Die Baselbieter SP, die den Sitz ihres abtretenden Bildungsdirektors nicht verteidigen konnte, betrachtet die bürgerliche Übermacht als Hauptursache für die Ohrfeige vom Wahlvolk. Gegen die wiedererstarkte «Bürgerliche Zusamenarbeit» (BüZa) habe die SP-Doppelkandidatur nicht funktioniert. Die beiden Kandidaten der Sozialdemokraten, Regula Nebiker und Daniel Münger verpassten die Wahl deutlich.
Gewählt hingegen wurde die FDP-Politikerin Monica Gschwind, die bisher im Kantonsparlament politisierte. Sie war nach eigenen Angaben «überwältigt vom Resultat», das sie so deutlich «nicht erwartet» habe. Die vier bisherigen Kandidaten, darunter die Regierungsräte Anton Lauber (CVP), Thomas Weber (SVP), Isaac Reber (Grüne) und Sabine Pegoraro (FDP) schafften die Wiederwahl.
Bei den Landratswahlen, die am selben Tag stattfanden, kam es zu einem Rechtsrutsch. Die Grünen sowie die BDP verloren vier bzw. drei Sitze, die an die SVP (+4) sowie an die FDP (+3) gingen. Die Bürgerlichen kommen so auf 53 Sitze, wobei die SVP und die FDP mit 45 Sitzen zusammen bereits die Hälfte aller Sitze im neuen Landrat stellen können.
Die FDP konnte von der «Bürgerlichen Zusammenarbeit» besonders profitieren. Sie konnten die Hälfte der sechs Landratssitze zurückerobern, die sie bei den letzten Wahlen im Jahre 2011 verloren haben. Die anderen Parteien konnten die Sitzzahlen halten. Die Wahlbeteiligung lag bei 33,89 Prozent.
Die Verlierer erklären ihre deutliche Niederlage primär als Erfolg des kompakten rechten Vierertickets: Die Bürgerlichen hätten diesmal auch die SVP eingebunden und einen inhaltsleeren Wahlkampf ohne Hinweis auf ihre Verantwortung für die aktuelle Lage geführt, sagte SP-Vizepräsident Christoph Hänggi. Das sei nicht hinterfragt worden.
Rechte Kritik an der Bildungspolitik des abtretenden SP-Bildungsdirektor Urs Wüthrich sei unfair gewesen, sagte Hänggi: Dieser habe keine linke Bildungspoiltik gemacht, sondern sehr gut die Linie der Erziehungsdirektorenkonferenz verfolgt, deren Eckwerte vom Volk abgesegnet seien. Die Bürgerlichen würden nun eine ähnliche Politik machen müssen wie Wüthrich.
Spektakulär erscheint derweil der Misserfolg der SP. Ihr bisheriger Regierungsrat, Bildungs-, Kultur- und Sportirektor Urs Wüthrich, hatte für die Gesamterneuerungswahlen nach drei Amtsperioden seinen Verzicht erklärt. Die Bürgerlichen wollten darauf die Chance nutzen und nominierten neben den bisherigen Regierungsräten Lauber, Weber und Pegoraro als gemeinsame Kampfkandidatin Monica Gschwind.
Die SP reagierte offensiv und beschloss die Zweierkandidatur von Nebiker und Münger. In der künftigen Regierung ist sie nun aber nicht mehr vertreten – dies nach 90 Jahren Exekutivzugehörigkeit ohne Unterbruch: 1925 sass erstmals ein Sozialdemokrat in der Baselbieter Regierung; zeitweise in den 1930er- bis 1950er-Jahren sowie von 1989 bis 1999 stellte die SP gar zwei Regierungsräte.
Die SP hat ihre Niederlage eingestanden. Hänggi kündigte nun eine konsequente, aber konstruktive Oppositionspolitik der SP an. Die Bürgerlichen müssten die SP einbeziehen, sonst gebe es künftig sehr viele Volksabstimmungen. Mit den Grünen funktioniere die Zusammenarbeit bis auf Einzelfälle gut.
Personelle Konsequenzen für die SP seien derzeit kein Thema. Auch die nicht gewählten SP-Kandidierenden Regula Nebiker und Daniel Münger sehen den Hauptgrund für ihre Niederlage gemäss ersten Stellungnahmen im bürgerlichen Viererticket, das es bei den letzten Gesamterneuerungswahlen vor vier Jahren nicht gegeben hatte.
Für den Baselbieter SP-Nationalrat Eric Nussbaumer hatten die beiden Kandidaten zusammen zu wenig Potential. Er glaube nicht, dass die SP bei den Regierungsratswahlen zu hoch gepokert habe: «Dafür gibt es keinen Grund. Die SP ist die zweitstärkste Partei, es gibt keinen Grund, wieso wir nicht zwei Kandidaten hätten stellen sollen», sagt er im Gespräch mit watson. (pma/sda)
Und ja, ich sehe mich selber als liberal an. Aber ich vergesse nicht die, denen es nicht gut geht.