Zürich hat eine Leerwohnungsziffer von gerade mal 0.07 Prozent. In Chur liegt sie bei 0,19, in Winterthur bei 0,37, in Genf bei 0.47 und in Lausanne bei 0.49 Prozent. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik.
Die Leerwohnungsziffer zeigt, wie viele leere Wohnungen es in einer Gemeinde gibt. Sie ist damit ein Indikator für die Wohnungsknappheit. Liegt die Ziffer unter 0.5 Prozent, ist die Wohnraumsituation sehr kritisch. Das ist in all diesen Städten der Fall. In der Stadt Zürich gilt die Situation gar als dramatisch.
«Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir reagieren müssen», sagt Bastien Girod, Nationalrat der Grünen. «Wohnen ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Viele haben heute aber Mühe, eine Wohnung zu finden – und zwar selbst Personen aus dem Mittelstand.» Die Grünen wollen die Wohnungsnot nun zum nationalen Thema machen – auf ganz andere Art und Weise als die SVP, die es hauptsächlich mit der Zuwanderung verbindet.
Dabei brechen die Grünen ein Tabu: Sie machen die Unterbelegung von Wohnungen zum politischen Thema. Diese wurde zwar immer wieder angesprochen, etwa bei der Zuwanderung. Konkrete Forderungen gab es aber bisher keine.
Die Bevölkerung der Schweiz wächst – und die Menschen beanspruchen im Schnitt immer mehr Wohnraum für sich. Das wird zum doppelten Problem. So hat die Zahl der Einzelhaushalte sehr stark zugenommen, sie stieg zwischen 1960 und 2021 von 4 auf 17.2 Prozent. Parallel dazu sanken die Haushalte mit vier Personen von 50 auf 22.2 Prozent.
Unterbelegungen sind für die Grünen vor allem bei Wohnungen mit vier oder mehr Zimmern ein Problem. Zahlen des Datenportals Schweizzeigen, dass heute 3 Millionen Wohnungen unterbelegt sind. Als unterbelegt gilt eine Wohnung, wenn die darin lebenden Personen mehr als den durchschnittlichen Raumbedarf von 46.3 Quadratmetern pro Person beanspruchen.
Auf dem Datenportal sei belegt, schreiben die Grünen in einem Papier, dass es 410’000 Haushalte gebe, in denen nur eine Person in einer Wohnung mit vier oder mehr Zimmern lebe. Und in 360’000 Haushalten lebe ein Paar in einer Wohnung mit fünf oder mehr Zimmern.
Hier sehen die Grünen Handlungsbedarf. Sie fordern nun staatliche Eingriffe:
Ältere Paare, deren Kinder ausgezogen sind, würden oft gerne in eine kleinere Wohnung umziehen. Das gestaltet sich aber schwierig, weil kleinere Wohnungen im selben Ort meist teurer sind als die aktuelle Wohnung. Deshalb fordern die Grünen das Recht auf Wohnungstausch: So soll eine junge Familie ihre 3-Zimmer- mit der 5-Zimmer-Wohnung eines älteren Ehepaares tauschen können, ohne dass der Mietzins erhöht wird.
«Gesetzlich verlangt das Recht auf Wohnungstausch eine Änderung im Obligationenrecht», sagt Girod. Damit werde dem Mieter die Möglichkeit gegeben, das Mietverhältnis auf einen Dritten zu übertragen, sofern dieser ihm gleichzeitig sein eigenes Mietverhältnis übertrage.
Stattfinden soll dieser Wohnungstausch über Tauschplattformen. «Es wäre nicht die öffentliche Hand, die diese erstellen müsste», betont Girod. «Sie würden innert kürzester Zeit entstehen.»
Die Grünen wollen auch Sonderbauvorschriften für Neubauten im urbanen Raum. Um sicherzustellen, dass neu vorhandene Wohnflächen effizient genutzt werden, soll eine Mindestbelegung eingeführt werden. Sie müsste in der Raumplanung verankert werden.
Kantone und Gemeinden mit Wohnungsnot sollen künftig dem Vermieter vorschreiben können, dass er eine angemessene Belegung bei der Neuvermietung berücksichtigen muss. Eine 5-Zimmer-Wohnung müsste in einer Region mit Wohnungsnot mindestens an eine dreiköpfige Familie vermietet werden. Eine alleinstehende Person käme nicht mehr infrage. In Genossenschaftswohnungen wird das schon so gehandhabt – und diese sind für die Grünen das Vorbild.
«Wir sind sehr vorsichtig und verlangen nur Massnahmen bei neuen Wohnungen in urbanen Gegenden mit sehr tiefen Leerwohnungsziffern oder bei Neubauten im urbanen Raum», betont Nationalrat Girod.
Besonders brisant ist die Forderung nach Gemeindevorschriften in Gegenden mit Wohnungsnot. Geht dieser staatliche Eingriff in den urbanen Wohnungsmarkt nicht zu weit?
«Ich bin generell zurückhaltend mit staatlichen Eingriffen», sagt Girod. «Doch in diesem Fall müssen die grossen Immobilienunternehmen wie Swiss Life und Mobimo einen gesamtgesellschaftlichen Beitrag leisten.» Sie profitierten von Wohnungsnot und staatlichen Investitionen in die Infrastruktur. Wolle jemand «heute eine neue, sehr grosse Wohnung», sagt Girod, sollte er besser ausserhalb des urbanen Raumes suchen.
Die Grünen reichen ihre Forderungen in der Frühlingssession ein. «Doch wir stehen erst am Anfang mit unseren Ideen», sagt Bastien Girod. «Wir müssen sie weiterentwickeln. Dafür braucht es eine politische Diskussion.»
(aargauerzeitung.ch)
Bei mir in der gemeinde wird gebaut was das zeugs hält und etliche wohnungen sind frei... aber es wollen halt alle nur nach zürich ziehen..