Im Oktober letzten Jahres gab Hansruedi Rentsch seinen Führerausweis zurück, kurz, nachdem er und seine Frau vom Oberbaselbiet nach Allschwil umgezogen waren. Die Tram- und Bus-Anbindung sei an ihrem neuen Wohnort ideal, sagt Rentsch. Sie hätten entschieden, aufs eigene Auto zu verzichten. «Ich bin 64 Jahre lang Auto gefahren. Irgendwann sollte man das Steuer den Jüngeren überlassen.»
Rentsch schickte den Ausweis der Motorfahrzeug-Kontrolle (MFK) Baselland. Wenige Wochen danach bestätigte die MFK schriftlich, sie habe das Dokument erhalten – und merkte an: «Auch wenn ein Führerausweis der Behörde freiwillig zurückgegeben wird, hat dies dennoch die Wirkung eines Entzuges.»
Für Rentsch ist das ungerecht. Zwar müsse sich die MFK ans Gesetz halten, habe gar keine andere Wahl, als die Rückgabe als Entzug zu behandeln. «Aber ich hätte zumindest ein paar Worte des Dankes erwartet. Das wäre doch nicht zu viel verlangt.» Man lese immer wieder von Senioren, die den richtigen Zeitpunkt zur Rückgabe des «Billetts» verpassten und im Strassenverkehr eine Gefahr darstellten, sagt Rentsch. «Diejenigen, die sich vorbildlich verhalten wollen, werden bestraft. Das ist kontraproduktiv: So gibt doch bald niemand mehr seinen Ausweis zurück.»
Pascal Donati, Leiter der Baselbieter Motorfahrzeug-Kontrolle, erklärt, der Behörde seien die Hände gebunden. «Wir sind von Gesetzes wegen verpflichtet, die Personen, die ihren Ausweis freiwillig abgeben, über die Folgen zu informieren.» Die Korrespondenz sei eine heikle Sache. «Da erträgt es keine Emotionen», sagt Donati. Die MFK informiere bewusst knapp, neutral und sachlich. «Die Ausweis-Rückgabe explizit zu verdanken, stünde uns als MFK gar nicht zu», ist Donati überzeugt. «Zudem könnten Dankesworte von den Empfängern falsch aufgefasst werden.»
Martin Matter, Mediensprecher der Grauen Panther Nordwestschweiz, bezeichnet die Praxis der Behörden trotzdem als «stossend» und «psychologisch nicht gut». Matter sagt, er würde sich, neben dem reinen Verwaltungsakt, «auch irgendeine Art positives Echo, ein Zeichen der Wertschätzung» wünschen.
Rein rechtlich bestehe Nachholbedarf. Es brauche eine neue Kategorie neben dem Entzug, eine Art freiwillige Rückgabe. «Wenn sich herumspricht», sagt Matter, «dass die Rückgabe mit einem Ausweisentzug gleichgestellt wird, macht das doch keiner mehr.»
In der Verkehrszulassungsverordnung (VZV) steht: «Wird der Führerausweis der Behörde freiwillig zurückgegeben, so hat dies die Wirkung eines Entzuges.» Will jemand den Ausweis wieder zurück, muss er oder sie sich von einem Arzt untersuchen lassen. Solche Tests sind bei Senioren ab 75 alle zwei Jahre vorgeschrieben. Liegt die Rückgabe mehr als zwei Jahre zurück, ist zusätzlich eine Kontrollfahrt zu absolvieren. Nach Ablauf von fünf Jahren heisst es: Fahrprüfung wiederholen.
Zahlen über retournierte Fahrausweise würden nicht systematisch erhoben, lässt die MFK verlauten. Im Kanton Baselland kam es 2017 zu 2375 Ausweisentzügen, in Basel-Stadt waren es 1435. Das Bundesamt für Strassen schreibt, die Rückgaben aus freien Stücken seien darin nicht enthalten. «Wir kennen die Zahlen nicht.»
Dass die Behörden Spielraum hätten, beweist Luzern. Dort kann man den Führerausweis befristet einziehen lassen. Das Strassenverkehrsamt bietet ein Verzichtsformular an. Im Baselbiet gibt es die Möglichkeit nicht. Die MFK schreibt, es sei kein solches Angebot vorgesehen.