzt im Keller / Estrich. Für ein paar Franken lassen sich schon Topgeräte für einen Tag ausleihen. Schont Umwelt und auch das Portemonnaie.