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Hells Angels vs. Bandidos – Berner Rocker-Prozess startet laut

Hells Angels vs. Bandidos – Beim Berner Rocker-Prozess fliegen die Fetzen

30.05.2022, 08:5430.05.2022, 16:25
Mitglieder der Bandidos stehen vor dem Gerichtsgebaeude, waehrend dem Prozess um die Auseinandersetzung der Motorradclubs Hells Angels und Bandidos, am Montag, 30. Mai 2022 in Bern. (KEYSTONE/Stringer ...
Bandidos vor dem Gericht in Bern.Bild: keystone

Seit Montag stehen in Bern 22 Mitglieder verfeindeter Rockergruppen vor Gericht. Die Angeklagten im Saal schwiegen. Umso lauter ging es draussen vor dem Gericht zu, wo sich Sympathisanten der verfeindeten Gruppen versammelt hatten.

Die Polizei trennte die Sympathisanten der Hells Angels und der Bandidos zunächst mit Gittersperren. Sowohl am Vormittag wie am Mittag kam es dennoch zu Scharmützeln, es flogen Steine und Flaschen. Die Polizei setzte Gummischrot, Tränengas und Wasserwerfer ein.

In den Gerichtssaal drang von draussen gelegentlich Lärm der Scharmützel. Im Innern des Berner Amtshauses tagte das Gericht im vollen Assisensaal: 22 Angeklagte und ihre Rechtsvertreter sowie Medienschaffende hatten Zutritt zum streng bewachten Gebäude.

Auf der einen Saalseite sassen die Angeklagten der Bandidos, auf der anderen Seite jene der Hells Angels und die mit ihnen befreundeten Broncos. Während die Hells Angels allesamt in ihren martialischen Kutten mit Totenkopfemblem aufkreuzten, trugen die übrigen Angeschuldigten keine augenfälligen Embleme.

Denkzettel

Die Hells Angels gelten weltweit als eine der einflussreichsten und mächtigsten Rockergruppen, die Bandidos sind ihre Erzrivalen. Auch in der Schweiz sind die Hells Angels und befreundete Motorradclubs wie die Berner Broncos die Platzhirsche.

Mitglieder der Hells Angels stehen vor dem Gerichtsgebaeude, waehrend dem Prozess um die Auseinandersetzung der Motorradclubs Hells Angels und Bandidos, am Montag, 30. Mai 2022 in Bern. (KEYSTONE/Stri ...
Bild: keystone

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wollten die bisher im Ausland tätigen Bandidos in der Schweiz einen Ableger gründen. Als sich die designierten Mitglieder der Bandidos im Mai 2019 in einem Lokal in Belp trafen, kreuzten die Hells Angels auf, um ihnen einen Denkzettel zu verpassen.

Es kam zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung, während der die Rivalen unter anderem mit Messern und Schusswaffen aufeinander losgingen. Die Folge waren mehrere Schwerverletzte.

Schweigen zum Vorfall

Zwei Hauptangeklagte müssen sich wegen versuchter vorsätzlicher Tötung vor Gericht verantworten, ein weiterer Mann steht wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht. Den übrigen Angeklagten wird grösstenteils Beteiligung an einem Raufhandel zur Last gelegt.

Mitglieder der Hells Angels gehen in das Gerichtsgebaeude, vor dem Prozess um die Auseinandersetzung der Motorradclubs Hells Angels und Bandidos, am Montag, 30. Mai 2022 in Bern. (KEYSTONE/Stringer)
Hells Angels auf dem Weg ins Gericht.Bild: keystone

Die zwei wegen versuchter vorsätzlicher Tötung angeklagten Männer gaben am Montag dem Gericht höflich und bereitwillig Auskunft über ihre persönlichen Verhältnisse. Deutlich schmallippiger waren sie in Bezug auf die Auseinandersetzung im Mai 2019 in Belp.

«Dazu sage ich nichts» oder «Ich kann mich nicht mehr erinnern» waren die häufigsten Sätze, die am Montag im Gerichtssaal fielen.

Polizisten sichern die Strasse vor dem Gerichtsgebaeude, vor dem Prozess um die Auseinandersetzung der Motorradclubs Hells Angels und Bandidos, am Montag, 30. Mai 2022 in Bern. (KEYSTONE/Stringer)
Bild: keystone

«Die Männer bewegen sich in einem rauen Milieu», begründete Beat Luginbühl, Anwalt eines der Hauptangeklagten, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA das Verhalten der Angeklagten. Ihr Kodex verbietet es, in der Öffentlichkeit über Internas zu reden oder gar Namen zu nennen. Angelegenheiten würden untereinander geregelt.

«Wir sind keine Sonntagsschüler», räumte Jimy Hofer, Urgestein des Berner Motorradclubs «Broncos», im Mai 2019 nach dem Vorfall in Belp ein.

Kriminelle Energie

Tatsächlich: Einer der Hauptangeklagten von Belp sass bereits über neun Jahre im Gefängnis. Er sei «jung und dumm» gewesen und jeder Tag im Gefängnis sei «verdient gewesen», sagte der Mann vor Gericht.

Der Mann war 2003 am sogenannten Postgass-Raub in Bern beteiligt. Damals wurde ein zufällig vorbeifahrender Velofahrer von Jugendlichen überfallen, brutal zusammengeschlagen und beraubt. Das Opfer wurde lebensgefährlich verletzt. Der Fall warf aufgrund der Brutalität der Täter hohe Wellen.

Manche Anhänger der Motorradclub-Szene kokettieren lediglich mit dem Image als «schwere Jungs». Bei anderen ist durchaus kriminelle Energie vorhanden.

Der Klub selber sei «ganz sicher nicht kriminell», betonten die beiden Schweizer Hells Angels Chefs jüngst in einem Interview im «Blick». Wenn einzelne eine gewisse Freiheit «ein wenig zu sehr ausreizen», dann müssten sie selber geradestehen. Pauschalisierungen seien nicht hilfreich.

Der Prozess in Bern wird sich noch über Tage hinziehen. Das Urteil wird für Ende Juni erwartet. (aeg/sda)

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112 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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BG1984
30.05.2022 09:15registriert August 2021
Ungebildete Männer in den Wechseljahren.
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Pontifax
30.05.2022 09:31registriert Mai 2021
Bei der Gelegenheit könnte der Richter diesen selbstherrlichen Typen auch gleich einmal erklären, dass es keine Reviere oder Gebiete in der Schweiz gibt, welche ihnen "gehören". Sie haben weder eigene Gesetze zu erlassen noch andere damit zu drangsalieren. Sie sind keine gewählte Staatsmacht! Sie nennen sich Bikerclub, sind aber nichts anderes als eine kriminelle Vereinigung. Unverständlich, dass die Justiz hier nichts unternimmt.
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HugiHans
30.05.2022 09:17registriert Juli 2018
Ähm, Kindergarten?
Das ganze Jahr e chli verchleide, min Papi isch stärcher als din Papi, und nei wänn ich nöd dörf gah dörf niemmert gah?
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