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Diese Lektion aus der Schweizer Provinz darf sich auch die UBS antun

«Was morgen zählt»: Die Träume der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) sind mittlerweile geplatzt.
«Was morgen zählt»: Die Träume der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) sind mittlerweile geplatzt.Bild: Georgios Kefalas / KEYSTONE

Diese Lektion aus der Schweizer Provinz darf sich auch die UBS antun

Das Debakel der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) wurzelt in einer ungenügenden Eigentümerkontrolle. Diese ist bei Banken mit strukturellem Wettbewerbsvorteil besonders wichtig.
11.07.2025, 23:1111.07.2025, 23:11
Daniel Zulauf
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Die UBS muss für ihr intensives Lobbying zugunsten einer weniger strengen Eigenkapitalunterlegung gerade viel Kritik einstecken. Die Bank steht im Verdacht, dass ihre globalen Ambitionen mehr den ehrgeizigen Zielen eines nach Grösse und Prestige strebenden Managements dienen, als dass sie dem Nutzen der Kunden und der Aktionäre förderlich sind.

Nahrung erhielt der Verdacht unlängst durch Aussagen von Philipp Hildebrand, dem Vizepräsidenten des weltgrössten Vermögensverwalters Blackrock, dessen Kunden mit einem Anteil von 5,01 Prozent am meisten UBS-Aktien halten. Der frühere Nationalbank-Chef sagte im Juni im Interview mit der NZZ, es sei legitim zu fragen, ob sich der grosse Aufwand der Bank im US-Geschäft lohne. «Vielleicht wäre eine fokussiertere Strategie zielführender.»

Geschäftsstrategien, die sich nicht zwingend nur am Nutzen von Eigentümern und Kunden ausrichten, sind allerdings keine Exklusivität von Grossbanken. Dem Risiko unterliegen auch Staatsbanken, wie das Debakel der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) mit ihrer auf bedingungslos nachhaltige Anlagestrategien ausgerichteten Online-Tochterbank Radicant eindrücklich belegt.

Kolossale Fehlinvestition

Das betriebswirtschaftliche Rückgrat der Bank bilden drei im Herbst 2022 lancierte Anlagefonds. In diesen Fonds waren per Ende Mai 17,4 Millionen Franken investiert. Was nach einer respektablen Summe tönt, reicht tatsächlich nirgends hin. Die Verwaltungsgebühr von 0,4 Prozent zuzüglich 0,25 Prozent für übrige Kosten genügt bei weitem nicht, um die Löhne des dreiköpfigen Portfoliomanagementteams zu finanzieren – geschweige denn einen Deckungsbeitrag an die Kosten der restliche Organisation mit ihren 90 Mitarbeitenden zu liefern.

Radicant war eine kolossale Fehlinvestition, die sich auch mit der Übernahme von Numarics, einer weiteren Zürcher Fintech-Firma mit digitalem Leistungsangebot für KMU, nicht retten liess. Doch das Geld der KMU floss nicht wie erhofft zu Radicant.

Die BLKB sprach vergangene Woche an einer Medienkonferenz kryptisch von «unvorhergesehenen Problemstellungen bei der Integration des Treuhandgeschäfts» und von «tieferen Kundenzahlen, geringeren Erträgen und höheren Kosten». Im Ergebnis resultierte eine Wertberichtigung von über 105 Millionen Franken.

Die Numarics-Übernahme ist der vorläufige Höhepunkt einer Strategie, der ein Bankmanagement mit der Brechstange zum Erfolg verhelfen wollte. Die Wurzel des Problems ist die fehlende Kundenorientierung.

Kundenbedürfnis vergessen

Im Leitbild der BLKB liest man: «Wir sind die zukunftsorientierte Bank der Schweiz. Wir machen uns stark für eine nachhaltige Entwicklung für alle. Wir übernehmen Verantwortung für die Menschen, die uns vertrauen, für die Gesellschaft, in der wir leben, und für die Umwelt, die uns das Leben ermöglicht.» Offensichtlich hat die BLKB ihren politischen Auftrag, ein nachhaltiges Leistungsangebot aufzusetzen, so wörtlich genommen, dass das Kundenbedürfnis darob prompt vergessen ging. Kunden, die mit Radicant bedingungslos nachhaltig investieren möchten, stellen eine kleine Minderheit dar.

