Schweiz
Bern

Tage des Baldachins beim Bahnhof Bern könnten gezählt sein

Tramfuehrer Pascal Stucki lenkt das neue Tram Tramlink von Stadler Rail zur Haltestelle unter dem Baldachin auf dem Bahnhofplatz, am Montag, 16. Oktober 2023 in Bern. Ab dem 1. November setzt BERNMOBI ...
Der Baldachin über der Tramstation am Bahnhof BernBild: keystone

Tage des Baldachins beim Bahnhof Bern könnten gezählt sein

Bäume, Boulevards, mehr Freiräume, weniger Verkehr: Dieses Zielbild hat die Stadt Bern für das Gebiet um den Bahnhof entwickelt. Drei Planerteams haben im Rahmen einer Testplanung Ideen erarbeitet – unter anderem auch ohne den heutigen Baldachin über dem Bahnhofplatz.
27.02.2024, 11:2127.02.2024, 16:32

Bei der Testplanung handle es sich nicht um Lösungen, sondern um Möglichkeiten, betonte der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) am Dienstag vor den Medien. Die Ideen gehen in die Zukunft, bis ins Jahr 2035 und weit darüber hinaus. Aus ihnen hat die Stadt Eckwerte abgeleitet.

Der Raum um den Bahnhof Bern ist heute stark vom Strassenverkehr dominiert. Doch die Nutzungsansprüche sind vielfältiger und wandeln sich. Während ein Masterplan aus den 1990er Jahren noch stark auf bauliche Verdichtung setzte, liegt nun der Fokus stärker auf Frei- und Grünräumen und den Menschen, die sich in diesem Raum bewegen.

Verkehr weiter reduzieren

«Wenn wir den heutigen Ist-Zustand verbessern wollen, muss der Individualverkehr nochmals reduziert werden», erklärte Stadtplanerin Jeanette Beck.

Da ist zum einen der heute sehr stark befahrene Bubenbergplatz. Er soll in Zukunft eine verkehrsbefreite Mittelzone mit einer Doppelbaumreihe erhalten. In der Mitte des Platzes soll das Denkmal Adrian von Bubenbergs seinen Platz finden.

Mit der Mittelinsel gleicht sich der Bubenbergplatz dem angrenzenden Hirschengraben an. Auch die nahe Laupenstrasse soll aufgewertet und begrünt werden.

Mit oder ohne Baldachin?

Zur Aufwertung des Bahnhofplatzes brauche es tiefgreifende Veränderungen. Langfristig sollen das oberirdische Bahnhofsgebäude und der Baldachin ersetzt werden. Hier ergäbe sich Potential, den Platz neu zu gestalten. Ein Planerteam entwickelte etwa die Vorstellung eines neuen Bahnhofseingangs seitlich am Bahnhofplatz, beim heutigen Generationenhaus.

Passagiere und Passanten gehen bei der "Welle" durch den Bahnhof Bern, am Dienstag, 29. Oktober 2019 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Passagiere und Passanten gehen bei der «Welle» durch den Bahnhof Bern.Bild: KEYSTONE

Ob der Bahnhofplatz mit oder ohne Baldachin sein werde, ist laut von Graffenried offen. Das hänge unter anderem auch davon ab, ob nicht allenfalls doch dereinst eine zweite Tram-achse über den Raum Bubenbergplatz-Bahnhof führen werde.

Bekanntlich ist die Stadt gegen eine solche Tramachse in diesem Raum. Sie möchte sie an einem anderen Ort durchführen. Die Verkehrsbetriebe Bernmobil sehen das anders. Die Planerteams bezogen verkehrstechnische Überlegungen in ihre Arbeiten mit ein.

Ein Vis-à-vis zur Altstadt

Aufgewertet werden soll auch der Raum Bollwerk. Die stark befahrene Strasse soll wieder ihren ursprünglichen Boulevard-Charakter erhalten. Auch hier sind Bäume angedacht.

