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«Znüni-Gate» – Kleinspesen der Regierungsräte sorgen für Empörung

«Znüni-Gate» – Kleinspesen der Regierungsräte sorgen für Empörung

17.01.2024, 18:1317.01.2024, 18:13
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Dass Mitglieder der Berner Kantonsregierung trotz hohem Gehalt und Spesenpauschale kleinste Auslagen als Spesen abrechnen, hat in der Bevölkerung für Kopfschütteln gesorgt. Nun dürfte das Thema auch die Politik beschäftigen. Derweil sagt der Kanton, es handle sich um Einzelfälle.

Er hält die Vorwürfe «für ungerechtfertigt». Kein Regierungsmitglied rechne Kleinstbeträge über Spesen ab, schon gar nicht systematisch, setzte der Kanton einen Post im Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) ab.

Die Sendung «Kassensturz» des Schweizer Fernsehens SRF hatte das Thema ins Rollen gebracht. Der «Kassensturz» habe nach der Durchsicht hunderter Belege lediglich zwei Einzelfälle gefunden, die rund fünf Jahre zurücklägen, betonte der Kanton.

Die «Kassensturz»-Redaktion hatte auf Grund des Öffentlichkeitsprinzips Einsicht in die Spesenabrechnungen der Berner Regierungsmitglieder verlangt und blitzte zunächst ab. Erst nach einer Beschwerde rückte der Kanton die Belege heraus.

Dort fanden sich Kleinstbeträge für Parktickets, kleine Zwischenverpflegungen wie Butterbrezel, Bananen und Ähnliches. Auch die Ausleihe eines Huts und eines Schals für einen Empfang fanden sich verbucht.

Die Mitglieder der Berner Kantonsregierung verdienen rund 280'000 Franken pro Jahr. Dazu kommt unter anderem noch eine Spesenpauschale von rund 8000 Franken.

Falsch verbucht?

Einer der Regierungsräte, die im «Kassensturz»-Beitrag prominent vorkommen, ist Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP). Er betonte auf X, die beiden Brezel im Jahr 2018 und eine Banane im Jahr 2019 seien falsch verbucht worden. Seither habe er keine Kleinstspesen abgerechnet.

Das Bild, das die Sendung zeichne, «würde mich auch empören – aber es ist ein falsches Bild», schrieb Müller in seinem Post.

Anlauf für Reglementsänderung

Dass die Regierungsratsmitglieder Kleinstspesen abrechnen ist laut geltendem Reglement zulässig, wie der Kanton dem «Kassensturz» beschied. In der Öffentlichkeit kommt diese Praxis aber schlecht an. Eine solche Kleinkrämerei sei «leicht peinlich» sagte etwa SP-Grossrätin Andrea Rüfenacht im Beitrag des Regionaljournals am Mittwoch.

«Offenbar braucht auch der Regierungsrat jemanden, der ihm besser auf die Finger schaut», sagte GLP-Grossrat Tobias Vögeli am Mittwoch im Regionaljournal von Radio SRF.

Er könne nicht nachvollziehen, weshalb die Regierungsmitglieder solche Kleinstspesen trotz Spesenpauschale abrechneten. Das sei «eher fragwürdig». Vögeli will in den nächsten Tagen einen parteiübergreifenden Vorstoss lancieren, wie er im Radio ankündigte.

Auch Daniel Wyrsch, Geschäftsführer des bernischen Staatspersonalverbands und ex SP-Grossrat zeigte sich erstaunt über die regierungsrätliche Kleinkrämerei. «Das wirkt kleinlich und peinlich» zitierten die Berner Tamedia-Zeitungen Wyrsch.

Kantonsangestellte erhielten für ein Mittagessen 24 Franken, was knapp berechnet sei. Mehrkosten müssten die Betroffenen selber berappen. Ausserdem habe die Regierung im vergangenen Sommer eine Erhöhung der Spesen fürs Mittagessen abgelehnt.

(hah/sda)

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122 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Linus Luchs
17.01.2024 18:30registriert Juli 2014
So so, die beiden Brezel und eine Banane seien falsch verbucht worden. Aber sie konnten ja nur verbucht werden, wenn die Ausgaben von Herrn Regierungsrat Müller eingereicht wurden, gell? 😉
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P. Meier
17.01.2024 18:46registriert März 2017
Falsch verbucht kann doch nur etwas werden, das verbucht wurde? Und verbucht werden kann nur etwas, das in die Bchhaltung eingereicht wurde.
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Der Eggu
17.01.2024 21:26registriert Januar 2017
Ich frag' mich nur etwas: Wenn jemand über 240'000 Franken im Jahr verdient, und dann noch eine Spesenpauschale von Fr. 8'000.-- bekommt, grenzt es dann nicht irgendwie an Betrug? Betrug am Volk, das ja diese Löhne und Spesenvergütungen bezahlt? Sich dann mit dem berühmten "Einzelfälle" und "sorry, falsche Buchung" herauszureden, das ist billig. Solche Dinge und gratis-GA's und Gratis-Skipässe für Grossverdiener des Bundes, solche Dinge machen langsam hässig. Und sie beschädigen das Vertrauen aufs Gröbste.
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