Im Zug der Berichterstattung um die Wirren bei der Zollverwaltung (EZV) unter Direktor Christian Bock meldeten sich bei CH Media zahlreiche Zollangestellte. Bei allen tönte es gleich: Die Situation sei schlimm, es herrsche ein Klima der Angst. Und sämtliche Betroffenen baten aus Furcht vor Nachteilen um absolute Vertraulichkeit.
Solche Rückmeldungen erhalten auch die Arbeitnehmerverbände. Heidi Rebsamen, Zentralsekretärin der Zollgewerkschaft Garanto, vom künftigen Post-Präsidenten Christian Levrat präsidiert, sagt: «Wir haben mit Interesse die Artikel gelesen. Wir stellen auch fest, dass in der Zollverwaltung grosse Unzufriedenheit und zuweilen ein Klima der Angst herrschen.»
Und sie sagt auch: «Unsere Sorge sind das Personal und die künftigen Arbeitsbedingungen im Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit, die sich verschlechtern könnten. Deshalb verlangen wir von der Führung einen Sozialplan, in dem wir miteinander die neuen Arbeitsbedingungen und die Überführung des bestehenden Personals in die neue Organisation festlegen.» Die Verhandlungen würden in den kommenden Wochen geführt.
Zu den Mahnerinnen der ersten Stunde in Sachen Zoll gehört Nationalrätin Barbara Gysi (SP/SG), die Präsidentin des Bundespersonalverbands. Sie reichte schon im September 2018 einen Vorstoss ein unter dem Titel: «Folgenreicher Umbau von der Fiskalbehörde zur Sicherheitsbehörde». Heute sagte sie: «Ich stelle schon lange fest und weise in Vorstössen und im direkten Gespräch mit Verantwortlichen darauf hin, dass in der Zollverwaltung ein hochproblematisches Klima herrscht und viele Mitarbeitende Angst haben.» Die Nationalrätin sagt:
Dringenden Handlungsbedarf sieht die grüne Tessiner Nationalrätin Greta Gysin: «Es muss jetzt etwas geschehen. Das sind wir dem Personal schuldig», sagt die Co-Präsidentin des Personalverbands Transfair, dem auch zahlreiche Zollangestellte angehören. Nächste Woche, in der Sondersession des Nationalrats in Bern, wird sie zwei Interpellationen deponieren. Sie stellt Fragen zu Fluktuation und Krankheitsabsenzen, zu Umfang und Zeitplan der laufenden Reorganisation, zur rechtlichen Basis für die Auflösung des Grenzwachtkorps und zur «Uniformierung und Bewaffnung ziviler Personaleinheiten».
Gysin will zudem wissen, ob die laufende Reorganisation, zu der das 400 Millionen Franken teure Digitalisierungsprojekt Dazit und der in der Vernehmlassung zerpflückte Entwurf eines neuen Zollgesetzes gehören, überhaupt noch auf Kurs sei. Die Tessiner Nationalrätin fragt auch direkt:
In der Begründung ihrer Interpellation hält die Transfair-Chefin fest: «Über die vorgeschlagene neue, stark umstrittene Zollgesetzgebung will das Amt seine hoheitlichen Kompetenzen massiv ausbauen. Gleichzeitig werde der Personalkörper stark umgebaut, das Grenzwachtkorps solle «abgeschafft, zivile Zollfachleute dafür uniformiert und bewaffnet» werden. «Aus einem Digitalisierungsprojekt wurde in horrendem Tempo ein Komplettumbau der EZV, dessen Umfang und Abwicklung mehr und mehr Fragen und Befürchtungen aufwerfen.» Für die Tessinerin ist klar:
Aber der zuständige Finanzminister Ueli Maurer halte bisher die schützende Hand über den Zollchef.
Laut der grünen Nationalrätin Regula Rytz, die verschiedene Vorstösse zum Zoll einreichte, melden sich auch bei Parlamentariern Betroffene, aber diese seien «nur unter dem Schutz eines geordneten Verfahrens bereit, mit Namen hinzustehen». Dass sich eine solche Situation in der Bundesverwaltung habe entwickeln können, «ist inakzeptabel, und ich erwarte vom Bundesrat, dass er endlich hinschaut».
Auf Anfrage wollte Zolldirektor Christian Bock persönlich keine Stellung nehmen. Er liess ein in der Vorwoche gestelltes Interviewbegehren abschlägig beantworten. Im Zoll hiess es, am Freitag sei im internen Bulletin erstmals eine Stellungnahme zu den Berichten von CH Media zu erwarten. Aber bis am Freitagabend passierte in dieser Sache nichts.
Das Finanzdepartement von Bundesrat Ueli Maurer, dem die Zollverwaltung unterstellt ist, hält weiterhin zu Christian Bock. Auf die Frage, ob Departement und Bundesrat vorbehaltlos hinter der Zolldirektion, ihren Entscheiden und dem Führungsstil stehen, antwortete das EFD gestern: «Wir erachten die Ausführungen der EZV als substanziell und plausibel und haben dem nichts hinzuzufügen.»