Das Bollwerk ist heute baulich zweigeteilt. Auf der einen Seite befinden sich die Altstadthäuser, auf der anderen Gebäude der SBB, die heute auf Strassenebene wenig einladend sind, ein dunkler Unort. Die SBB denken darüber nach, die Gebäude am Bollwerk zu ersetzen.

Der Stadt schwebt vor, dass dort ein städtebaulich attraktives Vis-à-vis zu den Altstadthäusern auf der gegenüberliegenden Strassenseite entsteht. Man sei mit der SBB im Gespräch, sagte von Graffenried.

Plattform begrünen

Viel Potenzial zur Aufwertung bietet auch die Plattform über den Geleisen. Sie soll begrünt und erweitert werden. Die Verkehrsflüsse sollen neu arrangiert werden, so dass Raum für Aufenthaltsorte und andere publikumsorientierte Nutzungen entsteht.

Die Bundesgasse soll in ihrem heutigen Boulevardcharakter erhalten bleiben. Eine Tramachse auf der Bundesgasse wäre möglich, kommen die Planer zum Schluss.

Der Gemeinderat wird nun auf Basis des Syntheseberichts zu den Testplanungen und den beschlossenen Eckwerten einen kommunalen Richtplan erarbeiten lassen. So soll das Zukunftsbild für den Stadtraum Bahnhof Bern behördenverbindlich verankert werden. Die öffentliche Mitwirkung zum Richtplan findet voraussichtlich 2025 statt.

Kritik für die Testplanung erntet der Stadtberner Gemeinderat von der Arbeitsgruppe Planung, Städtebau, Mobilität. Der gesamte städtebauliche Gestaltungsspielraum hänge von der Lage der ÖV-Linien ab, schreibt der Verein. Dazu finde sich «so gut wie nichts Brauchbares» in den Testplanungen. (saw/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
94 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
heitere_fahne
27.02.2024 12:26registriert März 2020
Ich würde es begrüssen, wenn der Bahnhofplatz weniger Autoverkehr sehen würde und auch etwas mehr Grün wäre schön. Den Bau des Baldachins habe ich aber vor noch nicht sooo langer Zeit selbst erlebt und mir erschliesst sich gerade nicht, wieso der jetzt schon wieder weg soll...
17310
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ichsagstrotzdem
27.02.2024 12:14registriert Juni 2016
Hat ja bloss läppische 11 Mio. gekostet.
Scheint jedoch noch gut in Schuss zu sein. Wieso muss die "grüne" Stadt Bern etwas erneuern, was noch gut ist?
Nachhaltigkeit geht anders. Im Gegenzug will man dann sicher im Namen der Nachhaltigkeit sämtlichen externen Verkehr aus der Stadt haben.
10920
Melden
Zum Kommentar
avatar
BernerSchädel
27.02.2024 12:05registriert Dezember 2020
Schon interessante, wie in der Stadt Bern geplant, gebaut, umgeplant und umgebaut wird, nur um einige Jahre später alles wieder neu zu planen, zu bauen, umzuplanen und umzubauen... Manchmal fühlt man sich schon wie bei den Schildbürgern...
9619
Melden
Zum Kommentar
94
Drohnen-«Hysterie» in der Schweizer Armee
In europäischen Ländern sorgen «Störfälle» mit Drohnen für Aufregung. Die Schweizer Armee möchte bei der Abwehr möglichst rasch aufrüsten, doch das ist nicht ganz einfach.
Der Drohnenkrieg in der Ukraine schien das übrige Europa lange kaum zu betreffen. Das hat sich gründlich geändert. Vor knapp einem Monat drangen rund 20 Drohnen vermutlich russischen Ursprungs in den polnischen Luftraum ein. Seither kam es in weiteren Ländern zu Drohnensichtungen, etwa in Dänemark und Deutschland.
Zur Story