Seit Anfang 2024 sind die Banken in der Schweiz verpflichtet, ihre Kunden auf deren Präferenz für nachhaltige Anlagen zu befragen. Eine neue Studie zeigt, dass sich nur deren 8 Prozent als «dunkelgrün» bezeichnen. Dunkelgrüne Kunden sagten, dass ihnen eine saubere, soziale und faire Vermögensanlage «sehr wichtig» sei, erklärt der Nachhaltigkeitsexperte und Co-Studienautor Brian Mattmann vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug, einem Ableger der Hochschule Luzern.

Die grosse Mehrheit der Kunden mit Nachhaltigkeitsvorlieben gebe sich dagegen «hellgrün» und entscheide sich nur für nachhaltige Anlagen, wenn diese im Vergleich zu konventionellen Anlagen keine Nachteile hätten. Für 47 Prozent der Kunden sei das Thema Nachhaltigkeit irrelevant.

Eine kleine Regionalbank als Vorbild

Man mag die Einstellung der Leute schlecht finden, aber sie ist eine Tatsache, der sich kein Bankmanager verschliessen darf, wenn er seine Kunden ernst nehmen will. Dass sich just eine Kantonalbank über diesen Geschäftsgrundsatz hinwegzusetzen versucht, kommt nicht von ungefähr. «Banken, die mit dem Wettbewerbsvorteil einer expliziten oder impliziten Staatsgarantie operieren, geniessen strategische Freiheiten, die sie zur Verfolgung ideeller und anderer nicht direkt am Kundennutzen ausgerichteter Ziele nutzen können», sagt Marianne Wildi, langjährige Chefin und Verwaltungsratspräsidentin der Hypothekarbank Lenzburg.

Marianne Wildi
Marianne Wildi.Bild: Alex Spichale/WIR

Die kleine Aargauer Regionalbank bewegt sich seit bald 160 Jahren erfolgreich und auf kleinem Raum zwischen Grossbanken und Staatsinstituten. Ihr Leitsatz ist entsprechend einfach und konkret: «Mit kompetenter Beratung begeistern wir Kundinnen und Kunden und sind deren präferierte Finanzdienstleisterin.»

Auch die Aargauer Kantonalbank hatte im Sommer 2022 angekündigt, «mit einem ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlich verantwortungsvollen Umgang in der Kreditvergabe» eine nachhaltige, wirtschaftliche und soziale Entwicklung in ihrem Marktgebiet zu unterstützen. Ein Sturm der Entrüstung im Gewerbe, in der Industrie und im wirtschaftsfreundlichen Kreis der Politik war die Folge. «Es ist uns im ersten Anlauf nicht gelungen, gut zu erklären, warum wir die nachhaltige Kreditvergabe einführen, es gab Missverständnisse», räumte Direktionspräsident Dieter Widmer kurz darauf kleinlaut ein.

Kritische Eigentümer nützen allen

Die Reaktion lässt sich unter dem Titel «politische Kontrolle einer Staatsbank» subsumieren. Sie hat Widmer letztlich den Job gerettet, im Unterschied zu BLKB-Chef John Häfelfinger und dessen Bankratspräsident Thomas Schneider, die beide ihren Hut nehmen mussten. Wenn es der Wettbewerb nicht tut, muss eine wirksame Eigentümerkontrolle die Interessen der Kunden schützen, auch zum Nutzen der Bankleitung. Diese Lektion aus der Schweizer Provinz darf sich auch die UBS antun. (aargauerzeitung.ch)

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56 Kommentare
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Yippie
12.07.2025 08:01registriert Februar 2016
Den beunruhigendsten Satz im Artikel ist der hier:

"Für 47 Prozent der Kunden sei das Thema Nachhaltigkeit irrelevant".

Knapp die Hälfte gibt also einen Dreck darauf, ob dieser Planet in 2-3 Generationen noch einigermassen bewohnbar ist. Nach mir die Sinnflut.
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